Kino

Cinema International: Fünf Länder, fünf Geheimtipps

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Quotenmeter.de lädt auf eine filmische Weltreise ein. Fünf cineastische Kleinode, die jetzt schon oder demnächst die deutschen Leinwände erobern und aus Filmmärkten stammen, die nicht die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erlangen.

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«Ein Schotte macht noch keinen Sommer» (Schottland)
Bevor die britische Aktrice Rosamund Pike für den David-Fincher-Meisterthriller «Gone Girl» vor der Kamera stand, begab sie sich mit ihren Schauspielkollegen Billy Connolly («Der blutige Pfad Gottes») und David Tennant («Harry Potter und der Feuerkelch») in die schottischen Highlands, um unter der Regie der beiden Comedy-Veteranen Andy Hamilton und Guy Jenkin ein ebenso abwechslungsreiches wie originelles Familienstück zum Besten zu geben. Das Besondere am Drehbuch von «Ein Schotte macht noch keinen Sommer», der im Original den simplen Titel «What We Did on Our Holiday» trägt, ist das Spiel mit der Erwartungshaltung.

Wenngleich die Drehbuchautoren ein äußerst simples, gar durchschnittskomödienkonformes Szenario einer Familienfehde entwerfen, bewegt sich ihr Streifen nie so vorhersagbar voran, wie es herkömmliche Hollywood-Durchschnittsware tut – oder eine konventionelle englische Komödie. Angefangen bei der Figurenzeichnung, bei der das vermeintliche Protagonistenpärchen alsbald in den Hintergrund dreier Jungdarsteller rückt, über das Setzen eines überraschend andersartigen Schwerpunktes bis hin zum konsequenten Verweigern von Stereotypen und Klischee-Handlungssträngen eröffnet «Ein Schotte macht noch keinen Sommer» ein wahres Auf und Ab an emotionsgeladenen Dialogen, gepaart mit einer ordentlichen Portion Lebensweisheit, trockenem Humor und wohldosiertem Slapstick. Doch auch die Klassifizierung „Tragikomödie“ täte der Produktion Unrecht.

Wie Filmemacher Hamilton in einem Interview zu Protokoll gibt, läge der Schlüssel zum Erfolg seines Projekts darin, „Anarchie nur in kleinen Portionen zuzulassen“. Und das sieht man: Im intuitiven Zusammenspiel sämtlicher Darsteller, insbesondere der Kinder, bleibt zwar nichts dem Zufall überlassen; gleichzeitig erhalten die Akteure innerhalb des feststehenden Storygerüsts ebenjenen Raum zur zwanglosen Interaktion, die es braucht, um beim Zuschauer wahres Mitgefühl hervorzurufen. Der Spagat zwischen grobmotorischem, unbedarftem Witz und dem Gespür für zwischenmenschliche Feinheiten macht «Ein Schotte macht noch keinen Sommer» in seiner Art einzigartig – und eben das ist es, was auch auf die Geschichte an sich zutrifft.
«Ein Schotte macht noch keinen Sommer» startet am 20. November 2014 in den deutschen Kinos.

«Borgman» (Niederlande)
Home-Invasion-Thriller trifft bittere Sozialkritik trifft atmosphärisch dichte Parabel über das Böse in und um uns: Regisseur Alex van Warmerdam lässt in «Borgman» den ungepflegten Landstreicher Camiel Borgman (Jan Bijvoet) das Idyll einer wohlhabenden Familie in einem noblen Vorstadtviertel heimsuchen. Zunächst erzürnt er Richard (Jeroen Perceval), den Herren des Hauses, dann redet er dessen Gattin Marina (Hadewych Minis) ein mieses Gewissen ein, so dass sie ihm Obdach gewährt. Alsbald sorgt seine bloße Präsenz für Ehestreit, und obendrein übt er einen schwer zu benennenden Einfluss auf die Kinder und deren Nanny aus. Dieser mysteriöse Borgman hat es schwer auf dem Kerbholz, das wird rasch klar …

So sehr van Warmerdam mit den Ängsten vom boshaften Fremden im eigenen Heim spielt, lässt er in seinem perfiden, mit quälender Ruhe erzählten Thriller auch keine Gelegenheit aus, die Verlogenheit der oberen Mittelschicht zu enttarnen. Denn der durch die prägnant ausgeleuchtete Szenerie und bewusste Lücken in der Narrative eine surreale Ausstrahlung gewinnende Film ergötzt sich daran, die Grenzen zwischen Opfer und Täter zu verwischen. Gewiss, Borgman und seine (wortwörtlich wie sprichwörtlich) aus dem Boden sprießenden Komplizen haben nichts Gutes im Sinn, gleichwohl zwingen sie die Familie rund um Richard und Marina nicht dazu, sich das Leben zur Hölle zu machen. Sie kitzeln nur die Aggressionen in den Familienmitgliedern wach. So kühl erzählt wie hier, mit so lang nachhallenden Fragen, die hier aufgeworfen werden, ergibt dies eine packende, unwirkliche und kurioserweise gerade daher so nahegehende Sozialstudie im Gewand eines Thrillers für das denkende Publikum. Genial!
«Borgman» ist aktuell in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.


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Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Fred
17.10.2014 23:47 Uhr 1
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