Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: «Popstars» – Der Skandal

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Das Halbfinale der «Popstars»-Show verkam zu einer Farce. Ein Skandal, wie Jan Schlüter meint.

Am Dienstag vollzog sich ein einzigartiges Beispiel von umgepolter Rechtschaffenheit der Sender gegenüber sich selbst und Unmündigkeit des ahnungslosen Zuschauers. Im am Dienstag ausgestrahlten Live-Halbfinale der Castingshow «Popstars» sollten die Finalisten für das Finale der Show am Donnerstag gefunden werden. Natürlich sollte das Publikum durch kostenpflichtige Anrufe dazu bewogen werden, die Entscheidung über die letzten beiden Finalkandidaten herbeizuführen. Doch am Ende gab es die von den Moderatoren selbst so genannte „Überraschung“: Die Entscheidung wird nicht mehr in der Dienstagssendung bekannt gegeben werden, sondern wird auf Donnerstag, die letzte Show, vertagt, damit der Sender zwei weitere Tage Einnahmen aus den Telefonanrufen generieren kann.

Es ist nicht etwa so gewesen, dass von vornherein angekündigt wurde, dass die Entscheidung nicht in der Show selbst fällt, sondern dass gezielt die ganze Sendung über von den Moderatoren suggeriert wurde, dass die letzten Finalteilnehmer dort gefunden werden. Mit Verlaub, liebe Kollegen von ProSieben und liebe Produktionsfirma Tresor TV: Dies ist ein Skandal! Hier wird nicht nur mit den Gefühlen und Emotionen der Zuschauer gespielt, die in der Halle und vor dem Fernseher mit ihren Kandidaten mitfiebern, sondern auch mit den Nerven der Castingshow-Teilnehmer selbst, die nun zwei Tage länger auf ihre Entscheidung warten müssen und im Ungewissen geblieben sind, ob sie nun am Donnerstag noch einmal um ihren Sieg bei «Popstars» kämpfen dürfen.

Es ist ein Sakrileg, den Zuschauer so hinters Licht zu führen: Nicht ohne Grund kam vom anwesenden Publikum in der König Pilsener Arena ein Pfeifkonzert, als die als „Überraschung“ getarnte „Verarschung“ verkündet wurde. Rechtlich bewegen sich ProSieben und die Produktionsfirma jenseits des Betruges und können für ihre grausige Konzeption nicht verantwortlich gemacht werden, doch der Image-Schaden dürfte enorm sein: Jeder einzelne Zuschauer, der die Show bis zum Ende verfolgt hat, wird sich genau überlegen, erstens noch einmal für seine Kandidaten anzurufen und zweitens die nächste Staffel des Formats überhaupt noch zu schauen.

«Popstars» ist ein bisher recht erfolgreiches Franchise, auch wenn die jährliche Ausstrahlung auf Kosten der Quote geht: Nach der sehr erfolgreichen fünften Staffel gingen sowohl die Zuschauerzahlen als auch die musikalische Relevanz der Siegerbands in den Keller. Auch die achte Staffel lief zwar über dem Senderschnitt, aber ist meilenweit von einstigen Rekordwerten entfernt. Durch negative PR mit solchen Aktionen wie jener am Dienstagabend wird sich daran auch nicht so schnell etwas ändern. Ist der Ruf erst ruiniert, sendet es sich ganz ungeniert. Keine andere Floskel passt besser auf «Popstars» 2009 wie diese.

Gäbe es einen solchen Vorfall bei «DSDS», dann wäre der Image-Schaden enorm. Weder das aufgehetzte Publikum noch die Zuschauer vor den Fernsehern würden eine solche Masche akzeptieren. Und bei «Popstars» dürften die negativen Folgen im Nachhinein wohl größer sein als die kurzfristig positiven Effekte wie geringe Mehreinnahmen beim Telefonspiel oder quotenträchtige PR für die letzte Show. Der Zuschauer wurde bei dieser Posse als Spielball benutzt, der sich alles gefallen lassen muss. Er opferte seine Zeit für den Genuss dieser Sendung und musste am Ende mit ansehen, dass er eigentlich nichts zu sagen hat. Die Halbfinalshow selbst wurde ihres eigentlichen Zweckes beraubt und verkam quasi zu Null-Fernsehen als Farce ohne Relevanz, selbst für die Fans von «Popstars».

Jan Schlüters Branchenkommentar beleuchtet das TV-Business von einer etwas anderen Seite und gibt neue Denkanstöße, um die Fernsehwelt ein wenig klarer zu sehen. Eine neue Ausgabe gibt es jeden Donnerstag nur auf Quotenmeter.de.

Kurz-URL: qmde.de/38954
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