Popcorn & Rollenwechsel

Die «Pirates of the Caribbean» segeln wieder

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Ein Seebär erzählt vom Spatzen: Unser Filmkolumnist hat den ersten Trailer zu «Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales» gesehen und, zack, schon hat ihn wieder das Piratenfieber gepackt!

Alte Liebe rostet nicht. Am wenigsten, wenn sie aus echter Seefahrerromantik herrührt. Ja, dann steht man halt nach vielen Jahren der Sehnsucht am Rande einer grünen Insel und schaut erwartungsvoll gen Horizont, hoffend, seine große Liebe wiederzusehen, die mal eben für eine gefühlte Ewigkeit sonst wo war. Dieses Emotionen aufwühlende Warten gehört für uns halt dazu. Das kann nicht jeder verstehen. Andere führen lieber eine Fanehe mit dem dauerpräsenten Fußballsport. Oder mit dem 'Marvel Cinematic Universe', das sich nicht nur jedes Jahr zu Wort meldet, sondern ab 2017 häufiger als jedes andere Hollywood-Franchise (nämlich drei Mal pro Jahr)!

Ich alter Piratennarr musste da viel länger warten. Aber ich will mich nicht beklagen. 2011, vor nunmehr fünf Jahren, segelte das von mir so geliebte «Pirates of the Caribbean»-Franchise auf und davon. Es hinterließ uns den «Fremde Gezeiten» untertitelten vierten Teil, spülte damit über eine Milliarde Dollar in die Kinokassen, spaltete die Gemüter und verschwand. Jetzt kann die Filmreihe wieder gesichtet werden, sie fährt langsam auf uns zu: In der Nacht vom 2. auf den 3. Oktober tauchten endlich wieder die Segel des alten Disney-Windjammers am Horizont auf. Denn der Trailer zu Teil fünf, «Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales» ließ sich blicken – und schon fühle ich mich wieder wie eh und je, wenn sich diese von seltenen, aber intensiven Begegnungen geprägte Beziehung in den Vordergrund meines Alltags drängt.



Wie es halt so ist bei Fernbeziehungen … Wenn man sich wiedersieht, steht an vorderster Front die Frage: Was hast du dich denn verändert? Der Trailer zu «Pirates of the Caribbean: Dead Men Tell No Tales» (oder wie ihn grob geschätzt 98,4 Prozent der deutschsprachigen, filmguckenden Bevölkerung nennen wird: «Fluch der Karibik 5») kommt aus, ohne uns nur einmal Käpt’n Jack Sparrow in Fleisch und Blut zu zeigen. Eine wohlüberlegte Reaktion der Disney-Marketingmaschine auf Johnny Depps lange Riege an Flops (inklusive Disneys untergegangenes «Alice im Wunderland»-Sequel)? Eine panische Reaktion auf Depps zuletzt nicht gerade makellosen Stand in der Presse? Eine Reaktion darauf, dass ein häufig geäußerter Kritikpunkt an «Fremde Gezeiten» lautete: Zu viel Jack?

Die ersten zwei Fälle würden bedeuten, dass der Trailer nicht unbedingt repräsentativ für den Film sein muss. Der letzte Fall wäre da schon deutlich spannender, denn es könnte sein, dass die reduzierte Sparrow-Dosis auch auf den Film zutrifft, und nicht nur auf den Trailer. Und obwohl ich das „Zu viel Jack“-Problem mit «Fremde Gezeiten» nicht hatte, so würde ich das nur begrüßen. Denn seit jeher predige ich, dass das gesamte «Pirates of the Caribbean»-Universum interessant ist. Eine überhöhte Abenteuerwelt, in der sämtlicher Seemannsgarn wahr ist und bei allen schaurigen Gefahren alles auch eine Spur intensiver, bunter, schriller ist. Da lassen sich weitaus mehr Geschichten erzählen als nur Sparrow-Eskapaden. Es war einst ein Videospiel in Arbeit, das dies intensiv ausgelotet hätte, dann aber gekippt wurde. Wenn «Dead Men Tell No Tales» die Machtverhältnisse „Sparrow gegen den Rest der Welt“ neu verschiebt und vielleicht der im Trailer eingeschüchterte Brenton Thwaites stärker im Mittelpunkt steht … Dann könnte sich «Pirates of the Caribbean» womöglich endlich (wieder) öffnen und als Franchise über einen Seefahrerkosmos wahrgenommen werden, statt als „Die Käpt’n-Jack-Sparrow-Show“.

Eines der bislang raren Darstellerstatements zum Film gießt Öl in meine Spekulationen: Neuzugang Kaya Scodelario («Maze Runner»-Franchise) gab ebenso wie Rückkehrer Orlando Bloom vor einiger Zeit zu Protokoll, dass dieser Film ein sanftes Reboot darstellen wird, als Versuch, neue Storyfäden zu beginnen und alte abzuschließen. Hinter den Kulissen hat sich bekanntlich auch einiges geändert: Nach Gore Verbinski (Teil eins bis drei) und Rob Marshall inszenieren nun Joachim Rønning & Espen Sandberg («Kon-Tiki»), in Hans Zimmers Komponistenfußstapfen tritt Geoff Zanelli, der Zimmer bereits wiederholte Male unter die Arme griff. Und das Drehbuch kommt erstmals ohne die direkte Beteiligung von Terry Rossio und Ted Elliott aus.

Der tonale Mix scheint, auf den ersten Blick, aber bestehen zu bleiben. «No Country for Old Men»- und «Skyfall»-Fiesling Javier Bardem trifft im Trailer den Nagel auf den Kopf, ist einschüchternd, aber humorvoll. Mehr ein Barbossa-trifft-Davy-Jones als ein Blackbeard (der bislang langweiligste Schurke der Filmreihe). Und sonst? Naja, dafür ist das Schiff noch nicht nah genug an meinen Aussichtspunkt herangesegelt, um noch viel mehr auszumachen. Nur eines kann ich von hier aus erkennen: Hübscher neuer Totenkopf, Darling. Ich hoffe, du bringst ihn mir als Shirt mit! Sonst wird unser Wiedersehen allem zum Trotz unter erzürnten Vorzeichen stehen …

Anmerkung: Kurz nach Veröffentlichung dieser Kolumne wurde der Filmtitel offiziell in «Pirates of the Caribbean: Salazar's Revenge» umbenannt. Was sich halt so alles bei einer Seefahrtsfernromanze alles überraschend ändert ...

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