Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: TV-Trends via Google

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Können wir TV-Trends durch Google voraussagen und bestimmen, was demnächst erfolgreich wird?

Mit dem Tool „Google Insights for Search“ lässt sich einsehen, welche Suchbegriffe wie oft zu einem bestimmten Zeitraum gesucht wurden und wie häufig einzelne Suchanfragen im Vergleich zu anderen gestartet werden. Aus solchen Ergebnissen lassen sich laut Experten gesellschaftliche Trends herauslesen, denn Google benutzt fast jeder Internetuser. So haben Mitarbeiter des Suchmaschinen-Unternehmens in diesem Jahr den Gewinner des „Eurovision Song Contest“ schon vorab bestimmen können – weil der norwegische Teilnehmer der beliebteste Suchbegriff war. Auch könnten kommende Grippe-Wellen, Politiker-Beliebtheit, technische Trends oder populäre Urlaubsziele im Voraus durch Google ermittelt werden – warum nicht also auch TV-Sendungen oder sogar die Fernsehstationen selbst?



Im Netz ist zunächst RTL von allen Sendern mit Abstand der beliebteste: Am meisten suchten die User in den letzten zwölf Monaten nach einem RTL-verwandten Begriff, abgeschlagen dahinter die anderen Sender. Aber schon hier gibt es interessante Konstellationen: Auf Platz zwei liegt das ZDF und damit ein Sender, der bei der „Generation Internet“ nicht als beliebt gilt, es anscheinend aber doch ist, besonders wegen der Mediathek. Eindeutig jedenfalls ist der Vorsprung vor der öffentlich-rechtlichen Konkurrenz mit ARD und dem Ersten, die gleichauf liegen mit ProSieben. Klar am wenigsten gesucht ist Sat.1 von allen großen Sendern. Interessant sind hier nun die Ausschläge zu bestimmten Zeitpunkten: Im Januar verzeichnete RTL einen deutlichen Anstieg, der hauptsächlich mit den Erfolgsshows «Ich bin ein Star» und «DSDS» zu tun haben dürfte. ProSieben erreichte Mitte Mai einen starken Anstieg – kurz vor dem Finale von «Germany´s Next Topmodel».

Sucht man nach Trends, sind besonders die kürzeren Zeiträume interessant: In den letzten 30 Tagen war bei RTL die Suche nach «Schwiegertochter gesucht» die mit Abstand am meisten zunehmende Suchanfrage. Beim ZDF steigerte sich der Begriff „ZDF neo“ um 350 Prozent und war damit der am stärksten zunehmende – ein Indikator für den Erfolg des am 01. November startenden Digitalsenders? In der ARD wurden die aus der Sommerpause gekommenen Harald Schmidt und Reinhold Beckmann zu sehr beliebten Suchanfragen. Auch die Popularität von Serien gegenüber anderen kann interpretiert werden: So avancierte «Gossip Girl» in den letzten zwölf Monaten zum Top-Suchbegriff mit einer Steigerung von 1950 Prozent gegenüber dem Vorjahr – von der direkt danach ausgestrahlten, ebenfalls neuen Teenie-Serie «90210» keine Spur. Ginge es nach Google, sollte ProSieben also schleunigst die zweite Staffel von «Gossip Girl» ausstrahlen und «90210» nicht mehr auf den Sender schicken. Beim ZDF sind unterdessen die Telenovelas «Alisa» und «Wege zum Glück» unter dem Top Ten des Jahres.

Interessant ist auch der Vergleich der Zeiträume: Im Oktober 2009 suchten deutlich mehr Menschen nach «Wetten, dass..?» als im Vorjahresmonat. Ist das der Hunziker-Effekt? Die Sat.1-Telenovela «Anna und die Liebe» gewann in den letzten zwölf Monaten stetig auch in Google an Beliebtheit. Schon aktuell wird sehr stark nach dem «Supertalent 2009» gefragt, das bald startet und laut Google erneut ein großer Hit wird. Der Suchbegriff «Two and a Half Men» wurde in den letzten Monaten immer beliebter, kurz vor dem ProSieben-Start in der Primetime suchte man öfters nach der Sitcom. Noch deutlicher der Anstieg bei den «Simpsons»: Schon einen Monat vor der Primetime-Ausstrahlung der neuen Staffel stieg die Suche nach der gelben Familie sprunghaft und kontinuierlich an, fand dann Mitte September mit dem TV-Start ihren Höhepunkt. Die Einschaltquoten gaben Google recht. Auch die «Oliver Pocher Show» sollte nach dem mäßigen Auftakt noch ein Quoten-Erfolg werden: Der Name des Entertainers wird aktuell so häufig gesucht wie nie zuvor – im Gegensatz zu Harald Schmidt, der Anfang 2005 seinen „Google-Höhepunkt“ mit der ersten Sendung in der ARD erreichte. Während der gemeinsamen Zeit war das Duo übrigens wenig gefragt.



Die Beispiele belegen, dass Google durchaus ein Indikator für möglichen Erfolg oder Misserfolg einer TV-Sendung sein kann oder zumindest einen Trend vorhersagt. Besonders durch Vergleichszeiträume lässt sich erkennen, ob die Beliebtheit für eine bestimmte Person oder ein Format abnimmt oder ansteigt. Oft verläuft dann die tatsächliche Quotenkurve später relativ proportional zu den Suchanfragen. Die Suchmaschine lügt nicht. Weil der Sucher selbst nicht lügt.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.


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