Die Kritiker

«Schmitz & Family»: Eine Sketchcomedy der irritierenden Lacher

von   |  1 Kommentar

Was kann schlimmer sein als eine Sketchcomedy, deren Pointen vorhersehbar sind? Eine Sketchcomedy, die obendrein mit eingespielten Lachern nervt.

Hinter den Kulissen

  • Produktionsfirma: HPR Bild & Ton GmbH
  • Produzent: Jürgen Hepp
  • Producer: Torsten Kluth
  • Headautor: Frank Schmeißer
  • Regie: Janosch Kreft
  • RTL Redaktion: Meikel Giersemehl, Simone Heinrich
Ralf Schmitz stellte bei RTL bereits in zwei Impro-Comedyshows sein Improvisationstalent unter Beweis, darüber hinaus macht er praktisch im Alleingang die Kuppelshow «Take Me Out» sehenswert, indem er das oberflächliche Flirtgeschehen ironisch kommentiert. Doch jede qualitative Erfolgsserie muss einmal ein Ende nehmen, und für Schmitz' RTL-Tätigkeiten ist dieser Moment mit der Sketchcomedy «Schmitz & Family» erreicht.

In dem neuen RTL-Format zieht Schmitz gemeinsam mit seinen Ensemblekollegen Elisabeth Baulitz, Nora Boeckler, Omar El-Saeidi, Olivia Klemke, Gundula Niemeyer, Lukas Piloty und Paul Sedlmeir alles durch den Kakao, was zum Familienleben dazu gehört. Von der Kinderplanung und dem Streit mit den pubertierenden Kindern über die Unterzeichnung der Scheidungspapiere bis hin zum Besuch bei den widerlichen, sämtliche Grenzen überschreitenden Senioren in der Familie.

Dabei geht «Schmitz & Family» mal den Weg der schlichten, alltagsnahen Situationskomik, mal wird es etwas absurder. So ist einer der ersten Sketche eine längere Nummer, in dem ein kinderloses Paar eine Wohnung besichtigt – während die dort lebende Familie völlig am Rad dreht.

Dieser Sketch ist ein Paradebeispiel dafür, weshalb «Schmitz & Family» nicht funktioniert: Timing. Die Pointe des Sketches kommt bereits sehr früh, nämlich bei der Erkenntnis, dass dieses kinderlose Paar gerade eine Schreckensversion eines lauten, von Zank und ungehorsamen Kindern erfüllten Familienlebens vorgeführt bekommt, während es eine Wohnung besichtigt. Daraufhin gibt es nur noch Geschrei zu hören und Chaos zu sehen, der Gag wird in Grund und Boden gerammt, ohne kreative Eskalation, ehe der Sketch unzeremoniell endet.

So spielt sich in der Auftaktfolge zum Beispiel auch ein Sketch über einen vermeintlichen Kaffeeliebhaber ab, der seine Gäste mit ekligen Kreationen und langen Zutatenlisten nervt. Und auch ein Sketch über einen Chirurgen, der während einer OP ein Paket annimmt, müsste wahlweise zackiger daherkommen oder an Wahnwitz zulegen, ist in der gebotenen Weise aber erstens fern vom eigentlichen «Schmitz & Family»-Thema und zweitens schlicht zäh. Andere Male ist der Sketch zwar kurz, jedoch steuert er in diesen Fällen oft auf eine "Plottwistpointe" zu, die sich meilenweit im Voraus ankündigt – etwa direkt beim allerersten Sketch, in dem ein Vater versucht, Alexa dazu zu bringen, die richtige Musik abzuspielen. Wir verraten an dieser Stelle nicht, wieso Alexa nicht so reagiert, wie vom sprachgesteuerten System gewohnt – wir sind sicher, der Groschen wird auch so früh genug fallen.

Das allergrößte Problem von «Schmitz & Family» ist jedoch weder das schwache Timing der meisten Sketche (eine kleine Handvoll zündet dann doch), noch ist es die durchschaubare Struktur der Sketche. Es ist auch nicht die gruselige Rentnermaske, die Ralf Schmitz in manchen Sketchen trägt. Es sind die ungeheuerlich nervigen, jegliche Luft aus dem komödiantischen Raum saugenden Lacher, die unter die Sketche gelegt wurden. Laut RTL-Angaben wurden die «Schmitz & Family»-Sketche dem Studiopublikum von «Hotel Verschmitzt – Auf die Ohren, fertig, los!» gezeigt und im Fernsehen seien nun "die Originallacher des Publikums" zu hören, und zwar "an den Originalstellen".

Sollte dem wirklich so sein (was wir enorm bezweifeln), fragen wir uns aber, wie sehr am Lautstärkeregler gedreht wurde oder ob dem Publikum Lachgas oder ähnliches verabreicht wurde, denn in der fertigen «Schmitz & Family» lachen sich Menschen an Stellen die Stimmbänder wund, an denen noch gar nichts lustiges passiert ist. So wird direkt zu Beginn der ersten Folge der Satz "Alexa, spiel 'I Cann See Clearly Now' von Johnny Nash" mit heiterem Gebrüll begrüßt, das selbst den enorme Publikumsreaktionen gewohnten «The Big Bang Theory»-Cast irritierenden würde.

Einige Minuten später lacht sich irgendwer kaputt, als in einem anderen Sketch gesagt wird: "35 Prozent der Paare mit Kindern haben keinen Sex mehr" und wiederholt wird das Sketchende von frenetischem Applaus begleitet, ganz gleich, ob der Sketch nun mit einer Pointe endet oder eher ausplätschert. Und das sind keine Ausnahmefälle: Die gesamte Sendung wird durch unerklärliche, übertriebene Lacher aufgebrochen. Oder besser gesagt: Zerstört.

«Schmitz & Family» wäre ohne diese völlig übertriebenen, druntergemischten Lacher eine schwache Sketchcomedy – mit ihnen wird das neue RTL-Format allerdings zum reinsten Nervensägewerk. Schade um Schmitz' Talent.

«Schmitz & Family» ist donnerstags ab 22.15 Uhr bei RTL zu sehen.

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Quotermain
31.01.2019 09:08 Uhr 1
Vielleicht schaut Herr Schmitz mit schlechten Witzen und lauten Konservenlachern auf sein Publikum herab und denkt, daß er damit so durchkommt?



oder....vielleicht kann Herr Schmitz beim Thema Familienleben gar nicht so genau mitreden, s.d. er und sein Team angegraute Stereotypen auspacken, die wie Loriot/Sketchup und die Camper wirken, nur halt nicht gut?
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