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Zum Abschluss einen Abstecher in die «Lindenstraße»

von  |  Quelle: WDR
Fritz Pleitgen hat am vergangenen Montag nach zwölf Jahren die Stricke aus der Hand gegeben und einen Posten als WDR-Intendant an Monika Piel weitergereicht. In seiner Amtszeit stand Pleitgen wie kein anderer für qualitativ hochwertiges Fernsehen. Manuel Weis blickt auf seinen Werdegang zurück.

Am Montag war es soweit: Nach zwölf Jahren Amtszeit übergab WDR-Intendant Fritz Pleitgen das Zepter an seine Nachfolgerin, an Monika Piel, die künftig die Geschicke der Rundfunkanstalt leiten wird. Seit Juli 1995, seit dem Tag, an dem er das Amt als WDR-Intendant von Friedrich Nowottny übernahm, schien er nahezu unermüdlich im Einsatz zu sein. Sein Bestreben war stets, das bestmögliche und ein qualitativhochwertiges Fernsehen zu machen. Unzählige Sendungen moderierte Pleitgen auch selbst – regelmäßig war er sonntags als Moderator der Gesprächsrunde «Presseclub» zu sehen. Doch zuvor erlebte er schon viele aufregende Dinge.

Am 21. März 1938 wurde Pleitgen in Duisburg geboren. Er war das fünfte Kind einer großen Familie und schon als Jugendlicher journalistisch tätig. Noch während er als Schüler das Gymnasium in Bünde besuchte, war er ständiger freier Mitarbeiter bei der Freien Presse Bielefeld, Lokalausgabe Bünde. Er berichtete vor allem über Sport und Gerichtsverhandlungen. Nach seinem Schulabschluss machte er dort im Alter von 21 Jahren sein Volontariat und blieb der Zeitung weitere vier Jahre treu.

Er übernahm die Ressorts Politik, Sport und Reportagen. 1963 wechselte er dann zum WDR, wo er sich ziemlich bald einen Namen in der «Tagesschau»-Redaktion machte. Im Jahre 1964 berichtete er aus dem Zypern-Krieg, 1967 aus dem Sechs-Tage-Krieg in Nahost. Zwischen 1970 und 1977 war Pleitgen ARD-Korrespondent in der Sowjetunion – diese Berichte werden von Experten noch heute gelobt. Ab 1977 leitete er das ARD-Studio in der DDR, zog dann nach Washington, wo er ebenfalls als Studioleiter tätig war. Bis 1988 war er zudem Leiter des New Yorker-Studios.

Nach den etlichen Auslandseinsätzen zog es ihn ein Jahr vor dem Mauerfall in die Bundesrepublik zurück. Der damals 50-Jährige übernahm das Amt des WDR-Chefredakteurs und leitete zudem den Programmbereich Politik und Zeitgeschehen. Unter seiner Leitung entstanden damals auch etliche «Brennpunkte» und Sondersendungen zur deutschen Einheit. Sendungen, die man noch heute im Gedächtnis hat. In dieser Zeit führte er ausführliche Interviews mit Egon Krenz, Helmut Kohl oder Michail Gorbatschow.

Der Wechsel zum Hörfunk
Neuland betrat Pleitgen dann im Jahr 1994 – wenn es für ihn dieses Wort überhaupt gibt. Bislang arbeitete Pleitgen nur im Bereich des Fernsehens – und in seiner Anfangszeit der journalistischen Schaffens bei der Zeitung. Der Bereich Hörfunk war demnach neu für ihn. Dennoch scheute er die Herausforderung nicht und nahm am 1. Januar 1994 den Posten des Hörfunkdirektors an. Diese Berufung kam für viele überraschend, nur wenige ahnten, dass der damalige WDR-Intendant Nowottny somit seine eigene Ablösung vorbereitete. Bereits eineinhalb Jahre später war es dann soweit: Pleitgen war mehr oder weniger am Ende seiner Ziele. Dass Pleitgen von den Gremien der ARD als „geeignet“ beurteilt wurde, den Posten des Intendanten zu übernehmen, hatte auch mit seiner erstaunlich erfolgreichen Arbeit als Hörfunktdirektor zu tun.

Mit viel Fingerspitzengefühl – aber das Ziel nie aus den Augen verlierend – veränderte er in knapp 18 Monaten nicht nur die Programme der WDR-Hörfunks, sondern auch dessen Organisationsform. Eine Arbeit, für die er viel positives Feedback bekam. Zum Intendanten wurde er dann am 17. März 1995 gewählt – er war der einzige Kandidat, denn alle anderen Bewerber hatten ihre Kandidatur vorzeitig zurückgezogen. Von 42 Mitgliedern des Rundfunkrates, entfielen 38 Ja-Stimmen auf ihn. Eine Enthaltung wurde notiert, drei Mitglieder stimmten gegen Pleitgen.

Pleitgen blieb auch als Intendant das, was er schon zuvor war. Ein Arbeitstier. Noch auf seine alten Tage wundern sich nicht wenige, ob des Pensums, das er täglich abarbeitet. Aus diesem Grund wurde Pleitgen im September 2000 mit großer Mehrheit im Amt bestätigt worden. In den 2001 und 2002 hatte der Journalist den Vorsitz der ARD inne.

Foto: ARDEin besonderes Highlight gab es für ihn zum Ende seiner Amtszeit. Die Fußball-WM 2006 im eigenen Land, die „seine“ ARD übertrug. Zusammen mit Dieter Stolte vom ZDF war er es damals gewesen, der die Übertragungsrechte für das öffentlich-rechtliche Fernsehen sicherte. Am vergangenen Montag endete dieser Lebensabschnitt Pleitgens. Seine Nachfolgerin wird die ehemalige WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel, die im Übrigen kein Fußballfan ist, wie sie kürzlich in einem Interview verriet.

Pleitgen war es auch, der dafür verantwortlich war, dass einige bekannte Gesichter zurück zur ARD kamen. Allen voran Harald Schmidt soll hier genannt werden, den Pleitgen nach einjähriger „kreativer Pause“ zurück auf den Bildschirm holte. Auch an einer Verpflichtung von Günther Jauch war er interessiert – und nach dessen Absage wohl auch am meisten schockiert.

Spätestens nach den vergangenen Zeilen dürfte klar sein, dass sich Fritz Pleiten auch im stolzen Alter von 69 Jahren, nicht zurücklehnt. Im Gegenteil – er schmiedet Pläne für die Zukunft. Ab April 2007 wird er für den WDR als Beauftragter für Internationale Angelegenheiten tätig sein. Dies umfasst unter anderem seine Tätigkeit als Präsident der Europäischen Rundfunkunion. Am gestrigen Mittwoch betrat er dann ein weiteres Mal Neuland. Pleitgen übernahm eine Nebenrolle in der wöchentlichen Soap «Lindenstraße». Im Reisebüro von Helga Beimer wird er eine Weltreise buchen, die ihn zu seinen bisherigen beruflichen Stationen führt. Die Szene wird nachträglich in die bereits fertig gestellte Episode 1113 eingefügt. „Wir sind uns sicher, dass Pleitgen wie eine 1 spielen wird“, sagte «Lindenstraße»-Sprecher Lange im Vorfeld des Drehtermins.

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