Sonntagsfragen

«Add a Friend» im Free-TV 'schwer vorstellbar'

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Wir sprachen mit Regisseur Tobi Baumann und Schauspieler Friedrich Mücke über die neue Pay-TV-Serie. Baumann erklärt im exklusiven Interview, weshalb umfangreiche Planung vor dem eigentlichen Dreh diesmal so wichtig war.

Herr Mücke, auch Sie sind nun kein klassischer Seriendarsteller. Wie war es für Sie denn nun am Set von «Add a Friend»?
Mücke: Sehr spannend. «Add a Friend» ist meine erste Serie. Ich bin beeindruckt davon, wie kompakt und konzentriert dort gearbeitet wurde. Man hatte immer das Gefühl, dass das Team ganz besonders eng zusammensteht, um das Projekt durchzuziehen.

Herr Baumann, Sie sind der Regisseur. Hat Sie das Buch nicht auch ein bisschen abgeschreckt? Sie haben Computer, ein Krankenzimmer, ein Büro, ein Zimmer eines durchgeknallten Teenies…
Baumann:
Tja, echte Traumdrehorte... „The Story of my life“ (lacht): Nein, ernsthaft. Wenn es mir darum ginge, als Regisseur stets vor schönen und atemberaubenden Kulissen zu drehen, dann hätte ich wohl gerade die 20. Folge des «Traumschiff» abgedreht und würde vermutlich irgendwo in Mexiko sitzen. Bei «Add a Friend» hat mich aber eben das Konzept sehr viel mehr interessiert.

Was aber bleibt, ist, dass die Schauspieler in der Serie nicht mit Menschen interagieren, sondern eigentlich nur mit dem Computer.
Baumann:
Wie wir das herstellen, darüber haben wir uns lange Gedanken gemacht. Ich musste Friedrich Mücke und allen Schauspielern versprechen, dass sie wirklich spielen können und wir beim Drehen die Technik nicht in den Vordergrund stellen. Es gibt zwar bei «Add A Friend» nur zwei, wie ich sie nenne „Objektivsets“, in denen wir mit der Kamera sind. Alle anderen Figuren finden mehr oder weniger ausschließlich auf dem Computerbildschirm statt. Trotzdem haben wir das Ganze so hergestellt, dass sich die Schauspieler über ihre Computer auch wirklich sehen und hören und so miteinander spielen konnten. Ich glaube, dass es sonst auch nicht möglich gewesen wäre, zwölf Minuten am Tag in dieser Qualität herzustellen.

Herr Mücke, Sie spielen einen, wie soll man das nennen, Bänker, Investment-Menschen …
Mücke:
… nennen Sie es ruhig „Heuschrecke“.

Das passt, ja. Freuen Sie sich schon, wenn Sie demnächst wieder ans Set von «Add a Friend» zurückkehren, oder haben Sie auch Respekt vor dem enormen Pensum?
Mücke:
Die Freude überwiegt ganz klar. Ich habe die Bücher für die zweite Staffel noch nicht gelesen – das ist übrigens das erste Mal bei mir, dass ich das so mache. Das liegt daran, dass ich einfach weiß, dass die Bücher auch diesmal wieder grandios sein werden.

Wäre «Add a Friend» auch im Free-TV möglich gewesen?
Baumann:
Schwer vorstellbar. Ich stelle mir vor, ich sitze also einem Senderredakteur gegenüber und sage ihm: Wir machen zehn Folgen mit einer Hauptfigur, die im Krankenbett liegt und in Folge acht das erste Mal daraus aufsteht. Genau an diesem Punkt wäre das Gespräch vermutlich beendet gewesen. TNT Serie aber hat genau dort gesagt: Hey, das finden wir richtig gut.

Sie bedienen sich, anders als zum Beispiel Showtime-Serien, aber regelmäßig am Ende einer Episode eines Cliffhangers.
Baumann:
Das ist richtig, den wird es geben, und am Ende der ersten Staffel sogar einen richtig heftigen, einfach weil wir das gut finden. TNT Serie hat uns wirklich freie Hand gelassen. Wir werden in «Add a Friend» auch nicht alles erklären, die Zuschauer sollen ruhig mitdenken.

Es gibt bei Showtime eine Serie, die heißt «Web Therapy» und arbeitet ebenfalls viel mit Webcams. Haben Sie sich in Vorbereitung Ihrer Regiearbeit davon inspirieren lassen?
Baumann:
Ich kenne die Serie. Inspirieren lassen musste ich mich davon aber nicht, weil unsere Serie das Medium viel vielfältiger nutzt. Ich habe entdeckt, dass «Add a Friend» totales Ensemble-Fernsehen und eine richtige Schauspieler-Serie ist. Das Timing muss stimmen, um die Emotionen, die Comedy und auch die Spannung wirklich gut zu transportieren. Um das in diesem engen Zeitfenster wirklich hinzukriegen, mussten wir den Schauspielern beim Dreh perfekte Voraussetzungen schaffen.

Herr Mücke, wir hören also, dass das alles nicht so einfach war, unter anderem wegen der zwölf Minuten, die am Tag gedreht werden mussten. Wie haben Sie es empfunden?
Mücke:
Ich erinnere mich noch gut an einen ersten Testdreh im Studio. Der war für mich wirklich sehr irritierend. Das war aufregend, weil wir alle wirklich Schwierigkeiten hatten, miteinander zu spielen. Wir haben da erkannt, dass es eine große Herausforderung werden würde und waren somit noch sicherer, dass wir die Sets so öffnen müssen, dass wir uns hören und sehen. Dann habe ich den Spaß an der Sache sehr schnell entdeckt. Was richtig ist: Die gesamte Crew hat auf einem Schnelligkeitslevel gearbeitet, das ich so nicht kannte.

Baumann: Wir sprechen hier von zwölf Minuten am Tag, das ist drei Mal so viel wie man normalerweise on Location dreht. Wir orientieren uns aber nicht an den Produktionsmethoden von Soaps, sondern eher am Standard internationaler Serien. Das ist der Maßstab, den wir für uns anlegen. Deshalb mussten wir in der Produktion für Vieles neue und kreative Wege finden.

Herr Baumann, ich kenne die ersten Folgen und tue mir in einer Sache noch schwer. Was ist «Add a Friend»? Ein Drama? Eine Comedy sicherlich nicht, aber vielleicht eine Dramedy?
Baumann:
Man muss nicht alles immer kategorisieren. «Add a Friend» hat alles, was große internationale Dramaserien auch haben. Auch «Desperate Housewives» oder «Californication» lassen sich letztlich nicht genau irgendwo einordnen. Sie sind vielfältig. Und der Zuschauer heute ist ebenso vielfältig – er mag den Gemischtwarenladen. In «Add A Friend» gibt es viel zu lachen, emotionales Drama und auch eine sehr düstere mysteriöse Seite.

Vielen Dank für das Interview.

Eine umfassende Kritik zur neuen deutschen Serie lesen Sie ab Mittwochmorgen bei Quotenmeter.de

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