Die Kino-Kritiker

«La La Land»: Ein nostalgischer, doch zeitgemäßer Traum von einem Musical

von

Film des Monats: «Whiplash»-Regisseur Damien Chazelle zaubert mit «La La Land» ein zeitgemäßes Musical nach alter Schule auf die Leinwand – mit zwei charismatischen Stars in den Hauptrollen.

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So verträumt wie nötig, so echt wie möglich. Oder umgekehrt?


Filmfacts «La La Land»

  • Regie und Drehbuch: Damien Chazelle
  • Produktion: Fred Berger, Gary Gilbert, Jordan Horowitz, Marc Platt
  • Darsteller: Ryan Gosling, Emma Stone, John Legend, Rosemarie DeWitt, Finn Wittrock
  • Musik: Justin Hurwitz
  • Songs: Justin Hurwitz & Pasek und Paul; John Stephens, Justin Hurwitz, Marius De Vries & Angelique Cinelu
  • Kamera: Linus Sandgren
  • Schnitt: Tom Cross
  • Laufzeit: 128 Minuten
  • FSK: ohne Altersbeschränkung
Den diffizilen Balanceakt zwischen Hollywood-Musical nach alter Schule, Einflüssen der Nouvelle Vague und kontemporärem Filmemachen begeht Chazelle nahezu nonstop auf lobenswert unbemerkbare, mühelos wirkende Art und Weise: Die stilvolle, elegante Regieführung, die zwar die Gefühle der Figuren bestechend ausdrückenden, jedoch niemals pathetischen Dialogzeilen und das bestechende, natürliche Zusammenspiel zwischen Gosling und Stone bescheren «La La Land» ein leichtgängiges, mitreißendes Naturell.

Anders als in «Whiplash», der in ein (inhaltlich völlig gerechtfertigt) auf den Putz hauendes Finale mündet, lenkt Chazelle nie den handwerklichen Aufwand und die Inszenierung in den Fokus – und macht «La La Land» so zu einem Film, der ebenso verträumt ist wie seine Hauptfiguren. Dahingehend zeigt sich der 31-Jährige konsequent, war «Whiplash» doch genauso verbissen wie dessen zentralen Rollen. Für die der Melancholie der „Ideale gegen Wirklichkeit, Liebe gegen Berufsleben“-Handlung zugutekommenden Bodenhaftung sorgen derweil subtil eingesetzte ästhetische Aspekte.

So lässt Chazelle «American Hustle»-Kameramann Linus Sandgren das hauptsächlich an echten Schauplätzen gedrehte Geschehen in einem sehr künstlichen Licht einfangen. Das führt zu einer dezent-verspielten, irgendwo in einem bezirzenden Nirgendwo zwischen dem Look der Goldenen-Hollywood-Ära und der Wirklichkeit verorteten Optik, welche Musicaleinlagen wie die „Lasst uns für eine Hollywood-Party fertig machen!“-Nummer „Someone in the Crowd“ einzigartig erscheinen lässt. Nur vereinzelt gerät die Bildästhetik von «La La Land» in eine irritierende Grauzone. So lenkt der überaus künstlich-lilafarben aussehende Nachthimmel bei Mias und Sebastians Kennenlernspaziergang punktuell von der auflodernden Flamme ab, die hier zwischen den Figuren entsteht.

Gemeinhin trifft Chazelle jedoch formidabel den „So echt, dass es glaubwürdig wird, so stilisiert, dass nostalgischer Zauber entsteht“-Punkt, auf den er abzielt. Dies gilt nicht nur für die Kameraarbeit, sondern auch für die unwirklich farbkräftigen, doch nie aggressiv hervorstechenden Kostüme sowie die beschwingten, aber in den komplexeren Schrittfolgen bewusst ungeschliffenen Tänzen der Darsteller. Chazelle lässt Stone und Gosling nicht mit dem Meistern schwieriger Choreografien prahlen, sondern nutzt die wundervollen Musikeinlagen, um bewegte Momente in der Handlung kräftig sowie intuitiv zu unterstreichen.

Ein Musical wäre allerdings für die Katz, würde die Musik nicht zünden. Glücklicherweise brilliert «La La Land» auch an der musikalischen Front: Komponist Justin Hurwitz vermengt in seinen eingängigen Songs und den unaufdringlichen, charmanten Instrumentalstücken behände mehrere Einflüsse – «La La Land» klingt nach vitalem Jazz, verletzlichen Musicalballaden und behutsam modernisierter Big Band, sowie nach allem, was sich aus diesen Komponenten virtuos zusammensetzen lässt. Getragen wird «La La Land» dennoch nicht von den Songs – nicht zuletzt, weil Chazelle die Musiksequenzen ungleich über die fünf Akte seiner ebenso wehmütigen wie frohgemuten Handlung verteilt.

Das pochende Herz dieser Hommage an die Musicalkunst stellen Gosling und Stone dar, die ihre Archetypen der aufstrebenden Künstler nehmen und mit fein schattierten Nuancen zum Leben erwecken. Dass «La La Land» so sehr von seinen Hauptfiguren lebt, führt allerdings zu kleineren dramaturgischen Problemen, wenn die Stimmung zwischen Mia und Sebastian nicht exakt zu bestimmen ist: Die Story punktet am stärksten in euphorischen Höhen, leidvollen Tiefen und in für die Figuren frustrierend-grau-grauen Momenten – die Übergänge funktionieren ebenfalls, fallen jedoch etwas behäbiger aus. Das vor Filmmagie trotzende, stilistisch bezaubernde, emotional hochintensive Ende weiß für die partiellen Pacingprobleme aber mehr als nur zu entschädigen.

Fazit: Ein Muss für Musicalfans und alle, die es werden wollen: «La La Land» ist ein bittersüßer Traum, der darauf wartet, als Klassiker in die Filmlehrbücher aufgenommen zu werden.

«La La Land» ist ab dem 12. Januar 2017 in vielen deutschen Kinos zu sehen.

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