Die Experten

04. Februar 2008

von
Markus Ruoff erklärt, weshalb es die US-Serie «The West Wing» wohl nie nach Deutschland schaffen wird. Weitere Antworten gibt es zu «Cashmere Mafia», «Everwood» und «Lost».

Christian: Wieso gibt es die Serie «Everwood» nicht auf DVD? Und warum wurde «Everwood» damals eigentlich eingestellt?

Markus Ruoff: Das hat zweierlei Gründe: Die erste Staffel wurde bereits im September 2004 in den USA auf DVD veröffentlicht. Diese soll sich allerdings zu schlecht verkaufen haben, dass Warner Home Video von einer Veröffentlichungen der weiteren Staffeln Abstand nahm. Der entscheidende Faktor war aber ein anderer. Es gibt wie bei vielen anderen Serien Probleme mit den Musikrechten. Diese seien – wie schon bei «Cold Case» - zu teuer. Mittelfristig ist daher auch eine DVD-Veröffentlichung hierzulande nicht geplant. Als bekannt wurde, dass die beiden Networks The WB und UPN sich zu dem Network The CW zusammenschließen, sollten natürlich nur die erfolgreichsten Formate beider Sender übernommen werden. «Everwood» war von Anfang an ein Wackelkandidat, da während der vierten Staffel die Quoten spürbar zurückgingen. Das war aber auch kein Wunder: The WB hatte die Serie von ihrem angestammten Sendeplatz am Montag auf den Donnerstag auf den Slot nach «Smallville» gelegt. Und dann nahm der Sender die Serie auch für vier Monate aus dem Programm, was selten ein gutes Zeichen ist. Obwohl die Quoten wieder anstiegen («Everwood» lief nun auch wieder montags), bestellte The CW keine fünfte Staffel. Stattdessen verlängerte man «Eine himmlische Familie» erneut, weil man sich von den Zuschauerzahlen (über sieben Millionen) des vermeintlichen Serienfinales blenden ließ. The CW-Unterhaltungschefin Dawn Ostroff erklärte die Absetzung von «Everwood» damit, dass die Serie nicht stark genug sei, um genügend Zuschauer vor die Bildschirme zu ziehen, die danach bei «Runaway» dranbleiben. «Eine himmlische Familie» schaffte dies übrigens ebenfalls nicht, denn «Runaway» wurde schon nach drei Folgen abgesetzt. Im Fußball würde man von einem typischen „Eigentor“ sprechen.

Sebastian: Wie kann es sein, dass US-Serien, die in Deutschland bei dem Privaten laufen, in der Schweiz beziehungsweise Österreich bei den Öffentlich-Rechtlichen gezeigt werden? Außerdem frage ich mich, ob es überhaupt zulässig ist, dass das Schweizer Fernsehen (SF2) die sechste Staffel von «24» als „deutsche Erstausstrahlung“ ankündigen darf (Zitat: „Wir haben im deutschsprachigen Raum das Erstausstrahlungsrecht.“), da der Sender offiziell nur in der Schweiz empfangen werden kann.

Markus Ruoff: Natürlich ist das zulässig. Das Schweizer Fernsehen ist nur in der Deutschschweiz zu empfangen und die Amtsprache ist dort deutsch. Falsch wäre es allerdings, wenn SF schreiben würde, dass sie die „deutschen Erstausstrahlungsrechte“ hätten. Dass viele US-Serien in Österreich (ORF und ORF 2) und in der Schweiz (SF 1 und SF zwei) bei den Öffentlich-Rechtlichen laufen, liegt einfach daran, dass sie die Rechte an diesen erworben haben. Die ARD könnte auch die Ausstrahlungsrechte an «CSI» kaufen, wollen sie aber nicht. In Deutschland haben wir verständlicherweise eine viel größere Vielfalt an Programmen, während unsere Nachbarn lediglich zwischen ein paar Sendern wählen können. Vor der Einführung des Privatfernsehens beziehungsweise noch während den Anfängen liefen Serien aus den USA fast ausschließlich bei den Öffentlich-Rechtlichen. Erinnert sich noch an «Baywatch» bei der ARD und den «Simpsons» beim ZDF? Heutzutage wäre das nahezu unmöglich.

Alen: Ich war ein grosser «Sex and the City»-Fan und freue mich natürlich riesig auf den Film. Vor einiger Zeit ist in den USA die Serie «Cashmere Mafia» mit Lucy Liu gestartet. Wie läuft die Serie denn da? Wie ähnlich ist sie eigentlich «Sex and the City»? Und gibt es schon Pläne die Serie nach Deutschland zu bringen?

Markus Ruoff: «Cashmere Mafia» ist am 06. Januar 2008 in den USA gestartet. Der Pilotfilm interessierte als Spezial-Programmierung am Sonntagabend noch knapp elf Millionen Zuschauer. Auf dem regulären Slot am Mittwoch um 22.00 Uhr sind es mittlerweile fünf Millionen weniger. «Dirty Sexy Money», das ABC zuvor auf diesem Sendeplatz zeigte, hatte rund zwei Millionen Zuschauer mehr. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass die Serie über 13 Folgen hinaus kommt. Die Ähnlichkeiten zu «Sex and the City» sind immens. Nicht umsonst spricht man von einem offiziellen «Sex and the City»-Klon. Zudem war der Produzent Darren Star der Kopf hinter der HBO-Serie um Carrie & Co. In der Inhaltsbeschreibung heißt es: „«Cashmere Mafia» dreht sich um vier erfolgreiche Geschäftsfrauen aus New York City...“ Klingelt es? ProSieben-Programmplaner Jürgen Hörner sagte im September 2007 im Quotenmeter.de-Gespräch: „«Cashmere Mafia» war nett zum Anschauen. Bei diesen High-Concept-Serien ist es aber immer schwer, die Qualität nach der ersten Folge zu bewerten. Man kennt die Charaktere einfach zu wenig, man weiß nicht, wie es dann weitergeht. Ich denke, dass es zwischen «Lipstick Jungle» und «Cashmere Mafia» ein Kopf-an-Kopf-Rennen geben wird. Wenn ich tippen müsste, würde ich sagen, dass hier aber Lucy Liu die Nase vorne haben wird.“ Desinteresse klingt anders.

Jan: Als großer «Friends»-Fan habe ich mir selbstverständliche die Premiere von «Joey», welche ich auch sehr lustig fand, angeschaut. Deshalb würde mich interessieren, weshalb die Serie in den USA im Quotentief versank und wie die Quoten am Samstag in Deutschland aussahen.

Markus Ruoff: Leider sahen die Quoten am Samstag bei ProSieben gar nicht gut aus. Beim gesamten Publikum wurden nur 4,5 Prozent Marktanteil erreicht, in der Zielgruppe kam man nicht über schwache 8,7 Prozent hinaus. Insgesamt schalteten 0,44 Millionen Zuschauer ein. Der Quotenfall von «Joey» in den USA hatte mehrere Gründe: Matt LeBlanc konnte eine Serie einfach nicht alleine tragen. Die «Friends» waren nur so erfolgreich, weil sie in der Gruppe perfekt harmonierten. Jeder US-Amerikaner konnte sich mindestens mit einem Charakter identifizieren. Joey war immer ein liebenswerter Charakter, aber er war nicht so vielschichtig wie zum Beispiel Chandler. Außerdem ist in den USA generell – wie auch in Deutschland – festzustellen, dass die Menschen auf Comedy weniger Lust haben. Fast jede neue Sitcom, die in den Post-«Friends»-Jahren auf dem Markt kam, floppte. Der entscheidende Grund war wohl aber ein anderer. Im Gegenprogramm am Donnerstag um 20.00 Uhr – dem vorherigen «Friends»-Sendeplatz – liefen «American Idol» (FOX) und «Survivor». Beide Shows erreichen alleine schon über 40 Millionen Zuschauer. Und dann ein neues Format dagegensetzen, ist immer sehr schwierig. Da hätte schon etwas Außergewöhnliches kommen müssen - «Joey» war wohl nicht außergewöhnlich genug.

Michael: Ich habe einmal eine Frage zur TV-Rechtevergabe vom NASCAR Sprint-Cup in Europa. Wer vermarktet diese Rechte? ESPN, NASCAR selbst oder jemand anderes?

Markus Ruoff: Die internationalen Rechte am Sprint-Cup liegen bei ESPN. Weil es gut zum Thema passt: Offensichtlich wird es in Deutschland dieses Jahr keine Live-Bilder vom Sprint-Cup geben. Medienberichten zufolge hat sich der bisherige Rechteinhaber Premiere gegen eine Ausstrahlung entschieden beziehungsweise sich nicht mit ESPN einigen können.

Tino: Haben Sie Informationen darüber, ob irgendwann einmal die US-Serie «The West Wing» im deutschen Fernsehen laufen wird? Das ist für mich absolut nicht nachvollziehbar, dass eine so mit Preisen gekrönte Serie noch nie hier zu sehen war.

Markus Ruoff: Preise alleine zählen heutzutage relativ wenig. Die Sender müssen auch immer schauen, ob eine Serie, die aus den USA kommt, zum deutschen Markt passt. Bei politischen Serien ist das eine Sache für sich. Das ZDF ging vor drei Jahren mit «Das Kanzleramt» ziemlich baden – wohlgemerkt einer deutschen Serie. 2006 probierte es Sat.1 dann mit «Commander in Chief». Da in Deutschland kurz vorher Angela Merkel zur Bundeskanzlerin gewählt wurde, dachte man, dass eine Serie über die erste weibliche US-Präsidentin dazu sehr passend sei. Sowohl in den USA als auch in Deutschland fand die Serie beim Publikum keinen Anklang. Man soll zwar niemals nie sagen, aber ich rechne nicht damit, dass «The West Wing» irgendwann einmal seinen Weg ins deutsche Fernsehen findet. Die Serie rund um den fiktionalen Präsidenten Josiah Bartlett ist einfach zu „amerikanisch“ und damit das Wagnis der deutschen Sender zu groß – insbesondere nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit.

Dennis: Ich hätte gerne einmal gewusst, ob schon irgendein deutscher Sender Interesse an den beiden US-Serien «Dirt» und «How I Met Your Mother» gezeigt hat beziehungsweise die Rechte besitzt.

Markus Ruoff: Die Rechte von «How I Met Your Mother» liegen bei ProSieben. Das berichtete Quotenmeter.de bereits im Dezember 2007. Ob ein deutscher Sender «Dirt» erworben hat, entzieht sich leider meiner Kenntnis.

Lidija: Wann fängt eigentlich die neue Staffel von «The L Word» an?

Markus Ruoff: Meinen Informationen zufolge plant ProSieben die Ausstrahlung der zweiten Staffel von «The L Word» ab dem 26. März 2008, wenn die finale Staffel von «Queer as Folk» beendet ist.

Simon: Seit Monaten kämpft ProSieben schon mit den erschreckend schwachen Quoten der US-Erfolgsserie «Lost». Ich frage mich, ob ProSieben nicht klar ist, dass man mit «Lost» keine guten Quoten mehr holen kann, da die meisten «Lost»-Fans die Folgen schon im Internet oder bei Premiere geschaut haben ? Die Pausen zwischen den Staffeln waren einfach zu groß. Gibt es schon Pläne, wann die vierte Staffel bei Premiere bzw. ProSieben laufen wird?

Markus Ruoff: «Lost» ist für ProSieben eigentlich nur noch ein Prestigeobjekt. Es ist einfach so, dass man die deutschen Zuschauer mit Serien, die eine fortlaufende Handlung haben, nicht begeistern kann. Am Internet oder an Premiere liegt der Zuschauerrückgang mit Sicherheit nicht. Andere Serien kann man auch übers Internet anschauen beziehungsweise im Pay-TV sehen und da sind die Quoten nahezu konstant. Für die langen Pausen zwischen den Staffeln kann ProSieben gar nichts, denn da sind sie schlichtweg auf ABC und Premiere angewiesen. Die Erstausstrahlungsrechte liegen in Deutschland nun einmal bei Premiere und zwischen Pay-TV- und Free-TV-Ausstrahlung müssen mindestens sechs Monate liegen. Premiere könnte die vierte Staffel von «Lost» noch im späten Frühjahr 2008 starten, ProSieben wird wohl Ende 2008 wieder nachziehen.

Marc: Ich bin ein großer Fan der Serie «Kyle XY». Steht schon fest, wann ProSieben die zweite Staffel ausstrahlen wird? Oder wird es aufgrund der schlechten Quoten möglicherweise kein Wiedersehen mit «Kyle XY» geben?

Markus Ruoff: Mit «Kyle XY» wird es schon bald ein Wiedersehen geben. ProSieben plant die zweite Staffel ab April 2008 auszustrahlen.

Lars: Mir ist aufgefallen, dass viele amerikanische Serien gekürzt werden. Teilweise werden nur einige Szenen in den Folgen gestrichen, teilweise wurden komplette Folgen nicht gesendet! Ganz schlimm ist es auch, dass nicht in der richtigen Reihenfolge gesendet wird! Warum machen die TV-Sender so etwas?

Markus Ruoff: Hier wären Beispiele sehr nützlich gewesen. Diese Frage kann man individuell sicherlich besser beantworten. Ich versuche es aber trotzdem. Wenn Szenen in Serien gestrichen werden, dann erfolgt dies meistens aus Jugendschutzgründen. Leichenteile, Folterszenen oder Blut kommen gerne der Schere zum Opfer. Folgen werden oftmals ausgelassen, wenn der Sender an diesen keine Rechte besitzt (Ja, das gibt es!). Aber in den meisten Fällen hat dies tatsächlich keinen Grund. Bei der „richtigen Reihenfolge“ gibt es zwei Unterscheidungen: Zunächst einmal die Produktionsreihenfolge und dann die Ausstrahlungsreihenfolge. Viele amerikanische Serien – insbesondere Sitcoms – werden in den USA in einer ganz anderen Reihenfolge ausgestrahlt, als dass sie produziert werden. So kann es passieren, dass eine Folge, die für das Ende der Staffel produziert wurde, in der Mitte der Staffel gesendet wird. Natürlich ergibt das nur Sinn, wenn es sich um abgeschlossene Episoden handelt. ProSieben sendet seine Serien zum Beispiel erfahrungsgemäß in der Produktionsreihenfolge.

Matthias: Ich bin ein großer Fan der Serien «Disney's Kim Possible» und «Disney's American Dragon». Bei «Disney's American Dragon» wurde im Free-TV bisher nur ein Teil der zweiten Staffel ausgestrahlt, dasselbe kam auch bei «Hotel Zack & Cody» vor. Daher wüsste ich gerne, wieso manche Sender Serien nur halb ausstrahlen und wann der Rest dieser Serien zu sehen sein wird.

Markus Ruoff: Sie sprechen Serien vom Disney Channel an. Diese „Kinderserien“ werden in den USA vom amerikanischen Disney Channel ausgestrahlt. Der deutsche Ableger bringt die dann immer relativ früh nach Deutschland. Da dieser hierzulande nur gegen Entgelt zu empfangen ist, liegt den Oberen vom Disney Channel natürlich viel daran, dass möglichst viele Kunden ihren Sender abonnieren. Um dies zu gewährleisten, dauert es oftmals relativ lange, bis manche Serien zu Super RTL wandern. Der Walt Disney Group ist es selbstverständlich zunächst wichtiger ihre Pay-TV-Sender mehr zu stärken als ihre Sender im Free-TV. Ich habe aber gute Neuigkeiten zu «Hotel Zack & Cody». Super RTL zeigt neue Folgen ab dem 18. Februar 2008 immer montags bis freitags um 19.15 Uhr, ehe um 19.45 die zweite Staffel von «Disney Hannah Montana» startet. Zu «Disney's Kim Possible» und «Disney's American Dragon» gibt es leider noch keinen Ausstralungstermin.

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir einmal Ihre Meinung über „Die Experten“ zukommen lassen würden. Gefällt Ihnen die Rubrik? Was könnte man besser machen etc.? Bitte schreiben Sie an Markus.Ruoff'ÄT'quotenmeter.de. Ihre Fragen senden Sie aber bitte ausschließlich weiterhin an experten'ÄT'quotenmeter.de oder über das Formular im „Experten“-Bereich.

Kurz-URL: qmde.de/25137
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