Meinungen

Das Menschliche und Herzliche kam nie zu kurz

von

Mit Jochen Starke verlässt ein besonderer Medienmacher die große Fernsehbühne. Dass die Gesellschafter von RTL II nun Mr. „ProSieben“ Andreas Bartl an Bord holen, hat Signalwirkung.

Gesellschafterstruktur RTL II

  • RTL Group (35,9 %)
  • Bauer Media Group (31,5 %),
  • Tele München Fernseh GmbH & Co Medienbeteiligungs KG (31,5 %). Die Tele München Fernseh GmbH & Co Medienbeteiligungs KG wird in gleichen Teilen von Herbert Kloibers Tele München und The Walt Disney Company gehalten
  • Hubert Burda Media (1,1 %)
Zugegeben: Das war ein echter Paukenschlag, der am Sonntagabend aus Grünwald nahe München kam. Jochen Starke ist raus bei RTL II – und damit verlässt ein wahres Urgestein den „Fun“-Sender. Künftig wird ein anderes Urgestein des deutschen Privatfernsehens das Sagen bei RTL II haben, nämlich „Mr. ProSieben“ Andreas Bartl. Der leitet dann in seiner Karriere schon den vierten Fernsehkanal, nach eben ProSieben, kabel eins und Sat.1 nun RTL II. Mit den Urgesteinen ist das immer so eine Sache. Es gibt gerade in unserer schnelllebigen Medienwelt nicht mehr allzu viele von ihnen – Sat.1-Chefs wechseln in aller Regel mindestens im Zwei-Jahres-Takt und auch sonst herrscht reger Wechsel auf Führungsebene. Da ist es schon etwas Besonderes, wenn man – wie Jochen Starke – zwei Jahrzehnte lang seinem Sender verbunden zeigt.

Über die Hintergründe seines Weggangs kann nur spekuliert werden; seitens des Senders ist von privaten Gründen die Rede. Starke selbst erklärte, er wolle sich vor allem um seine junge Familie kümmern. Starke war ein wahres Unikat unter den Fernsehchefs; er war kein Lautsprecher wie einst ein Dr. Georg Kofler, bei dessen Abgesang von Premiere ebenfalls der Verlust eines so genannten Urgesteins beklagt wurde. Starker war eher ein Macher – einer, der aber stets auf seine Art und Weise Profil zeigte.

Er hatte in vielen Fällen die Geduld, die bei anderen Kanälen oftmals angemahnt wird. Er blieb mit seinem damaligen Programmchef Holger Andersen entspannt, als «Berlin – Tag & Nacht» nach einigen Wochen immer noch unter Senderschnitt lief und wurde mit weit überdurchschnittlichen Quoten belohnt. Jüngst sprach der mit «X-Diaries» einer ebenfalls nicht rosig laufenden Scripted Reality sein Vertrauen für 80 neue Folgen einer sechsten Staffel aus. Das Menschliche und Herzliche kam bei ihm nie zu kurz. Einst eher als Mann mit dem Auge fürs Finanzielle bekannt, war er es zudem, der sich nach dem Weggang von Holger Andersen (danach wurde die Stelle des Programmdirektors nicht wieder besetzt) auch mehr und mehr um das Programm an sich kümmerte.

Kritikern, die den Zeigefinger heben und sagen, nach Andersens Ausscheiden bei RTL II hätten neue Impulse gefehlt, darf entgegen gebracht werden, dass die Quoten äußerst stabil blieben. Für diese neuen Impulse, die nun ganz sicher kommen werden, dürfte Andreas Bartl stehen. Die Frage ist, ob er auch hinter den Kulissen für ein neues RTL II steht. Bartl (Foto) gilt als absolut leidenschaftlicher Fernsehmacher – als jemand, der mit nervigen Heuschrecken-Investoren eigentlich nichts zu tun haben möchte.

Im Namen aller Gesellschafter von RTL II möchte ich mich bei Jochen Starke für seine Leistungen in der Führung des Senders bedanken und wünsche ihm für seine berufliche Zukunft alles Gute. Ich freue mich, dass mit Andreas Bartl ein versierter und kreativer TV-Experte die Leitung von RTL II übernimmt, der sowohl über eine profunde Kenntnis der deutschen Medienlandschaft als auch über eine langjährige Programmerfahrung verfügt.
Er kennt von seiner Zeit bei ProSiebenSat.1 aber ein Arbeiten, das ein anderes ist als beim kleinen und durchaus kuscheligen RTL II. Bei ProSiebenSat.1 ging es nicht um die Menschen, es ging schlicht um den Erfolg. Das ist bei RTL II anders und es wäre zu wünschen, dass das auch so bleibt.

Und was soll „Mr. ProSieben“ nun erreichen? Angesichts des äußerst prominenten Namens, den sich die RTL-Gruppe und die anderen Gesellschafter an Bord geholt haben, ist davon auszugehen, dass man in der Konzernspitze den Weg des Senders nach oben noch nicht zu Ende gegangen sieht. Neben neuen zündenden Ideen wird von Bartl wohl auch eine Steigerung der Marktanteile erwartet werden – also ein ernsthaftes Kopf-an-Kopf-Rennen mit VOX. Bartl vs. Reichart sozusagen.

Kurz-URL: qmde.de/70801
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelRelegation: Dino-Rettung sorgt für neuen Quoten-Rekordnächster ArtikelDeal geplatzt: Plazamedia geht nicht an Sky
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner Veit-Luca Roth

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung