Die Kino-Kritiker

«Das gibt Ärger»

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Zwei zum Preis von einem: «Terminator: Die Erlösung»-Regisseur McG versagt mit «Das gibt Ärger» sowohl im Bereich Agenten-Action, als auch in Sachen Romantikkomödie.

Die eng befreundeten CIA-Agenten Tuck (Tom Hardy) und FDR (Chris Pine) vermasseln einen wichtigen Einsatz in Hongkong und müssen deshalb vorübergehend Bürodienst schieben. Der dröge Büroalltag gewinnt an Abwechslung, als der geschiedene Tuck im Web auf das Profil der seit Jahren allein stehenden Lauren (Reese Witherspoon) stößt. Wie Tuck erfahren muss, hat aber auch sein bester Freund mit ihr angebandelt. Während Lauren damit hadert, welchen ihrer Verehrer sie bevorzugt, bricht zwischen Tuck und FDR ein wahrer Kleinkrieg ums Herz der optimistischen Blondine aus. Während die zwei in Ungnade gefallenen Spitzenagenten bis über beide Ohren im ihre Freundschaft bedrohenden Liebeswettstreit stecken, plant der eiskalte Verbrecher Karl Heinrich (Til Schweiger) Blutrache an der CIA ...

Zwei Agenten vergucken sich in die selbe Frau und behindern sich mit technischen Spielereien gegenseitig beim Kampf um die zwischen ihnen stehende Dame. Ein sehr schlichtes Konzept, was allerdings längst nicht bedeuten muss, dass es minderwertig ist. Es ist nahe liegend, diese Grundidee zu nutzen, um alltägliche Situationen aus der Phase der ersten Rendezvous nachzuzeichnen und dann mit deplatzierter Agentenaction ins Absurde zu führen. Mann beeindruckt Frau mit seiner prachtvoll eingerichteten Wohnung und romantischer Musik – Nebenbuhler betäubt Mann unversehens mit schnell wirkenden Schlafmitteln und sorgt so für tote Hose. Mann erfährt, dass Frau ihn nicht für gefährlich genug hält – Mann lädt Frau zum Paintballspielen ein, nutzt seine Agentenausbildung und macht aus dem unbedarften Spiel eine rücksichtslose Schlacht.

Wer bei dieser Vorstellung nur mit den Augen rollen kann, muss sich mit «Das gibt Ärger» gar nicht erst weiter beschäftigen. Die ganze „Agent vs. Agent“/„Agent lässt Berufsmethoden auch im Privatleben nicht bei Seite“-Grundidee ist nämlich nahezu der einzige Pluspunkt dieser halbgaren Mischung aus Romantikkomödie und zahnlosem Actionstreifen. Wer diesem Grundgedanken durchaus etwas abgewinnen kann, sollte seine Hoffnungen allerdings nicht all zu weit gedeihen lassen, denn die Umsetzung ist vollkommen misslungen. In «Das gibt Ärger» steckt ein umwerfendes Konzept für eine wiederkehrende Sketchreihe, was auch die für sich allein stehenden Segmente wie der eben genannte Paintballausflug beweisen. Und vielleicht, aber auch nur vielleicht, trägt das Konzept sogar einen abendfüllenden Film. Nicht aber einen aus den Händen des Kommerzregisseurs McG.

Der Regisseur der «Drei Engel für Charlie»-Kinoremakes und «Terminator: Die Erlösung» war nie dafür bekannt, zwischenmenschliche Emotionen einzufangen, sondern rühmte sich bislang nur mit stylischen Bildern in Videoclip-Ästhetik. In «Das gibt Ärger» erhält der Michael Bay für Arme jedoch selten Gelegenheit, seinen Trumpf auszuspielen. Die wenigen Actioneinlagen wirken derart zusammengestaucht, dass einem vor dem geistigen Auge bereits die Marktforschungsanalysten erscheinen, die gegen eine frühere, actionreichere Schnittfassung des Films ihr Veto einlegen. Denn zu ausführliche Actionsequenzen könnten ja das weibliche Publikum abschrecken – beziehungsweise das stereotype, weibliche Publikum, an das bei der Konzeption dieses Films gedacht wurde. Dadurch, dass die Actionsegmente zu schnell abgehandelten Schatten von McGs früherem Schaffen runtergestutzt wurden, verlieren sie aber nahezu jede Relevanz. Sie sind nicht imposant genug, um zu beeindrucken, und zu lieblos zusammengeschludert, als dass Spannung aufkommen könnte.

Gleichermaßen schienen die Filmemacher allerdings auch Furcht davor zu haben, das (stereotype) männliche Publikum zu verlieren. Deshalb bleibt es der Antriebsfeder der Handlung, nämlich der Dreiecks-Liebesbeziehung, untersagt, auch wirklich emotional zu werden. Statt den Figuren Gründe für ihr Handeln zu verleihen, werden im Fünf-Minuten-Takt eine für die Filmpromotion zurechtgeschnittene Action-Minieinlage, ein comichafter Gag oder eine Frotzelei zwischen Chris Pine und Tom Hardy eingefügt. Die Paarungen Lauren/FDR und Lauren/Tuck erhalten aufgrund dessen nicht ausreichend Raum, um eine Eigendynamik zu entwickeln, sodass das romantische Element in dieser Romantik-Actionkomödie ebenso zu kurz kommt wie das Actionelement. Kurzum: «Das gibt Ärger» will keinen der möglichen Zuschauer verprellen – vergisst darüber jedoch, auch nur irgendeine Zielgruppe direkt anzusprechen.

Als Kino-Kuschelausflug für Pärchen ist McGs seelenlose Komödie nicht romantisch genug, Actionfreunden wird zu Gunsten der dünnen Liebesgeschichte kaum etwas geboten. Also ließe sich «Das gibt Ärger» nur noch als Komödie betrachten, doch dafür ist weder das Drehbuch gewitzt genug, noch McGs komödiantisches Timing angemessen ausgefeilt. Auf jeden Lacher kommen zahllose vergeigte, da vorhersehbare oder schlicht nervende, Gags. Dagegen kommt auch die Darstellerriege nicht an: Reese Witherspoon ist zwar grundsympathisch, aber gezwungen, eine Figur zu verkörpern, mit der sich ein möglichst weites Spektrum an Kinogängerinnen vergleichen soll. Lauren ist deshalb jedes Wunschbild einer Frau zugleich, und hat somit überhaupt keinen eigenen Charakter.

Tom Hardy gelingt es nicht, muskelbepackt, mit Tattoo übersät und vom Drehbuch mehrfach zum unfähigeren Teil des Agenten-Duos abgestempelt, glaubwürdig als sanfter Riese aufzutreten. Und Chris Pine kommt einfach bloß schmierig rüber. Überhaupt besteht zwischen den drei Hauptdarstellern keinerlei Leinwandchemie, die vielleicht über die Drehbuchschwächen hinwegtäuschen könnte. Eher trifft sogar das Gegenteil zu, da man sich während des Films mehrfach fragen dürfte, weshalb Pines und Hardys Rollen überhaupt enge Freunde sein sollen. Da überzeugt am ehesten noch Til Schweiger als deutscher Schwerverbrecher, und der darf in seinen fünf Minuten Filmzeit nur grimmig gucken und vielleicht auch zwei Mal den Abzug seiner Knarre betätigen.

Ein Fazit fällt angesichts dieses Stücks fehlkalkulierten Popcornkinos denkbar einfach: «Das gibt Ärger» könnte sinnbefreite, kurzweilige Unterhaltung sein, aber die keinerlei Wagnisse eingehende Umsetzung verwandelt die amüsante Prämisse in gähnende Langeweile, vorgetragen von schwer ausstehlichen Leinwandcharakteren.

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