Kirschs Blüten

«Kirschs Blüten»: Die «DSDS»-Pannenhilfe

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Absicht oder nicht? Die Hintergründe des «DSDS»-Voting-Chaos. Zwischen Verschwörungstheorien und bloßer Menschlichkeit.

Bereits in der letzten Woche war an dieser Stelle von «Deutschland sucht den Superstar» zu lesen. Die künftigen Superstars hatten im Oberhausener Einkaufszentrum CentrO eine Massenpanik ausgelöst, wodurch mindestens 60 Menschen verletzt wurden. RTL konnte mit einem solchen Ansturm natürlich nicht rechnen, hieß es. Dabei hatte erst ein Jahr zuvor in Bochum eine Autogrammstunde bereits für ähnliche Hysterie gesorgt. Die Veranstaltung wurde abgebrochen. Ein Déjà-Vu also. Am Samstagabend sorgten sie in der fünften Live-Show erneut für eins: Kein Kandidat musste die Show verlassen. Aufgrund einer Telefonvoting-Panne wurde die Abstimmung abgebrochen und eine weitere Motto-Show soll jetzt die Entscheidung bringen. Wir erinnern uns: Dezember 2010, «Popstars»-Halbfinale. Die Zuschauer warteten gespannt auf die Verkündung, wer ins Finale einzieht und die Moderatoren wartete mit einer zu „Überraschung“ getarnten Vertagung der Entscheidung auf. Zwei Tage durfte länger angerufen werden.

Das wollten die «Popstars»-Fans nicht mit sich machen lassen und gingen gar auf die Barrikaden. Als Abzocke bezeichneten sie die Aktion bei ProSieben, dessen Castingshow damit auch an Imageverlust litt. Denn zwar brachte die Vertagung der Entscheidung ein paar kostenpflichtige Anrufe mehr, somit ein paar Einnahmen mehr und durch die Skandal-Sendung einige Zuschauer mehr in die Finalshow, die einfach nur sehen wollten, wie man mit dem Eklat umgeht. Doch viel herber war der Imageverlust für «Popstars», welchem Format die Zuschauer nicht mehr vertrauten.

Nicht auszudenken war damals eine solche Aktion bei «Deutschland sucht den Superstar», das regelmäßig immerhin mit rund sechs Millionen Zuschauern fast doppelt so viele Castingshow-Fans schauen. Nun ist es doch passiert. Nicht ganz willkürlich, sondern aus menschlichem Versagen. Das mag der Unterschied sein, dass hier nicht sofort alle nach „Skandal“ schreien, obwohl gerade im Internet wütende Proteste an der Tagesordnung sind. Die TV-Panne hatte sich im Eifer des Gefechts ereignet. Zunächst standen die falschen Nummern der Kandidaten für einen kurzen Moment auf einer Gewinnspiel-Tafel eingeblendet. Dann wiederholte Marco Schreyl den Fehler nach der Werbepause. Zu allem Überfluss standen die Kandidaten auf der Bühne in falscher Reihenfolge, deswegen vertauschte Schreyl abermals die Nummern. Bohlen versuchte noch zu retten, was zu retten ist. Aber weil man nicht in aller Deutlichkeit den Fehler korrigierte, war das Verwirrspiel perfekt.

Dass das alles Absicht gewesen wäre, hat man nach der Show oft gehört. Doch hat man die Geschehnisse vor Ort erlebt, kann man eines gewiss sagen: Entweder waren durch die Bank Profi-Schauspieler am Werk oder der doppelte Fauxpas ist ebenso menschlich wie emotional einfach passiert. Denn dass sich Marco Angelini aufregte und sogar die Bühne verließ, war echte Emotion. Dass Marco Schreyl genervt auf den neuerlichen Fehler reagiert, war schlicht mit Menschlichkeit zu erklären. Dass alle etwas durcheinander kamen ebenso.

Natürlich hat RTL nichts gegen eine weitere Mottoshow von «Deutschland sucht den Superstar» einzuwenden und sieht angesichts der guten Einschaltquoten auch kein Problem darin, dem Format eine „Laufzeitverlängerung“ zu gewähren. Mit dem Finale geht man «Wetten, dass..?» aus dem Weg, doch dass man dieses Show-Duell sonderlich gescheut hat, ist nicht der Fall. Schließlich wäre es nicht das erste Duell zwischen Bohlen und Gottschalk gewesen. Auch am vergangenen Samstag störte man sich nicht an dem beliebten «Schlag den Raab». Konkurrenz für «DSDS» sieht man nicht. Entsprechend hätte es einem „Ausweichen“ nicht bedurft. Vermutlich hält sich die Empörung über den Voting-Eklat abseits der Fangemeinde auch deswegen in Grenzen, weil man darum weiß, welches Standing «Deutschland sucht den Superstar» für RTL hat. Einem anderen Format auf einem solch‘ unrühmlichen Weg aus dem Weg zu gehen, hat RTL wohl nicht nötig. Und gerade dem Marktführer ist die Panne doch oberpeinlich. Man darf sie aber dennoch kritisch sehen.

Was ist zum Beispiel mit der Tatsache, dass der erst 16-jährige Kandidat Sebastian Wurth nach 22 Uhr nicht mehr auf der Bühne stehen darf? Um den strengen Jugendschutz zu umgehen – komischerweise ist den Jugendschützern das Wohl der Kandidaten erst nach acht Staffeln wichtig – hieß es, dass RTL in einem benachbarten Land mit milderen Jugendschutzbedingungen produzieren möchte, im Falle dass Wurth ins Finale kommt. Denn dann soll er ja immerhin seinen Siegertitel singen dürfen. Das heißt auch, man müsse in ein ausländisches Studio umziehen. Momentan gehört er gerade wegen den vielen, ohrenbetäubend kreischenden Teenie-Fans im Studio zu den Favoriten. Hat man vielleicht erst für den 7. Mai ein freies Studio im Ausland gefunden? Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Eine weitere Show wäre die perfekte Lösung, um das terminlich zu koordinieren. Sebastian Wurth könnte im Finale singen und alle wären zufrieden. Doch bislang ist auch das nur eine von vielen Verschwörungstheorien und wilde Spekulation.

Doch ob die „faire Lösung“ vom Samstagabend auch für den anrufenden Zuschauer fair war, darf in jedem Fall bezweifelt werden. Zumal auch das Voting verzerrt werden könnte. Die mitgenommen Zuschauerstimmen aus der fünften Mottoshow könnten einem Kandidaten, für den besonders viele anriefen, einen guten Bonus verschaffen, so dass er trotz schlechter Performance in der sechsten Show eine gute Basis hätte, um doch weiterzukommen. Eine Lösung muss zudem gefunden werden, um die Anrufer, die später noch umsonst anriefen, zu entschädigen. Nach derzeitigem Stand der Dinge sollen sie ihr Geld zurückbekommen. Auch sollte die Wertung in der nächsten Show transparent gestaltet werden. Denn nur so kann «DSDS» das Vertrauen der enttäuschten Zuschauer zurückgewinnen.

«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf – jeden Dienstag! Nur bei Quotenmeter.de!

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