Vor Ort

Die neue «Harald Schmidt Show»

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Was das Publikum im Studio 449 erlebte: Die Erwartungen der Zuschauer, die Stimmung und Schmidts Witze am Rande.

Endlich war es soweit. Tage, Wochen und Monate haben die Fans der ersten Stunde auf die Rückkehr des Late-Night-Königs gewartet. Unter ihnen war schon vor knapp einem Jahr ein gewisser Jubel ausgebrochen, als bekannt wurde, dass der Chefzyniker zu jenem Sender zurückkehren würde, bei dem seine Late-Night-Sendung Kult-Status erlangte. Merklich war somit auch die Vorfreude im Publikum des Studio 449 in Köln-Mülheim, in dem die Premierensendung der «Harald Schmidt Show» in Sat.1 am frühen Abend aufgezeichnet wurde. Viele in den Zuschauerreihen, die Platz für rund 200 Gäste im Saal bieten, gehörten zu jenen Fans der ersten Stunde. Sie sehnten sich nach der alten «Harald Schmidt Show». Sie hielten es auf den Stühlen gar nicht mehr aus, ehe es endlich losgehen sollte. Die Rückkehr des Altmeisters. Entsprechend waren auch die Erwartungen hochgeschraubt: Er – Harald Schmidt – würde doch hoffentlich wieder so bissig und gut sein wie früher. Dieses Gefühl bestärkten die Szenen aus der «Harald Schmidt Show», die bereits zwischen 1995 und 2003 bei Sat.1 lief. Sie waren über die Monitore an der Studio-Decke zu sehen. Musik-Größen, das alte Studio und ein wenig schwapppte auch das Flair der legendären Late-Night von damals ins Publikum rüber. Ob dieser Eindrücke erhoffte sich so mancher Zuschauer im Studio 449 ein Gag-Feuerwerk von Harald Schmidt, eine starke Auftaktsendung eben.

Das Studio 449 selbst, aus dem Harald Schmidt seit August 1998 sendet, hat einen neuen Anstrich bekommen. Die hellen Farben aus der Zeit der siebenjährigen Kreativpause – oder um mit Schmidt zu sprechen: „Sommerpause“ - bei der ARD, sind einem dunklen roten Fußboden, knalligen LED-Lichtern auf der Bühne und den deutlicher sichtbaren Backsteinwänden sowie der überarbeiteten Kulisse im Hintergrund, die die Kölner Skyline bei Nacht zeigt, gewichen. Viel hat sich also nicht verändert. Das Studio 449 wurde für die Sat.1-Sendung des Late-Night-Meisters etwas aufgehübscht. Es erinnert eben an jene Bühnenform der alten «Harald Schmidt Show», ein Stück Nostalgie also auch hier. Auch der Late-Night-Tisch, an dem Harald Schmidt künftig Platz nehmen und das Welt- und Zeitgeschehen pointieren wird, weckt Erinnerung an alte Zeiten. Über der Bühne hat man ein Stahlgeländer gebaut, auf dem ein Kamerateam seine Position hat. Man filmt hier aus der Vogelperspektive auf das Geschehen auf der Bühne sowie in Richtung der Band von Helmut Zerlett, die wie gewohnt auf der linken Seite der Bühne ihren Platz gefunden hat. Eine Neuerung, die sich auch auf die Machart der Sendung positiv auswirkt. Auf der rechten Seite sitzt Harald Schmidt und in der Mitte kommt er heraus – das klassische Late-Night-Konzept , zu dem man zurückkehren wollte, ist also auch optisch sichtbar. Es ist alles angerichtet. Die große Vorfreude auf neue Glanz-Zeiten der legendären «Harald Schmidt Show» entläd sich in enthusiastischem Applaus, als Helmut Zerlett die Bühne betritt, eine Solo-Einlage spielt, und seine Bandmitglieder vorstellt, während die Lichttechnik ihr ganzes Potzenial aufbietet. Das frenetische Klatschen legt noch einmal eine Schippe drauf, als Schmidt die Bühne betritt.

Der Late-Night-Moderator macht sein Warm-Up seit Jahren selbst. Ob des enthusiastischen Applauses überwältigt, maßregelt er sein Publikum zunächst. „Ich hab schon mal Applaus gekriegt, ich weiß wie das ist“, witzelt er und hat gleich die ersten Lacher auf seiner Seite, die nicht zu überhören sind. Wie üblich geht er mit dem Publikum in den nachfolgenden Minuten auf Tuchfühlung. „Wer war schon mal bei einer TV-Aufzeichnung?“, fragt Schmidt sein Studio-Publikum. Ein Zuschauer meldet sich und erzählt, dass er schon früher einmal in einer Schmidt-Sendung gewesen ist. „Wann war das? Als ich noch gut war?“, kommt prompt der Schmidtsche Kommentar. Nach ein paar Instruktionen und weiteren Scherzen am Rande geht es endlich los. Fast, denn ein weiterer Zuschauer möchte noch jenen Witz von Harald Schmidt hören, den er vor den letzten ARD-Sendungen seinem Publikum erzählte. Es geht um die Tierhandlung und einen Frosch, worauf Schmidt auch während der Sendungen Anspielungen machte, die aber nur das Studio-Publikum verstehen konnte. Es ist das Live-Erlebnis, das einen Studio-Besuch bei Harald Schmidt aufwertet. Denn der Late-Night-König ist nicht nur bissig, wenn das rote Aufnahme-Licht der alten Kameras („Die sind noch aus Pappe“) aufleuchtet, sondern eben noch besser, wenn er mit dem Publikum im Studio scherzt. So setzt er auch in der Werbepause seine Gesangseinlage fort, eine Zugabe, die dem TV-Zuschauer vorenthalten bleibt: „Sie dürfen jetzt ausrasten. Es läuft Werbung“, so Schmidt zynisch.

Auch die zweite Werbepause – Gast Hape Kerkeling ist bereits da – überbrückt Schmidt mit dem Dialog mit seinen Zuschauern. Zunächst will er noch mit Kerkeling ein paar Minuten weiterquatschen, doch der will Rauchen gehen und entschwindet hinter der Kulisse. Ein Grund für Schmidt, sich darüber zu amüsieren. „Warum sagen sie nicht mehr 'Ich sage Ja zu deutschem Wasser'?“, fragt ein Zuschauer in der zweiten Werbepause daraufhin spontan, als Schmidt über das Medien-Echo seiner Sendung siniert. „Nun ja, es gibt mittlerweile Strom“, kontert der Altmeister. „Soll ich das wieder sagen?“, fragt er dann zurück. Das ermutigt einen weiteren Studio-Gast zu der Frage, wie es Wasserbringer Sven, ein Teil des Ensembles der legendären «Harald Schmidt Show», geht. „Er hat jetzt einen Job bei Brainpool“, antwortet Harald Schmidt. „Ich habe ihn neulich aber nicht erkannt, denn er war angezogen“, ist der Late-Night-Talker auch in diesem Moment nicht um einen spontanen Witz verlegen.

Für den Musik-Aufbau der Band Guano Apes gibt es wenig später einen „Break“, bei dem in aller Ruhe aufgebaut wird, in der Ausstrahlung ist das nicht zu sehen. Hier stellt Harald Schmidt schon mal die Gäste der nächsten Sendungen vor – unter anderem wird er am heutigen Mittwoch zusammen mit Anne Sophie Mutter am Flügel spielen. Der steht bereits in seiner Gaderobe und soll zur Mittwoch-Sendung ins Studio getragen werden. Kurzerhand schnappt sich Harald Schmidt einen EB-Kameramann, der ihn durch die Backstage-Gänge in seine Gaderobe begleitet. Dort zeigt Schmidt- für das Studio-Publikum über die Monitore sichtbar – den Flügel in seiner Gaderobe und spielt ein paar Takte. Zum Beweis, dass die Szenerie nicht aufgezeichnet ist, nimmt er eine Kaffee-Tasse mit ins Studio, trinkt genüsslich, ehe es dann mit den Guano Apes weiter geht. Am Ende steht eine gelungene Premierensendung. Harald Schmidt blickt im Studio 449 in zufriedene Zuschauergesichter und bedankt sich artig. Der Tenor ist eindeutig: Die neue «Harald Schmidt Show» war ein Besuch in Köln wert. Über das Live-Erlebnis disktutieren die Zuschauer noch lange im Foyer, gerne hätte man hier noch einige Minuten länger verbracht. Doch bei gleichbleibender Qualtität der Sendung, da sind sich viele Studio-Gäste sicher, kommt man gerne wieder.

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