Die Kino-Kritiker

«American Ultra»

von

Wenn Kiffer einen auf Jason Bourne machen: «American Ultra» hat eine nette Grundidee, weiß aber nicht, wohin damit.

Filmfacts «American Ultra»

  • Regie: Nima Nourizadeh
  • Produktion: Anthony Bregman, Kevin Frakes, Raj Brinder Singh, David Alpert, Britton Rizzio
  • Drehbuch: Max Landis
  • Darsteller: Jesse Eisenberg, Kristen Stewart, Topher Grace, Connie Britton,, Walton Goggins, John Leguizamo, Bill Pullman, Tony Hale
  • Musik: Marcelo Zarvos
  • Kamera: Michael Bonvillain
  • Schnitt: Bill Pankow, Andrew Marcus
  • Laufzeit: 96 Minuten
  • FSK: ab 16 Jahren
Alles sieht danach aus, dass Mike (Jesse Eisenberg) ein Dasein wie in einer stinknormalen Indie-Kiffertragikomödie führt: Er lebt irgendwo in der verschlafenen amerikanischen Provinz und lässt sich im THC-haltigen Dunst durch den Tag treiben. Wenn er keine langweiligen Kleinstadtjobs verrichtet, hängt er mit seiner Freunin Phoebe (Kristen Stewart) herum, die trotz Drogenkonsum nicht ganz so verpeilt und träge ist wie Mike. Daher ist Phoebe nicht nur seine große Liebe, sondern auch ein Vorbild – und daher auch seine größte Sorge: Hält er sie etwa davon ab, sich frei zu entfalten? Ehe sich Mike aber ernsthafte Gedanken über diese Frage machen kann, wird sein statisches Leben mit Gewalt umgekrempelt: Eine geheimnisvolle, einfühlsame Frau vom CIA (Connie Britton) überrascht ihn während der Arbeit und versucht, seine gelöschten Erinnerungen wieder zu aktivieren. Denn Mike war einst Teil eines Geheimprogramms, um Superagenten heranzuzüchten. Bis sich das unterdrückte Training wieder bemerkbar macht, dauert es allerdings ein wenig. Dadurch gerät der Slacker in große Gefahr, denn der karrieregeile Agent Adrian Yates (Topher Grace) hat blutrünstige Kämpfer auf Mike angesetzt, um ihn, diesen einstigen Fehler der Agency, vom Angesicht der Erde zu radieren …

Was Drehbuchautor Max Landis («Chronicle») aus dieser Ausgangslage macht, ist ein „Kifferkomödie trifft knallige Action“-Genremix, wie ihn beispielsweise auch der Geheimtipp «Ananas Express» mit Seth Rogen und James Franco bietet. Bloß, dass «American Ultra» mit dem ersten Teil der «Bourne»-Reihe sogar ein grobes Vorbild hat. Zwar hat Landis keine Kiffer-Parodie des Actionthrillers geschrieben, trotzdem schielen vereinzelte Konstellationen und Dialoge auf Damons erste Leinwandmission als Agent ohne Erinnerung. Jedoch verlaufen diese Parallelen ins Nichts, womit ein schwerwiegendes Problem der 28-Millionen-Dollar-Produktion offensichtlich wird: Landis und Regisseur Nima Nourizadeh («Project X») haben einige fesche Einfälle, die sich aber im Laufe der 96 Minuten Laufzeit nur in geringem Maße entfalten. Da die Story zudem wiederholt völlig ausgebremst wird, ohne dabei den benebelten Charme eines «Ananas Express» zu entwickeln, ist das Ganze im Fall von «American Ultra» deutlich weniger als die Summe der einzelnen Teile.

So kokettiert «American Ultra» in der ersten Konfrontation zwischen Mike und den Schergen Yates' damit, eine größtmögliche Diskrepanz zwischen dem lahmen, unfähigen Kiffer-Ich des Helden und seines Agenten-Ich zu zeichnen. Also macht er prompt mehrere Gegner auf brutale, beeindruckende Weise platt. Die durchgeknallte Kreativität dieser kleinen Kampfsequenz wird daraufhin aber aufgegeben, um Mike durch das Gros der weiteren Actionsequenzen stoisch durchmarschieren zu lassen, ohne dass verrückte Dinge passieren. Auch auf Seite der Schurken gibt es nur wenige markige Persönlichkeiten. Und wenn sie mal aufkreuzen, wie Walton Goggins als lachender Irrer oder nun einmal in Form des schmierigen Strippenziehers den Topher Grace gibt, dann marschieren sie oft bloß durch Standardsituationen.

Um die Wandlung zu einem grimmen Thriller durchzumachen, ist jedoch die Story zu salopp erzählt. Während die Action- und Thrillerpassagen den Balanceakt zwischen harter Brutalität und Irrsinn daher sehr ungelenk absolvieren, bestechen die zentralen Stars des Films: Eisenberg ist als lethargischer, von Zweifeln zerfressener Kiffer extrem glaubwürdig und könnte mit seiner Figur aus einer tragischen Charakterstudie entflohen sein. Die abrupten Wechsel hin zu schriller Comedy oder kerniger Action absolviert Eisenberg zudem darstellerisch mit einer Leichtigkeit und Glaubwürdigkeit, von der das Drehbuch und die Regiearbeit nur träumen können. Eine hier besonders engagierte Stewart agiert genauso gut, bekommt aber obendrein durch das Skript die besseren Oneliner zugeschoben, wodurch sie sich zum wahren Star des Films aufschwingt. Stewart und Eisenberg, die wie schon in «Adventureland» eine tolle Chemie miteinander haben, reichen aber nicht aus, um dieser trägen Ausführung einer kessen Grundidee das nötige Feuer zu verleihen – und so dürfte der Film auch ohne CIA-Gedächtnislöschung schon bald vergessen sein.

Fazit: Das tolle Duo Eisenberg/Stewart und eine interessante Idee gehen hier in einer lahmen Dramaturgie und ideenarmen Inszenierung unter. Ein Heimkino-Double-Feature aus «Ananas Express» und «Die Bourne Identität» bietet da eine bessere Mischung aus ulkiger Kiffer-Action und Agententhriller-Dramatik!

«American Ultra» ist ab dem 15. Oktober 2015 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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