Popcorn & Rollenwechsel

Fortsetzungitis

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Es war eine Kinowoche, die unter dem Zeichen der Ankündigungen von Fortsetzungen stand. Brauchen wir wirklich «Pirates of the Caribbean 6», «Kung Fu Panda 6», «Madagascar 4» und «Trainspotting 2»?

Kaum ein Wort in der Filmwelt hat solch ein Polarisationspotential wie „Fortsetzung“. Kritiker und gehobene Cineasten sind mit einer bitteren Abneigung ihnen gegenüber auf die Welt gekommen, das Durchschnittspublikum dagegen scheint sie zu lieben. Über die Hälfte der 30 erfolgreichsten Kinofilme aller Zeiten sind Weiterführungen der Geschichte eines anderen Films. Fans eines bereits etablierten Kinomythos sind oft geteilter Ansicht, wenn weitere Abenteuer ihres Lieblingshelden angekündigt werden. Da gibt es die Euphoriker, die sich über diese Neuigkeit freut sowie die Pessimisten, die befürchten, dass ihr geliebter Film durch die Fortsetzung ruiniert wird.

Allein diese Woche waren die Schlagzeilen des filmjournalistischen Internets voll mit Diskussionsgrundlagen noch und nöcher. Welche dieser zahlreichen Fortsetzung braucht der Mensch, welche davon könnten gut werden? Wo hört vorausschauende Planung der Studios auf und wo fängt blinde Gier an?

Der größte Spieler im Fortsetzungsgeschäft ist derzeit Dreamworks Animation. Die jüngsten Pläne von Jeffrey Katzenberg, die er im Gespräch mit Empire Online verriet, sind aber wirklich größenwahnsinnig: Insgesamt sechs «Kung Fu Panda»-Filme seien angedacht sowie zwei neue «Madagascar»- und «Drachenzähmen leicht gemacht»-Teile. Der kommerzielle Erfolg scheint ihm Recht zu geben, da «Für immer Shrek» mit 738 Millionen US-Dollar an den Kinokassen äußerst profitabel lief. So sehr, dass sich manch einer bei Dreamworks sicherlich darüber ärgerte, die ursprünglich umfangreicher geplante Filmreihe so früh beendet zu haben.

Gleichzeitig gibt es aber mehr als genug Stimmen, die sich ein Ende nach «Shrek 2» gewünscht hätten, da der grüne Oger mit dem dritten Teil in Territorium abglitt, dass er zuvor parodierte. Da die «Madagascar»-Reihe kaum aus anderem Holz geschnitzt ist, dürfte man für die nächsten zwei Teile nichts anderes erwarten, als den gleichen qualitativen Absturz, den Shrek erlebte. Die größte Hoffnung besteht für «Drachenzähmen leicht gemacht», dessen Fortsetzungen sich aus einem reichen Pool an Büchern bedienen können, die an der Vorlage des ersten Teils anschließen. Als Helden einer komödiantisch-herzliche Abenteuerreihe dürfte den Wikingern von der Insel Berk zudem nicht ganz so schnell der Schwung ausgehen, wie der früheren Märchenparodie Shrek.

Noch besser sieht es für Fans von Robert Rodriguez’ Männermachoactionfilm «Machete» aus. Zumindest in Sachen Qualitätspotential. Laut Hauptdarsteller Danny Trejo existiert bereits ein Drehbuch für «Machete Kills». Als parodistische B-Action-Hommage kann «Machete» unter den Fittichen des Kult-Texaners Rodriguez rein theoretisch noch ewig weiterlaufen. Es gibt genug Actionklischees und im Hirn des abgedrehten Regisseurs spukt mehr als genug verrücktes Zeug herum, dass wir problemlos noch «Machete Kills Again» und «Machete… IN SPACE!!!» sehen könnten, ohne dass der Stoff ausgereizt wirkt. Auf inhaltliche Kohärenz muss dabei eh nicht geachtet werden. Jetzt müsste man nur größeres Vertrauen darin haben, dass Robert Rodriguez seine angekündigten Projekte auch in die Tat umsetzt, dann könnte man fast in Jubeltänze ausbrechen. Stattdessen wartet die Männerwelt ja ungebrochen auf «Sin City 2»…

Cinematical erfuhr derweil, dass Danny Boyle («Slumdog Millionär») fest mit einer Fortsetzung seines Kulthits «Trainspotting» plant. Bislang war lediglich bekannt, dass Ewan McGregor und Boyle sich der Fortsetzung der «Trainspotting»-Romanvorlage annehmen würden, sollten sie den Film in Angriff nehmen. «Porno» von Irvine Welsh sei ihrer Meinung nach literarisch zwar längst nicht so gut wie sein Vorläufer, aber durch Nachbearbeitung seitens Boyle ließe sich daraus ein interessanter Film spinnen. Wie der Regisseur nun erklärte, wolle er allerdings warten, bis die Darsteller genug gealtert sind, um überzeugend eine Mid-Life-Crisis verkörpern zu können.

Fortsetzungen zu Filmen, die bereits über zwölf Jahre alt sind, mögen manch einem wie hoffnungslose Ideen erscheinen. Wenn sonst nichts mehr zum Fortsetzen da ist, dann halt irgendein Klassiker. Meiner Meinung nach trifft das (mit wenigen Ausnahmen) auf die Disney-Animationsstudios zu («Das Dschungelbuch 2», «Bambi 2» und Konsorten grüßen schön), in Fällen wie «Trainspotting 2» oder dem mit gewaltigen Schritten nahenden «Tron: Legacy» bin ich dagegen zuversichtlich. Wenn Kultfilme, die nie das ganz große Geld einbrachten, nach langer Zeit unter Beteiligung der Verantwortlichen des Originals fortgesetzt werden, dann spielt eine gewisse Passion für den Stoff mit. Eine Garantie, dass die Fortsetzung an das Original heranreicht, ist zwar nicht gegeben, reiner Kommerz ist aber häufig auszuschließen. *Setzen Sie an dieser Stelle als Gegenargument ihren meist verhassten «Star Wars»-Teil ein*

Und dann gab es vergangene Woche noch eine weitere Ankündigung: Die Disney-Geschäftsführung ist mit dem abgedrehten Material zu «Pirates of the Caribbean – Fremde Gezeiten» dermaßen zufrieden, dass das Studio in einem Anflug von kommerzieller Siegesgewissheit Cast und Crew des Films darum bat, sich für die nähere Zukunft genügend Zeit im Drehplan freizuhalten, um Teil 5 und 6 der Kinoreihe back-to-back verwirklichen zu können. Als optimistischer Fan der Reihe ist diese Meldung für mich natürlich das Highlight der letzten Monate, allerdings kann ich aufkommende Zweifel nachvollziehen: Für Jack Sparrows viertes Kinoabenteuer zogen die Autoren Ted Elliott und Terry Rossio bereits Tim Powers Abenteuerroman «In fremderen Gezeiten» als Inspirationsquelle hinzuzogen. Steckt im Duo noch genug Seemannsgarn für zwei weitere Filme oder müssen neue Autoren engagiert werden? Könnten sie den Ton der bisherigen Reihe aufrecht erhalten? Und wie bei allen Massenankündigungen dieser Sorte stellt sich die Frage: Wer sagt überhaupt, dass schon der nächste Teil gelingen wird und danach bedarf für weitere Filme besteht?

Fortsetzungen sind Alltag in Hollywood. Allein diese Woche wurden genug angekündigt, um wieder mehrere Milliarden Dollar aus den Taschen der Kinogänger zu locken. Meckern bringt da eh nichts. Stattdessen sollten wir einfach hoffen, dass unsere geliebten Filmreihen würdig weitergeführt werden. Dass Reihen, die man eh nicht mochte, bis zur Erschöpfung tot geritten werden, sollte man dagegen am besten einfach nur ignorieren. Das schont die Nerven.

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