Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: «Wetten, was..?»

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Kerkeling sagt «Wetten, dass..?» ab. Warum diese späte Entscheidung? Und wer soll es nun machen?

Vor einigen Wochen habe ich an dieser Stelle gewettet. Und am Samstag verloren: Damals legte ich mich darauf fest, dass Hape Kerkeling neuer Moderator von «Wetten, dass..?» wird und seine Entscheidung am 05. November in der Show selbst bekannt gibt. Meine Prognose trat nur teilweise ein: Zwar lag ich damit richtig zu behaupten, dass Kerkeling seine Entscheidung in dieser Sendung verkündet, aber nicht damit, dass er Gottschalks Nachfolger wird – denn es war bekanntlich umgekehrt. Meine Wettschuld ist, für diese traurige Nachricht einen Erklärungsansatz zu versuchen.

Eigentlich sprach alles für Kerkelings Engagement bei «Wetten, dass..?»: ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut konstatierte positive Gespräche mit dem Entertainer und legte sich von vornherein so auf seine Person fest, dass ein anderer Moderator fast nicht in Frage zu kommen schien. Außerdem dementierte Kerkeling selbst nie die Gerüchte – was normalerweise in der Branche üblich wäre, denn gibt es kein Dementi, so werden Erwartungen geschürt. In diesem Fall waren es solch immense Erwartungen, dass bei frühzeitigem Dementi des Künstlers die großen Enttäuschungen, die es nun gibt, nicht aufgekommen wären. Und das ZDF auch nicht in das Dilemma versetzt hätte, einen Kandidaten suchen zu müssen, der von vornherein als zweite Wahl angesehen werden wird.

Warum aber gab es kein frühzeitiges Dementi Kerkelings? Wollen wir von der Integrität seiner Person ausgehen, so kann es nicht der möglicherweise gewollte Medienrummel sein, um seiner ZDF-Show «Unterwegs in der Weltgeschichte» zu guten Quoten zu verhelfen. Eine solche Aktion auf dem Rücken der größten Unterhaltungsshow Deutschlands auszutragen, hätte Kerkeling nicht nötig. Nein, das Dementi kam erst an diesem Samstag, weil Kerkeling sehr lang mit dem Gedanken gehadert haben muss, die Moderation von «Wetten, dass..?» zu übernehmen. Frühe, positivere Reaktionen seinerseits, die davon sprachen, starre Showkonzepte durchbrechen zu wollen, deuten darauf hin, dass der Entertainer zeitweise die Gottschalk-Nachfolge antreten wollte, sich aber in den vergangenen Wochen schließlich dagegen entschieden hat.

Seine Begründung in der Show vom Samstag, viele verschiedene Projekte verfolgen und nicht als Gottschalks Nachfolger abgestempelt werden zu wollen, ist natürlich scheinheilig. Gerade er wäre – mit wohlwollender Unterstützung des ZDF – in der Lage gewesen, die angesprochenen Konzeptfesseln von «Wetten, dass..?» endlich zu lösen und sich selbst in unterschiedlichsten Facetten darin zu verwirklichen. Andere Projekte hätte er, bei meist nur sieben Shows pro Jahr, ebenfalls wahrnehmen können – auch Gottschalk hat in den vergangenen Jahren schließlich nicht nur «Wetten, dass..?» im ZDF moderiert.

Wahrscheinlich war es eine Mischung aus zu großem Respekt und fehlendem Selbstbewusstsein, die Kerkeling zu der Absage bewogen hat. Gottschalks Show erfolgreich zu übernehmen und weiterzuführen ist der schwerste Job, den das deutsche Fernsehen in diesem Jahr zu vergeben hat. Wer also soll nun Nachfolger werden für die Show, die laut ZDF-Angaben trotz der Kerkeling-Absage weitergeführt wird? Diejenigen, die die Fähigkeit hätten, diesen Job anzutreten, trauen sich nicht (wie Kerkeling). Und diejenigen, die sich trauen würden (wie Pocher?), überschätzen ihre Fähigkeiten. Fazit: Es gibt nur noch Notlösungen, Personen zweiter oder dritter Wahl. Sinnvoll wäre es nun erst recht, «Wetten, dass..?» von einem einzigen Gesicht zu lösen und das Samstagabendkonzept auf den Kopf zu stellen: Wechselnde Moderatoren, vielleicht auch mal Kerkeling oder Gottschalk, erfinden die Show für ihre einmalige Moderation immer wieder neu. Der Druck der Nachfolge würde auf niemandem lasten, die Zuschauer ließen sich bei jeder Show aufs Neue von einem wechselnden Präsentator überraschen und das ZDF könnte mit frischen Gesichtern experimentieren – und auf diese Weise vielleicht einen neuen Langzeit-Ersatz für Gottschalk finden.

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.

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