Sie wirken wie ein Relikt aus einer vergangenen Zeit, als die Grenzen des Funkspektrums auch noch inhaltliche Grenzen bedeuteten und man irgendwie sicherstellen musste, dass auch bei nahezu marktbeherrschenden kommerziellen Rundfunkangeboten ein Minimum an Information abseits von Boulevard und Infotainment stattfand.
Die Zeiten haben sich freilich geändert. Die Möglichkeiten der digitalen Verbreitung haben die Senderzahl, die ein Haushalt empfangen kann, vervielfacht; von der Vermehrung des Gesamtangebots angesichts nonlinearer Verbreitungswege einmal ganz zu schweigen.
Wieso um alles in der Welt verdonnert man RTL und Sat.1 also auch im Jahre 2014 immer noch dazu, größtenteils heillos unprofitable, aber teure Formate zu zeigen, die in einigen Fällen nur ein verschwindend geringes Publikum erreichen?
Das Ziel dieser Maßnahme ist es, für eine größere Meinungsvielfalt im Programm jener Sender zu sorgen. Ob das gelingt, darf bestritten werden. Schon vor fast zehn Jahren ließ sich der Ex-Sat.1-Geschäftsführer Roger Schawinski in seinem Buch „Die TV-Falle“ seitenweise über seine Auseinandersetzungen mit dctp-Chef Alexander Kluge aus und beklagte vor allem, dass die Verpflichtung seines Senders, diese Programme zu zeigen, im Endeffekt keinerlei Sinn erfüllte. Erstens hat die meisten kein Mensch je gesehen. Zweitens waren «Weck up» und das «Sat.1-Morgenmagazin» oder «Planetopia» und das damalige «Galileo» inhaltlich kaum voneinander zu unterscheiden. Und drittens kommen die meisten dieser Produktionen von einer Hand voll Firmen, was dem Anspruch an Vielfalt trivialerweise zuwider läuft.
Bei weitem nicht alle Formate in der Riege der Drittsendelizenzen können die hohe inhaltliche Qualität aufweisen, mit denen ihre Notwendigkeit im Infotainment-Umfeld oft begründet wird. Sicher: «Ten to Eleven» hat man als Intellektueller mit einem Hang zum Wahnsinn immer gerne gesehen. «Stern tv» oder «Planetopia» sind dagegen vielmehr solides Gebrauchsfernsehen. Dass das einen derart hohen qualitativen Beitrag zur Meinungsvielfalt beisteuert, dass man private Unternehmen in ihrer Handlungsfähigkeit beschneidet, darf bezweifelt werden.
Am Schluss wirkt diese Regulierung wie ein Relikt aus fernen Tagen, das den Privatsendern von heute aber immer noch hohe Kosten aufbürdet und allzu oft den Audience Flow zertrümmert.
Zumindest letzterem könnte man vorbeugen, wenn man es den Sendern wenigstens freistellen würde, auf welchen Slots sie ihre Zwangssendungen zeigen. Würde man sie gleich noch den Verbreitungsweg wählen lassen und ihnen somit die Option eröffnen, die etwas, nun ja, sonderbareren Formate allein online zu verbreiten (wo sie ihre Zuschauer wohl eben so gut oder schlecht finden würden wie derzeit im linearen Fernsehen), wäre das wohl noch fortschrittlicher.
Aber fortschrittlich und Regulierungsanstalten – das ist ja so eine Sache. Vor allem, wenn die meisten Statuten so klingen, als hätte sie noch Adenauer persönlich verfasst.
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