Hingeschaut

«Guidos Masterclass»: Zu exquisit für das gemeine Volk?

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Guido Maria Kretschmers neue VOX-Sendung bietet zwölf Jung-Designern eine Bühne. Das ist sympathisch und auch handwerklich ist das Format gut gemacht. Trotzdem stellt sich am Ende die Frage: Wer soll das gucken?

Es ist auf jeden Fall eine spannende Zeit, die auf unseren Jungdesigner wartet. Denn neben dem Startkapital von 50.000 Euro, über das der Gewinner frei verfügen kann, um beispielsweise sein Label zu gründen, gibt es auch das Mentorship von mir und auch dort spielt es eine große Rolle, was der Jungdesigner genau möchte.

Guido Maria Kretschmer über «Guidos Masterclass»
Wenn VOX werktags um 15 Uhr «Shopping Queen» zeigt, steigen die Marktanteil in der Regel weit über den Senderschnitt. Die Sendung mit Guido Maria Kretschmer, die inzwischen seit sieben Jahren on Air ist, scheint bei vielen Menschen nichts an Attraktivität eingebüßt zu haben. Weniger glanzvoll verliefen in der Vergangenheit hingegen Primetime-Ausflügen des Modedesigners, die häufig von mäßigem Quotenerfolg geprägt waren. So endeten die RTL-Shows «Hotter Than My Daughter» (2014) und «Deutschlands schönste Frau» (2015) nach gutem Start auf unterdurchschnittlichem Niveau, während sich «Geschickt eingefädelt» 2015 und 2016 auf VOX immerhin bei etwas über sieben Prozent in der Zielgruppe bewegte. Für eine Fortsetzung reichte das dem Kölner Sender aber offenbar nicht.

Einen neuen Versuch startet VOX an diesem Montag mit der Premiere des als Design-Competition betitelten Formats «Guidos Masterclass». Die Sendung stellt zwölf Designtalente in den Vordergrund, die davon träumen, eines Tages einen bestimmenden Platz in der Modewelt einzunehmen. Sie hoffen in der Show auf die Unterstützung von Guido Maria Kretschmer - denn genau die bekommt der Gewinner des Wettbewerbs neben einem Preisgeld und einer Foto-Anzeigen-Strecke in der Vogue ein Jahr lang zugesichert.

Kretschmer lädt sich also zwölf Interessenten ein, deren Aufgabe es im weiteren Verlauf der Auftaktfolge ist, ein Kleid aus Partyutensilien zu designen. Da den Teilnehmern lediglich Materialien wie Strohhalme, Servietten, Süßigkeiten oder Regenschirme zur Verfügung stehen, ist Kreativität gefragt. Über die einzelnen Leistungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer urteilen am Ende neben Guido Maria Kretschmer auch Kreativdirektor Donald Schneider und Model Karolína Kurková. Für die nächsten Folgen sind weitere prominente Experten angekündigt.

Auch wenn der von Constantin Entertainment produzierten Sendung handwerklich kein Vorwurf zu machen ist, hat sie doch ein gehöriges Problem. Sie richtet sich an eine sehr spitze (vornehmlich weibliche) Zielgruppe. Wenn die Kamera den Designern bei ihrer Arbeit über die Schulter schaut, ist das zwar extrem authentisch. Trotzdem dürfte beim Durchschnittszuschauer die Frage aufkommen, was ihm das nun bringen soll. Besonders die Vorstellungsrunde der Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der ersten Sendungshälfte plätschert nur so vor sich hin, eine Identifizierung des Publikums mit den Protagonisten gelingt aufgrund der Vielzahl der Akteure nicht. Wenn Guido Maria Kretschmer am Anfang der Folge vor den Designer steht und verspricht, dass von nun an „unglaubliche Dinge passieren“ würden, will der Funke nicht so recht auf den Zuschauer überspringen. Aber warum eigentlich?

Ich denke, dass ich ein guter Lehrer bin, weil ich selber immer gut aufgepasst habe, wenn Menschen mir etwas beigebracht haben. Das hat mir immer viel Freude gemacht. Ich habe auch viele Mitarbeiter, die immer wieder ausgebildet wurden und ich denke, Lehrer zu sein heißt einfach nur aufzupassen, mitzugestalten und eben im richtigen Moment Dinge zu erklären. Bei der „Masterclass“ hat das auch richtig gut funktioniert und ich kann mir vorstellen, dass sich die Schüler und Studenten sehr wohl bei mir gefühlt haben – hoffe ich zumindest.

Guido Maria Kretschmer
«Guidos Masterclass» schlägt zweifelsfrei einen ruhigen Ton an. Die Sendung verzichtet auf übertriebene Dramaturgie, was an sich löblich ist. Andererseits gelingt es ihr auch nicht, einen wirklichen Spannungsbogen aufzubauen. Welche vier Designer am Ende der ersten Folge einpacken müssen? Das wird den meisten Zuschauern herzlich egal sein. Natürlich mag man nun einwenden, dass auch andere VOX-Formate von «Wir sind klein und Ihr seid alt» bis «Sing meinen Song» alles andere als aufgeregt daherkommen. Und dennoch gibt es einen Unterschied. Während besagte Erfolgssendungen aufgrund ihrer allgemeineren Thematik ein potentiell breites Publikum vor Augen haben, ist die Zielgruppe bei «Guidos Masterclass» von vorn herein sehr spitz abgesteckt. Die Masterclass mag das Mekka für Jung-Designer sein - das gemeine Volk bleibt dabei aber auf der Strecke.

Für die Sendung spricht hingegen, dass sie einer Gruppe eine Bühne gibt, die sonst nicht in vergleichbaren TV-Formaten vorkommt. Anders als in Modelshows geht es in «Guidos Masterclass» nicht um Auftritt und Ausstrahlung von Models, sondern um die Designer hinter den Outfits. Und dann wäre da natürlich noch Guido Maria Kretschmer selbst, dem man nach Sichtung der Auftaktfolge keinen Vorwurf machen möchte. Der Modedesigner begegnet seinen Teilnehmern auf Augenhöhe, scheut aber auch keine Kritik. In den Einzelinterviews vor der Kamera tritt er gewohnt sympathisch auf und wirkt überzeugt von dem, was er sagt.

Nur ändert das eben nichts daran, dass «Guidos Masterclass» in der ersten Folge kaum tragfähige Spannungsbögen aufbaut. Damit dürfte das Format vor allem etwas für Hobby-Modedesigner und Hardcore-Kretschmer-Fans sein, kaum aber für den durchschnittlichen VOX-Zuschauer. Ob Guido Maria Kretschmer mit «Guidos Masterclass» sein erster großer Primetime-Erfolg gelingt? Unmöglich ist das nicht, unwahrscheinlich aber schon.

«Guidos Masterclass» startet am heutigen Montagabend um 20.15 Uhr bei VOX und wird auch in den kommenden fünf Wochen auf dem gleichen Sendeplatz zu sehen sein. Sieben Tage nach TV-Ausstrahlung sind die Folgen kostenlos bei TV Now abrufbar.

Kurz-URL: qmde.de/108944
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