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Mit der «Late Show with Stephen Colbert» ist die amerikanische Late-Night politischer geworden. Und das tut ihr gar nicht schlecht. Ein Kommentar:

Vor Stephen Colberts Amtsantritt als neuer Late-Night-Talker von CBS bestand – zumindest für manche Beobachter – Grund zur Skepsis. Nicht nur dahingehend, ob er in den auf lange Sicht unvermeidbaren Vergleichen mit seinem Vorgänger David Letterman bestehen könnte. Sondern auch hinsichtlich seines sehr dezidierten Stils, den er in seiner Zeit bei Comedy Central prägte, wo er in der Kunstfigur eines überkandidelten Rechtsaußen-Pundits alles verkörperte, was er eigentlich ablehnte.

Für sein Engagement auf dem prominenten Sendeplatz bei CBS kündigte er an, diese Kunstfigur ad acta zu legen – und trotzdem stand weiterhin die Frage im Raum, wie politisch und wie opinionated seine neue Show ausfallen würde.

Nun war Late-Night in den USA freilich nie unpolitisch. Doch sie war nie von einer Befürwortung oder Ablehnung der einen oder anderen Partei oder des einen oder anderen Kandidaten gekennzeichnet. Ob Reagan, Clinton, Bush oder Obama – alle bekamen ihr Fett weg. Ob von Carson, Leno oder Letterman.

Colbert hingegen hat freilich eine dezidiertere Haltung, die er zum Kernelement seines «Colbert Reports» bei Comedy Central gemacht hatte: Er persiflierte die Erzkonservativen, indem er das, was sie sagten, noch weiter zuspitzte, und damit bei seinem progressiven Publikum Applaus abräumte.

Nach nun fast einhundert Sendungen der «Late Show with Stephen Colbert» bei CBS dürfte sich ein erstes Fazit ziehen lassen: Ja, die amerikanische Late-Night ist mit ihm politischer geworden. Das lässt sich schon an der Gästeliste erkennen: Ted Cruz, Donald Trump, Ban Ki-Moon, Bernie Sanders, Bill Clinton, Donald Rumsfeld und viele mehr gaben sich die Klinke in die Hand. Um Wahlkampf zu machen, um kritische Punkte aus der politischen Vergangenheit geradezurücken oder um eine App zu bewerben.

In dieser Häufung hat es politische Themen und Gäste aus dem Polit-Betrieb bei Leno und Letterman nicht gegeben – auch nicht in Wahljahren.

Der Zugang der «Late Show» zu diesem Sujet ist freilich ein anderer als der des «Colbert Reports». Colbert hat seine Kunstfigur tatsächlich abgelegt – nicht jedoch seine Haltung. Das wäre ja auch verlogen. Und so ist er zwar weiter als ein dem progressiv-linken Spektrum zugeneigter Moderator zu erkennen. Doch seine Gags und Spitzen schießen nicht mehr unbedingt in eine ganz bestimmte (politische) Richtung.

Colbert ist auch zu «Report»-Zeiten nie unfair zu seinen republikanischen Gästen gewesen (sofern er mal welche hatte). Doch ihnen – und dem Publikum – war klar, dass sie sich auf feindlichem Territorium befanden, obwohl Colbert stets fair und höflich, aber eben auch dezidiert, polemisch und in seinem Standpunkt (satirisch) unnachgiebig auftrat.

Vielleicht ist Colbert – nun, da er nicht mehr als Kunstfigur auftritt – heute noch ein bisschen fairer und höflicher als früher schon. Und jemand wie Donald Rumsfeld, eine in progressiv-linken Kreisen systematisch gehasste Persönlichkeit, muss sich heute beim erzkonservativen Fox News in der Sendung des extremen Rechts-Außen-Moderators Bill O’Reilly wesentlich Deftigeres anhören als bei einem linken, tendenziell demokratischen Gastgeber wie Stephen Colbert.

Gefällt dieser neue Colbert-Stil am Late-Night-Abend? Inhaltlich beantworten das die meisten Kritiker (auch der Verfasser dieser Zeilen) mit einem klaren bis euphorischen Ja – und manche sehen im Colbert-Fallon-Dualismus ähnliche Merkmalsunterschiede wie damals zwischen Leno und Letterman. Überspitzt formuliert: Colbert und Letterman als die Politischen und Intellektuellen, Leno und Fallon als die Cooleren und Bodenständigeren, die enger am Puls der Zeit sitzen als die Elitäreren von CBS.

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