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Die besten Anthologie-Serien

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Erleben wir gerade die Wiederauferstehung eines Genres? Bei TVNow ist derzeit die Neuauflage der klassischen Anthologie-Serie «The Twilight Zone» zu sehen. AppleTV+ hat «Amazing Stories» neu aufgelegt und eine ganz eigene Kreation bietet Netflix mit «Blutiger Trip».

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Das Wesen der Anthologieserie


Das Wesen der Anthologieserie besteht darin, dass in einem festgelegten Rahmen jede Woche eine neue Genregeschichte erzählt wird. Wie dieser Rahmen aussieht, das variiert von Serie zu Serie. In «Blutiger Trip» ist es einfach ein Busfahrer, der die Protagonisten der einzelnen Geschichten (ins Jenseits?) chauffiert. Oft aber ist es auch einfach nur ein Erzähler, der die Geschichte einleitet, vielleicht schon ein paar Informationen über die handelnden Figuren preisgibt, um das Gesehene am Ende auch wieder abzumoderieren. Die Geschichten selbst sollten stets kurz sein (25 bis 30 Minuten) und mit einer überraschenden Pointe ihren Abschluss finden.

Als eigenständiges Fernsehformat schien die Anthologieserie lange Zeit vom Bildschirm verschwunden. 2002 floppte eine Neuauflage der «Twilight Zone» auf dem amerikanischen TV-Sender UPN. Nach diesem Flop schien das Zeitalter der Anthologieserie recht endgültig abgeschlossen, nennenswerte neue Projekte – gab es schlicht und ergreifend keine.

Nun ist «Twilight Zone» nicht nur eine Serie. Sie ist ein Monolith der amerikanischen Fernsehkultur, auch wenn sie anfangs nicht einmal ein großer Hit gewesen ist. Qualität braucht bekanntlich manchmal Zeit, um als solche erkannt zu werden. Steven Spielberg, der 1983 «Twilight Zone: The Movie» (dt.: «Unheimliche Schattenlichter» produzierte, wurde ebenso von der «Twilight Zone» beeinflusst wie George Lucas, Stephen King, Joe Dante, John Carpenter und viele andere Filmemacher und Autoren seiner Generation.



Dabei war «The Twilight Zone» (im US-Originaltitel wird der Artikel „The“ vorangestellt) keinesfalls die erste Serie ihrer Art, als sie 1959 erstmals ausgestrahlt wurde. «The Philco Television Playhouse» ging bereits 1948 auf Sendung; sehr populär war die 1953 gestartete Anthologiereihe «The United States Steel Hour». Beide Serien präsentierten Woche für Woche TV-Adaptionen von Theaterstücken oder Klassikern der Literatur, hin und wieder wurden aber auch Originaldrehbücher abgefilmt. Und abgefilmt ist der korrekte Terminus: Gesendet wurde nämlich live, die Schauspieler agierten dementsprechend auf einer Bühne. Die Serien durfte keine kontroversen Geschichten erzählen, die Zielgruppe war die amerikanische Vorstadtfamilie.

Die weiße, amerikanische Vorstadtfamilie.

Die Serien sollten der Werbung ein angenehmes Umfeld schaffen, ihre Namen verdankten sie ihren Sponsoren wie dem amerikanischen Stahlriesen US Steel.

Die erste Anthologieserie, die auf Filmmaterial gedreht wurde, trug den Titel «The 20th Century Fox Hour» und brachte es 1955 und 1956 auf zwei Staffeln. Sie war thematisch noch offen; um Geld zu sparen, wurden nicht selten Drehbücher bekannter Spielfilme auf eine 25-Minuten-Version zusammengedampft!

Fast zeitgleich startete Alfred Hitchcock mit «Alfred Hitchcock Presents», einer Anthologieserie, die es (mit einer Titeländerung inklusive) in zehn Jahren auf 371 Episoden bringen sollte.



Hitchcock nutzte seine Popularität als Regisseur und trat in jeder Episode am Anfang und am Ende als Erzähler auf. Natürlich immer mit einem makabren Scherz auf den Lippen. Inszeniert hat er selbst übrigens 18 Episoden, im Gegensatz zu seinen Spielfilmen hat er jedoch auf eine Mitarbeit an den Drehbüchern verzichtet und die Auswahl seiner Produzentin Joan Harrison überlassen. Dass Joan Harrison maßgeblich für die Gestaltung der Serie die Verantwortung trug, wurde vom Sender CBS nicht wirklich an die Öffentlichkeit getragen. Eine Frau als Produzentin einer TV-Serie? Das wollte man dem Publikum 1955 nicht zumuten...

Und dann kam «The Twilight Zone». Ihr Erfinder Rod Serling konnte mit seinen 35 Jahren bereits auf eine lange Karriere als Autor bei Radio-Anthologieserien zurückblicken. Serling ersann als Rahmen für seine Serie – die Schattenwelt. Ein Erzähler aus dem Off (in der US-Version war es Serling selbst) stellt die handelnden Personen vor, erzählt ein wenig aus ihrem Leben und dann – geschieht etwas Unerklärliches. Serling schrieb nicht nur einen großen Teil der 156 bis 1964 ausgestrahlten Episoden selbst. Als Produzent achtete er darauf, dass eine jede Episode filmisch ansprechend umgesetzt wurde. Fernsehunterhaltung galt als Fastfood ohne Nährwert. Es musste billig und schnell produziert werden. Sicher, wenn Alfred Hitchcock zum Abendmord einlud, erwartete das Publikum eine gewisse Qualität. Aber ansonsten war die Hälfte der Arbeit schon getan, wenn die Kamera nicht wackelte. Serling reichte dies nicht. Er legte Wert auf Atmosphäre, Lichtsetzung, Masken. Es ist anzunehmen, dass er manch einen Kampf mit seinem Sender ausfechten musste. Als mehrfach ausgezeichneter Fallschirmjäger (und Ende der 1960er Jahre einer der prominentesten Gegner des Vietnamkrieges aus dem US-Showbiz), besaß er das Kreuz, diese Auseinandersetzungen durchzustehen.

So bot er jede Woche dem Publikum eine fein inszenierte, unheimliche Geschichte, mal düster, mal traurig, mal amüsant, mal böse. Aber immer überraschend. Vor allem aber erwachsen. Gerade in den 50ern galten Sciencefiction und Horror in den USA als B-Filmfutter für die Vorstadt- und Autokinos. Serling aber nahm das Genre, in dem er sich bewegte, ernst und beschäftigte sich in seinen Geschichten auch mit Themen wie Rassismus oder soziale Ungerechtigkeit. So war Serling einer der ersten TV-Autoren, die die Serie als eigenständige Kunstform betrachteten und nicht als den Bastard des Kinos.

Die Folgen des Hitchcock-Erfolgs; mehr dazu auf der nächsten Seite.


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