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Kindisch: Das ZDF und der «Teufelsbraten»

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Öffentlich-rechtliche Kampfprogrammierung gab es am Mittwoch zu bewundern. Auf der Strecke bleibt anspruchsvolle Kost. Ein Kommentar von Alexander Krei.

„Düvelsbrode“ – Teufelsbraten – wird sie von ihrer Familie immer geschimpft, die kleine Hildegard, Tochter eines ungelernten Fabrikarbeiters und einer Putzfrau, nur weil sie mit ihrem unbeugsamen Willen, lesen und schreiben zu lernen, bei ihren kölsch sprechenden Eltern und ihrer Großmutter auf gewaltige Abwehr stößt.

Logos: ARD/ZDFAlleine der gutmütige Großvater versteht sie, von ihm lernt das Mädchen "Buchsteine" kennen, die ihre Fantasie in Gang setzen und sie darin bestärken, dass Ausflüge in die Wörterwelt, dass Sprache und Literatur sie aus dem einengenden katholisch-rheinisch geprägten Elternhaus und letztlich aus dem Proletariermilieu herausführen werden. Doch bis zur Aufnahme ins ersehnte Gymnasium ist der Weg für Hildegard steinig – Hildegard, die sich später Hilla nennt, muss mehr als jedes andere Mädchen kämpfen ...

Am Mittwochabend strahlte das Erste den ersten Teil des unbedingt sehenswerten 50er-Jahre-Dramas aus. Doch der Film hatte mit nur knapp vier Millionen Zuschauern keinen einfachen Stand, was natürlich zum Teil daran gelegen haben mag, dass weite Teile des Films in kölschem Dialekt gedreht wurden. Und man sollte bei der Begutachtung der Quoten durchaus auch einen Blick auf die Konkurrenz werfen.




Weniger auf den Uefa-Cup bei ProSieben oder «Raus aus den Schulden» bei RTL – viel mehr schon auf das ZDF. Das sendet seit diesem Jahr neuerdings am Mittwochabend ebenfalls Spielfilme. Doch während das Erste hier nicht selten – im Gegensatz zum Freitagabend – auf Produktionen mit Tiefgang und Anspruch setzt, kommen beim ZDF Fans von Herzschmerz, Liebeskitsch und Heimatkulissen voll auf ihre Kosten. Sei es mit der Reihe «Zwei Ärzte sind einer zu viel» oder wie in dieser Woche «Meine wunderbare Familie».

Und natürlich verhält es sich mit Filmen fast genauso wie mit vielen anderen Dingen: Seichtes siegt über Sorgfalt. Sicher: Man darf nicht erwarten, dass eine stimmungsvolle Zeit- und Milieustudie, wie es «Teufelsbraten» nun mal ist, den Geschmack der großen Masse trifft. Doch kann es auch im Sinne des ZDF sein, wenn man mit flachen Filmen im Gegenprogramm die Quoten der anspruchsvollen Kost noch weiter drückt? In Mainz wird man das ganz bestimmt nicht so sehen und stattdessen auf die Mündigkeit des Publikums verweisen. So steht wahrscheinlich jetzt schon fest: An der kindischen öffentlich-rechtlichen Kampfprogrammierung dürfte sich so schnell nichts ändern.

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