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Daniel Budiman: 'Wir machen das, was sich viele nicht trauen'

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Im Interview mit Quotenmeter.de spricht Daniel Budiman, Mitgründer und Gesellschafter von Rocket Beans Entertainment und ehemaliger „Game One“-Moderator, über die Pläne des neuen Internetsenders „RocketBeans TV“ und das Ende von «Game One».

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Zur Person: Daniel Budiman

Daniel Budiman, der vielen Leuten unter dem Spitznamen "Budi" bekannt ist, wurde am 25. Mai 1983 geboren, wuchs in Bad Oeynhausen auf und machte dort sein Abitur. Zwischen August 2003 und März 2006 arbeitete er für den Fernsehsender GIGA, wo er «GIGA Games» und «GIGA eSports» präsentierte. Ab September 2006 engagierte sich Budiman mit seinem Kollegen Simon Krätschmer als Produzent und Moderator für das Gaming-Magazin "Game One", das zunächst nur bei MTV zu sehen war, bis zum Ende des Formats am 24. Dezember 2014 jedoch auch auf den anderen Viacom-Sendern Comedy Central und VIVA gesendet wurde. Als Mitgesellschafter der Produktionsfirma Rocket Beans Entertainment verantwortete er nicht nur «Game One», sondern ab dem 15. Januar auch den Internet-Sender RocketBeansTV mit.
Welche neuen Formate werden außerdem zu sehen sein? Womit plant ihr in der Anfangszeit fest?
Es wird ein klassisches Abend-Format geben. Wir sind derzeit noch in der Formatierung und Konzeptionierung, die wir in den nächsten Tagen und Wochen offiziell verkünden werden. Es gibt das Format «Bohn Jour», unsere unkonventionelle Antwort auf eine Late Night-Show. Darin tauchen dann alle Nerd-Themen auf. Auch weitere gesellschaftliche Themen werden besprochen - wir werden alles abfeuern, was gerade aktuell ist. Außerdem gibt es darin auch Informationen zum Sender und das Format fungiert als Feedback-Kanal. „Was ist passiert? Was sollte passieren? Was wollen Zuschauer vielleicht haben?“ Da werden wir entsprechend interaktiv unterwegs sein. Das ist so etwas wie das Anker-Format des Senders.

Es wird selbstverständlich viele Gaming-Formate geben. Das ist das, was wir lieben. Wir werden viel mit der Community spielen und eigene Spiel-Formen entwerfen. Twitch ist ein Channel-Anbieter, der den Schwerpunkt auf Gaming setzt, der Erfolg spiegelt sich dabei nicht nur in den Zahlen wieder, sondern auch in der aktuellen Popkultur. Spiele sind wesentlich größer als sie immer noch von den klassischen Medienschaffenden betrachtet werden. Diese Kernkompetenz von uns werden wir weiter bedienen, aber das Gleiche gilt für Filme und Musik. Wir werden sehr wahrscheinlich ein Musik-Format präsentieren. Auch «Kino+» mit Daniel Schröckert, Andreas Bardét und Etienne Gardé und unser "Fernsehgarten" werden weitere Folgen erhalten, wir decken alle Nerd-Themen ab. Als Formel kann man es so sehen: Der RocketBeans-Channel ist wie das Internet – dynamisch. Mit der Zeit wird sich der Sender definitiv verändern. Es wird jedoch immer feste Formate geben, die dann mit der aktuellen Themenlage in den Gebieten mitwachsen.

An diesem Wochenende wird es bereits ein neues Format geben, in dem es eher um die Menschen geht (lacht). Das ist eine Art Sozialprojekt zwischen uns. Es geht um (vorerst unsere) Freundschaft, um soziale Beziehungen und das Format heißt «Mate Knights».

Über "deineshow@rocketbeans.tv" habt ihr euren Fans und Zuschauern auch angeboten Sendungsideen einzuschicken und ihnen die Chance eingeräumt damit selbst auf rocketbeans.tv zu laufen. Was hat es damit auf sich und wie ist diesbezüglich der neueste Stand?
Wir agieren nur halbwegs wie ein klassischer Sender und wollen das auch nicht sein. Das Internet und die Geschwindigkeit, die damit einhergeht, gebietet das nicht. Wir werden im steten Wandel sein und was hierbei relevant sein wird, sind die Kooperationen mit unterschiedlichen Content Creators. Wir werden sehr bald rausgehen und sagen, wer bei dem Sender definitiv mit dabei ist. Es gibt hierzu eine feste Formatierung in der Woche, die nennt sich «Deine Show». Da können sich Content Creator bewerben, egal welcher Coloeur - vollkommen irrelevant, ob das supererfolgreiche YouTuber sind oder Leute, die 20 Views auf ihrem Channel haben. Die bewerben sich ganz klassisch per Mail und sagen: „Hier, das ist meine Vorstellung von Thema XY. Habt ihr Bock darauf?“ Dann werden wir das einfach testen. Wenn es mit unserem Grundgedanken einhergeht, werden wir dementsprechend die Sachen abfeuern und gucken, ob das gut ankommt.

Wir sind sozusagen eine Adresse für Nerd-Kultur, die im Netz agiert, bei der das Handwerk auch bestenfalls so gut ist, dass es im Fernsehen laufen könnte. Oft kriegt man diese Chance aber nicht, weil vieles zu festgefahren ist. Es gibt zu viele Konventionen im Fernsehgeschäft.
Daniel Budiman über 'Deine Show@RocketBeans.tv'
Wir sind sozusagen eine Adresse für Nerd-Kultur, die im Netz agiert, bei der das Handwerk auch bestenfalls so gut ist, dass es im Fernsehen laufen könnte. Oft kriegt man diese Chance aber nicht, weil vieles zu festgefahren ist. Es gibt zu viele Konventionen im Fernsehgeschäft. Wir planen viele Kooperationen, die wir diese Woche bereits verkünden wollen. Wir sind mit vielen großen YouTubern im Gespräch und auch mit den klassischen Fernsehanbietern, die bereits wunderbaren Content erzeugt haben. Auch die sind auf der Suche nach frischen Plattformen, wo man einfach mal ausprobieren kann. Das ist unser Ansatz. Erstmal machen und dann schauen, was daraus passiert (lacht).


Wie viel Sendezeit sollen solche aus Kooperationen hervorgehende Produktionen denn einnehmen?
Es wird erstmal einen festen Slot geben und aktuell ist es schon so, dass es relativ viele Anfragen gibt. Wir sind selbst etwas überrascht, wie viel positives und qualitatives Feedback wir diesbezüglich erhalten. Die Sendezeit wird generisch sein, je nachdem, wie stark die Formate sind. Bei Twitch können wir so etwas einfacher skalieren. Wenn in einer Woche mal ein Kollege da ist, der ein 90 Minuten-Format hat, aber das funktioniert sehr gut und macht sehr viel Spaß, dann wird das auch voll gezeigt. Es erfolgt danach immer der Hinweis, dass es mehr davon auf seiner persönlichen Plattform gibt. Wir agieren da anders als klassische Mutli-Channel-Networks und wollen keine Exklusiv-Rechte, denn die machen in unserem Kontext keinen Sinn. «Deine Show» wird dementsprechend so lang sein, wie es das Format braucht. Das können auch mehrere Formate sein. Je mehr passende Vorschläge wir kriegen, desto höher wird auch die Sendezeit dessen werden. Im Moment haben wir es erst einmal für einen Abend in der Primetime eingeplant. Wenn es aber so weitergeht, wie es aktuell ist, dann werden wir dafür mehr Zeit frei machen und das werden wir dann auch transparent kommunizieren. Es ist ein bisschen absurd, weil wir auf klassische Senderstrukturen in einer längerfristigen Planbarkeit verzichten, das ist aber der Dynamik des Internets geschuldet. Wir wissen nicht, ob das klappt, denn Strukturen und passive Sehgewohnheiten geben Sicherheit.

Ankerpunkte sind nach wie vor unsere eigenen Formate, auch eine App mit ein paar netten Features ist geplant, wo man nach persönlichen Vorlieben Notifikationen erhält, wann welche Sendung läuft.


Zwar habt ihr schon einigen Content auf YouTube, allerdings wird es trotzdem schwer, jeden Tag 24 Stunden bei Twitch zu füllen. Wie werdet ihr das in der Anfangszeit trotzdem schaffen? Setzt ihr zum Beispiel auf Wiederholungen, wenn ja, auch langfristig?
Das Ziel ist es, so gut wie es geht, immer frischen Content parat zu halten. Wir starten mit einer Live-Strecke täglich von ungefähr 19 bis 23 Uhr. Natürlich werden wir zum Start, auch weil die Zeitspanne nach der Ankündigung recht kurz war, auf Wiederholungen setzen. Aber das wird so schnell wie möglich durch die angepeilten Kooperationen aufgefüllt. Je nachdem, wie erfolgreich wir mit dem Sender sind, wollen wir auch mehr Live-Content produzieren. Es werden viele Live-Strecken aus unserem Haus produziert werden, mittelfristig ist auch geplant, dass wir einfach mal mitten in den Prozess hineinspringen. Das ist etwas, was ebenfalls in den Grundpfeilern von „RocketBeansTV“ drinsteckt. Der Produktionsprozess ist eigentlich wichtiger als das Endprodukt. Deshalb wird es auch vorkommen, dass wir am Vormittag und Mittag live darauf umschalten, wie wir uns gerade für den Abend vorbereiten. Wir lassen die Zuschauer an der Art und Weise, wie wir diesen Sender aufbauen, teilhaben. Man soll tatsächlich die Möglichkeit haben, dabei zu sein - ob wir daran scheitern oder erfolgreich sind. Das wissen wir selbst nicht 100-prozentig. Dennoch werden wir versuchen, mit so viel Herzblut und so viel Spaß an die Sache heranzugehen, dass es ansteckend ist. Die Leute sollen erkennen, dass es tatsächlich eine große Chance ist, daran zu partizipieren, um dann vielleicht daraus irgendwann etwas Größeres zu schaffen. Wir werden einige alte erfolgreiche Produktionen wiederholen, aber so wie es sich jetzt in der ersten Januarwoche ergeben hat, sind sehr viele Leute dabei, für deren Kreationen wir der Abspielort sein wollen und werden.

Rocketbeans.tv war bereits als YouTube-Channel sehr darauf bedacht, seine treue Community stark miteinzubeziehen. Welche Möglichkeiten werden die Zuschauer haben, mit euch zu interagieren?
Ganz wichtig ist dabei das Feedback. Wir haben gerade in den letzten Wochen das Netz durchforstet und geschaut, was die Leute hoffen und woran sie Kritik äußern. Eine andere Frage war, ob wir das überhaupt schaffen, 24 Stunden täglich zu senden. Wir planen im Hintergrund sehr viele interaktive Formate, bei denen wir allerdings erst im Prozess schauen müssen, ob wir aufwändigere Sachen, die oftmals die Möglichkeit zur Interaktion bringen, zeitlich gewuppt kriegen. Aber gerade in den Live-Fenstern zum Start werden wir viele Interaktionsmöglichkeiten parat halten. Es gibt den Klassiker, wo wir mit und gegen die Community Videospiele spielen.

Wir wollen den Leuten mit dem Einblick in die Produktion der Beiträge und MAZen ein Verständnis für die Wertigkeit des Handwerks geben. Wertiger zu produzieren bedeutet mehr Arbeit. Gerade im Bewegtbild ist der Zuschauer normalerweise gewohnt, alles umsonst zu kriegen. Das ist etwas, wofür wir eine verstärkte Sensibilität bewirken können, indem wir den Prozess abbilden.
Daniel Budiman über einen Teil der Inhalte bei RocketBeansTV
Es gibt auch noch andere Plattformen, vor allem im Rahmen von Spielen, mit denen die Interaktion ohnehin stark einhergeht, zum Beispiel bei „Minecraft“. Auch da haben wir Ansätze ausgearbeitet, die es in der Form noch nicht gibt, als eine Art Show-Programm. Darauf bereiten wir uns vor und das wird zum Senderstart leider noch nicht vorhanden sein, auch wenn wir uns extrem darauf freuen. Sonst sind wir sehr darauf bedacht, dass Zuschauer auch Themenvorschläge mitgestalten können, die Gesprächskultur steuern und Teil des Senders werden können. Das ist etwas, was wir und die Community uns ganz oft gewünscht haben. Zum Beispiel bei «Almost Daily», in dessen Rahmen wir auch Live-Formate machen werden, in denen Community-Mitglieder mit am Tisch sitzen sollen – erst mal nur digital. Bei «Pen-and-Paper», das bereits zwei Mal stattfand, soll die Interaktionsmöglichkeit ebenfalls stärker werden. Ziel ist es so interaktiv wie möglich zu sein, ohne dabei in die Klischeesprache der klassischen Fernsehlandschaft zu geraten.

Außerdem wollen wir den Leuten mit dem Einblick in die Produktion der Beiträge und MAZen ein Verständnis für die Wertigkeit des Handwerks geben. Wertiger zu produzieren bedeutet mehr Arbeit. Gerade im Bewegtbild ist der Zuschauer normalerweise gewohnt, alles umsonst zu kriegen. Das ist etwas, wofür wir eine verstärkte Sensibilität bewirken können, indem wir den Prozess abbilden.


Ihr seid in Bezug auf eure Channel-Abonnenten weit entfernt von Deutschlands Spitzenkanälen auf YouTube, trotzdem habt ihr es geschafft, eine Community aufzubauen, die euch regelmäßig bis an die Spitze der Twitter-Charts bringt und damit auf Augenhöhe der meistgesehenen YouTuber Deutschlands. Was ist deine Erklärung dafür, dass ihr eine derart aktive Community um rocketbeans.tv und „Game One“ aufgebaut habt?
Ich glaube wir haben eine sehr starke Community-Bindung, weil wir schon so unglaublich lange senden (lacht). Wenn ich an Etienne (Gardé, Anm. d. Red.) denke: Der ist, glaube ich, seit 15 Jahren im Fernsehgeschäft und seit jeher auch explizit im Internet unterwegs. Unsere Gesichter sind doch schon sehr penetrant über die Bildschirme geflattert, sei es im klassischen Fernsehen oder auf Internetplattformen. Viele Leute sind mit uns aufgewachsen und unsere Zielgruppe ist sehr stark mitgewachsen. Unsere eigenen Zahlen besagen, dass das Durchschnittsalter in unserer Community 28 Jahre ist. Wir filmen uns einfach, wie wir Sachen machen und wie wir im Prozess stehen. Ich glaube, das ist ein Unterschied zu vielen YouTubern, wo es vielleicht eher um die Eigeninszenierung geht, ohne es unbedingt wertend zu meinen.

Wir sind vielleicht auch einfach ein bisschen erfahrener und haben sehr viel Lebenszeit damit verbracht, dass Kameras auf uns gerichtet sind. Was das angeht, sind wir einfach ruhiger geworden. Das ist auch der Grund, warum viele Leute damals nach GIGA und GIGA Games drangeblieben sind. Darauf werden wir noch immer häufig angesprochen. Ich glaube, dass wir starke Aggregatoren und Influencer sein können, aber wirklich genutzt haben wir das noch nie. Nie haben wir es wirklich auf die Spitze getrieben, bzw. ein eiskaltes Geschäft daraus gemacht – auch das ist das, was YouTube gerade macht. Wir wollen Inhalte kreieren und damit auch Geld verdienen, aber eben nicht auf Teufel-Komm-Raus. Deswegen achten wir darauf, dass wir uns stets selbst treu bleiben. Viele Leute verstehen das, begleiten uns auf der Reise und haben auch schon gesehen, wie wir auf die Fresse gefallen sind, aber das gehört eben dazu – da sind wir auch ziemlich gut drin. Aber noch besser sind wir im Aufstehen und Weitermachen.

Viele wirklich gute YouTuber haben auch immer wieder gesagt, dass sie mit uns aufgewachsen sind. Das ehrt uns total. Wenn Leute, die eine unglaublich hohe Reichweite generieren, einem sagen, dass sie mit uns aufgewachsen sind und Bock haben etwas mit uns zu machen, dann ist das für uns wie ein Ritterschlag. Das macht uns stolz und vielleicht auch ein bisschen sentimental.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie RocketbeansTV sein Geld investiert hat, wie rentabel Twitch ist, ob sich «Game One»-Charaktere in RocketBeansTV wiederfinden und wie es zum Ende von «Game One» kam.


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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Chris_23
14.01.2015 16:13 Uhr 1
Sehr ausführliches Interview! Danke dafür :D
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