Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Googles Zeitgeist

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Google hat die erfolgreichsten Suchbegriffe 2009 veröffentlicht. Was war in den Medien gefragt?

Vor einigen Tagen hat der Suchmaschinen-Konzern Google seine weltweite Studie namens „Zeitgeist“ zum Jahre 2009 veröffentlicht, in welcher die erfolgreichsten und gegenüber 2008 besonders beliebten Suchbegriffe für das jeweilige Land präsentiert werden. Der Zeitgeist ist gleichzeitig eine Art vorgezogener Jahresrückblick: Was hat die Menschen in den vergangenen zwölf Monaten am meisten bewegt, zu welchen Stichworten wollten sie von Google milliardenhaft Informationen ausspucken lassen?

In Deutschland befinden sich unter den zehn meist gesuchten Personen acht Frauen, meist Hollywoodstars. Auf Platz eins landete Männerschwarm Megan Fox, die Schauspielerin aus dem Kino-Blockbuster «Transformers 2». Immerhin: Auf Platz acht befindet sich die einzige deutschsprachige Person der Hitliste – Michelle Hunziker. Hier hat sich ihr «Wetten, dass..?»-Engagement als Co-Moderatorin an der Seite von Thomas Gottschalk seit September 2009 in Klicks bezahlt gemacht. Interessantes Detail: Unter den zehn beliebtesten Bildersuchen taucht Hunziker nicht auf. Dort rangieren die Pop-Größen Lady Gaga und Michael Jackson gemeinsam mit den Stars aus dem modernen "Tanz der Vampire" namens «Twilight» an vorderster Front.

Unter den meist gesuchten Nachrichtenbegriffen befindet sich Michael Jackson auf Platz zwei. Der im Juni verstorbene Popstar wurde weltweit unglaublich oft gesucht. Die überraschend immense Anteilnahme an seinem Schicksal bewegte nicht nur die Menschen selbst: Interessant war auch, in welcher Weise die Fernsehsender und das Internet auf die News reagierten. Zur Phrase wurde der Satz, dass Jackson im World Wide Web gestorben sei, weil sein Tod im Netz über Facebook, Twitter und Co. zuerst bekannt wurde und eine irrationale Anteilnahme auslöste: Zahlreiche große Newsportale wie Bild.de oder auch soziale Netzwerke wie Twitter brachen beim Besucheransturm zusammen und waren nicht erreichbar – einmalig in der jüngeren Geschichte des Internets. Zu dem einzigartigen Phänomen „Tod Jacksons im Web“ wurden mittlerweile zahlreiche Studien, Essays und Arbeiten veröffentlicht.

Auf Platz eins der meistgesuchten Nachrichten: die Schweinegrippe. Auch dieses Thema wurde von Medien und Fernsehen lanciert. Lagen die Suchanfragen nach diesem Begriff bis Oktober 2009 noch im niedrigen Bereich, stiegen sie mit der von der Pharmaindustrie, die Angst hatte, auf ihrem Impfstoff sitzen zu bleiben, den Medien aufdiktierten Panikmache sprunghaft an. Massen-Boulevardblätter berichteten plötzlich von vereinzelten Toten des Grippevirus und ließen das Milliardengeschäft um die Impfstoffe anrollen. Dass die Anzahl der Todesfälle zu jenen einer normalen Grippe in keinster Relation stehen, weil diese deutlich mehr Tote verursacht, ist verschwiegen worden.

Zum Schluss lassen sich ablesen, welche TV-Shows unter den meist gesuchten Nachrichtenbegriffen und damit jene Sendungen waren, die das deutsche Publikum am meisten im Jahr 2009 bewegten: «DSDS» rangiert auf Platz fünf und ist damit der meistgesuchte direkte TV-Begriff. Sehr überraschend auf Platz acht: Die Handball-WM, bei der Deutschland am Anfang des Jahres nur einen enttäuschenden fünften Platz erreichte. Ebenfalls unter den Top Ten rangiert der Eurovision Song Contest 2009. Trotz des permanent miesen Abschneidens der Deutschen lassen sich die Zuschauer wohl nicht die Stimmung am Wettbewerb vermiesen.

Der Google-Zeitgeist 2009 zeigt besonders, wie Medien die Nachfrage nach Informationen bei den Bürgern, beispielsweise in den Fällen der Schweinegrippe oder von Michael Jackson, beeinflussen und manipulieren können. Und weiterhin sind die klassischen TV-Wettbewerbe wie «DSDS» oder der «ESC» führend – nicht etwa das «Supertalent», «Bauer sucht Frau» oder «Ich bin ein Star», das eher Berieselungsfernsehen zu sein scheint, das den Zuschauer nach Ende der Sendung nicht mehr so stark interessiert wie die klassischen Formate. Google hat es mit dem Titel seiner Studie auf den Punkt gebracht: Der globale Zeitgeist ist es, den die meistgesuchten Suchmaschinen-Begriffe 2009 widerspiegeln. Damit ist er sekundär auch ein historisch wichtiges Sozialdokument für die Zukunft.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.

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