Die Kritiker

Lustiger als bei den Deutschen...

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In «Das gespaltene Dorf» soll in einem kleinen französischen Ort ein Atommüllendlager entstehen. Die Bevölkerung ist zwiegespalten. Unsere Vorab-Kritik:

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Laurent Stocker als Antoine
Katja Riemann als Anna
Eric Savin als Florian
Claude Gensac als Adèle
Philippe Duquesne als Gérard
Délia Espinat Dief als Laura
Vicky Krieps als Elisabeth

Hinter der Kamera:
Produktion: Arte G.E.I.E., Kordes & Kordes Film, Nelka Films und RTS Radio Télévision Suisse
Drehbuch: Eric Eider und Ivan Piettre
Regie: Gabriel le Bomin
Kamera: Frédéric Ploy
Produzenten: Bruno Petit und Nelly Kafsky
Letzte Woche fiel das Tandem-Projekt, in dessen Rahmen zwei deutsch-französische Koproduktionen zum Thema Kernenergie entstanden, ziemlich deutsch aus: «Tag der Wahrheit» war ein Problemfilm, der sehr ernst, sehr düster, sehr abgründig ein Albtraumszenario davon entwarf, womit es enden kann, wenn in einem AKW gehörig was schiefgeht.

«Das gespaltene Dorf» wirkt da als leichte Komödie mit ein paar ernsten Gedanken deutlich französischer. Das Setting verstärkt diesen Eindruck: Befanden wir uns letzten Mittwoch an der deutsch-französisch-schweizerischen Grenze, verschlägt es uns diese Woche in den malerischen Limousin. Die einzige Deutsche, die in diesem Film auftaucht, ist die von Katja Riemann gespielte Bürgermeisterin Anna, die schon vor Jahren die französische Staatsbürgerschaft angenommen hat, um für ihr Amt kandidieren zu können.

In diesem Dorf will nun Antoine aus Paris, ein Mitarbeiter der Agentur für die Entsorgung radioaktiver Abfälle, einen fünfhundert Meter tiefen Stollen buddeln, um dort für die nächsten rund zweihunderttausend Jahre, nun ja, radioaktive Abfälle zu lagern. Und obwohl Franzosen dem Thema Kernenergie tendenziell deutlich offener gegenüberstehen als Deutsche, ist die Stimmung im Dorf ambivalent. Einerseits ist man wirtschaftlich schon lange auf dem absteigenden Ast, die örtliche Schule ist seit Jahren geschlossen, und gerade dieses Großprojekt könnte zahlreiche neue Arbeitsplätze schaffen und die Infrastruktur wieder auf Kurs bringen. Andererseits bestehen – freilich zumeist eher irrationale – Ängste. Noch dazu ist Bürgermeisterin Anna eine resolute Umweltschützerin, die aus Angst vor Handystrahlung sogar den Funkmast auf den Friedhof stellen ließ, der nun der einzige Platz im Ort mit vernünftigem Empfang ist. „Das ist verrückt!“, urteilt Antoine. „Nein, deutsch!“, kontert eine Landsmännin, die die Boches nicht sonderlich leiden kann.

Und so entspinnt sich ein eineinhalbstündiger Schlagabtausch zwischen Endlagerbefürwortern, -gegnern und der schweigenden Mehrheit, die je nach Informations- oder Interessenlage mal dem einen, mal dem anderen Lager zugehört. «Das gespaltene Dorf» gibt sich jedoch tendenziell weniger argumentativ als viele deutsche Fernsehfilme, in denen die gesellschaftlichen Brennpunkte oft pflichtbewusst bis zum Geht-nicht-mehr dialogisiert werden, sondern erzählt näher an seinen individuellen Figuren, die zwar auch alle eine bestimmte Haltung zum Kernthema haben, diese aber unprätentiöser verkörpern als in vergleichbaren Produktionen: Bürgermeisterin Anna ist schon aus ideologischen Gründen gegen das Atommüllendlager in ihrem Dorf, während ihr Mann, ein arbeitsloser Ingenieur, sich vom wirtschaftlichen Aufschwung durch ein solches Großprojekt neue berufliche Perspektiven verspricht. Antoine von der zuständigen Behörde hat zwar ein offenes Ohr und ist ein sympathischer Mann, taktiert aber auch gerne hinter dem Rücken der Bevölkerung, während seine Kollegin Elisabeth (gespielt von Vicky Krieps, die in «Tag der Wahrheit» eine deutsche Staatsanwältin verkörperte) zwar nett und freundlich ist, mit den Gepflogenheiten im ländlichen Limousin aber fremdelt.

«Das gespaltene Dorf» leistet also weit mehr, als nur ein meinungsstarkes gesellschaftliches Thema zu paraphrasieren. Ist das jetzt deutsch? Oder eher französisch? Oder beides zugleich? Eine schwierige Frage, die wir aber wahrscheinlich gar nicht beantworten müssen. Schließlich sind wir ja seit langem in Vielfalt geeint, n’est-ce pas?

Das Erste zeigt «Das gespaltene Dorf» am Mittwoch, den 21. Januar um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/75785
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