Die Kino-Kritiker

«Who Am I»

von

Tom Schilling und Elyas M’Barek hacken sich durch einen spannenden, aber nur selten wirklich originellen Thriller.

Filmfacts «Who Am I»

  • Kinostart: 25. September 2014
  • Genre: Thriller
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 103 Min.
  • Regie: Baran bo Odar
  • Drehbuch: Baran bo Odar, Jantje Friese
  • Darsteller: Tom Schilling, Elyas M’Barek, Hannah Herzsprung, Wotan Wilke Möhring, Antoine Monot, Jr., Trine Dyrholm
  • OT: Who Am I (D 2014)
Mit großen Sprüngen in der Entwicklung der Computertechnologie und der globalen Vernetzung durch den Siegeszug des Internets hat die einfache Zugänglichkeit riesiger Informationsmengen drastisch zugenommen. Naturgemäß wurde dies mit der Zeit aber auch von einer erhöhten Angreifbarkeit verschiedenster Daten und der schamlosen Ausnutzung dessen begleitet. Die entsprechenden Auswirkungen sind in besonders brisanten Fällen heutzutage nicht selten Thema der Meldungen zum aktuellen Tagesgeschehen. Derartige Erscheinungen des modernen Alltags finden selbstverständlich früher oder später auch ihren Weg in die Filmwelt. Schon in den 1980er, vor allem aber in den 1990er Jahren zeugten teils überaus populäre Hacker-Filme wie «WarGames» oder «Hackers» vom steigenden Bewusstsein für die Möglichkeiten und Gefahren des Cyberspace.

Während die Beschaffung oder Manipulation digitaler Daten mittlerweile in gefühlt jeden zweiten Hollywood-Film in variierenden Ausmaßen Einzug findet, erscheint mit «Who Am I» nun eine deutsche Produktion, die auch mal wieder eine bunt zusammengewürfelte Hacker-Truppe in den alleinigen Mittelpunkt einer Filmhandlung stellt. Die allzu deutliche Orientierung an US-Vorbildern ist dabei nicht zu übersehen und bremst das ansonsten Spannung groß schreibende Werk hin und wieder aus.

Der unscheinbare Benjamin (Tom Schilling) hat sich schon in seiner Schulzeit nach Aufmerksamkeit gesehnt, war für seine Mitmenschen aber stets nahezu unsichtbar. Um seiner heimlich umschwärmten ehemaligen Schulkameradin Marie (Hannah Herzsprung) endlich einmal zu imponieren, möchte er ihr die Fragen für ihre Uni-Abschlussprüfung zukommen lassen. Dafür hackt sich der computerversierte Außenseiter in das Hochschul-Netzwerk, wird dabei jedoch erwischt und zu Sozialstunden verurteilt. Beim Ableisten der Arbeit lernt er den charismatischen Draufgänger Max (Elyas M’Barek) kennen. Obwohl die beiden charakterlich kaum verschiedener sein könnten, teilen sie doch ihre Leidenschaft für das Hacken.

Max erkennt schnell Benjamins Potential, nimmt ihn unter seine Fittiche und stellt ihn seinen beiden Hacker-Freunden Stephan (Wotan Wilke Möhring) und Paul (Antoine Monot, Jr.) vor. Gemeinsam gründen die Vier schließlich die Hacker-Gruppe CLAY, die mit mehreren groß angelegten Cyber-Streichen bald zu einem äußerst beliebten Internet-Phänomen wird. Da sie in Hackerkreisen mit ihren Aktionen jedoch nicht für sehr voll genommen werden, entschließt sich Benjamin zu einem riskanten Schritt, der nicht nur die Europol-Ermittlerin Hanne Lindberg (Trine Dyrholm), sondern auch die skrupellose Mafia auf den Plan ruft und so aus dem anfänglichen Spaß plötzlich tödlichen Ernst werden lässt.

Schon mit ihrer narrativen Präsentation jener Handlung machen «Das letzte Schweigen»-Regisseur Boran bo Odar und seine Co-Drehbuchautorin Jantje Friese wenig Hehl aus ihren vornehmlich aus Übersee stammenden Inspirationsquellen. In einem unterkühlten Verhörzimmer stellt sich der sichtlich geschundene Benjamin der ermittelnden Europol-Agentin und rekapituliert für sie (und den Zuschauer) noch einmal die jüngsten Ereignisse aus seiner ganz persönlichen Sicht. Mit flottem Tempo wird das Geschehen in stylischen Bildern transportiert, die unter anderem von Elektro-Beats des deutschen DJs Boys Noize unterlegt sind, welche mehr als einmal und wohl nicht von ungefähr frappierend an Daft Punks großartigen «Tron: Legacy»-Soundtrack erinnern.

Auch wenn gerade Benjamins Off-Kommentare bisweilen recht gestelzt ausfallen, ist es nicht zuletzt dem routinierten Tom Schilling geschuldet, dass man seiner Figur an den Lippen hängt. Benjamin weist ohnehin noch das vergleichsweise tiefste Charakterprofil auf, wohingegen insbesondere die Zeichnung von Wotan Wilke Möhrings Stephan und Antoine Monot, Jr.s Paul lediglich in Form einer kurzen Vorstellung der nötigsten Eigenschaften durch den Erzähler eher lieblos abgehandelt wird. Obwohl im Zuge dessen auch die tatsächliche Bedeutung der einzelnen Mitglieder für die durchgeführten Coups selten wirklich klar wird, stimmt dank des Charmes der vier Hauptdarsteller zumindest die Dynamik ihrer Figuren untereinander.

Die Hacker-Fähigkeiten der CLAY-Mitglieder rücken bei der Durchführung ihrer Vorhaben jedoch weitestgehend in den Hintergrund, begeben sich die Vier doch meist selbst zu ihren auserkorenen Zielen, um sich das Personal vor Ort zu Nutze zu machen und sich das Eindringen in die jeweiligen Computersysteme zu erleichtern. Viel Gehacke bleibt somit am Ende eigentlich nicht übrig. Zwar wirken einige der entsponnenen Situationen in ihrem Aufbau arg überkonstruiert und durch das Stützen auf zahlreiche Zufälle und erstaunlich schlecht gesicherte Einrichtungen nur selten glaubwürdig, aber ist der Schritt, die Akteure von ihren Computern wegzuholen und in einen Heist-Movie zu stecken, die wohl wesentlich fesselndere Entscheidung. In jenen Einzelszenen gelingt es Odar bestens, die Spannungsschraube merklich anzuziehen.

Innovative eigene Ideen bleiben währenddessen allerdings eher auf der Strecke. Bei der omnipräsenten Abarbeitung an bereits bestehenden Werken, verbaut Odar «Who Am I» ein Stück weit die Chance zur Entwicklung einer eigenständigen Identität. Zumindest zwei einfallsreiche Lichtblicke hat der Thriller aber nichtsdestotrotz zu bieten. Da wären zunächst einmal mehrere zentrale, an dieser Stelle jedoch nicht näher ausgeführte Wendungen, die für sich genommen zwar ebenfalls nicht mehr taufrisch sind, in ihrer verspielten Aufbereitung und Verknüpfung aber durchaus für die eine oder andere Überraschung gut sind.

Das wahre inszenatorische Glanzstück des Films ist jedoch definitiv die Visualisierung des virtuellen Netzwerks, in dem die Hacker agieren und sich untereinander austauschen. So finden jene „Zusammenkünfte“ in düsteren U-Bahn-Waggons statt, wo sich die anonymisierten Cyberkriminellen mit Masken verhüllt begegnen. Mit diesen Einschüben schafft Odar nicht nur eine skurril-bedrohliche, zeitweise fast schon unheimliche Stimmung, sondern umschifft einmal mehr gekonnt die Gefahr des allzu eintönigen Verharrens auf kryptische Computerbildschirme oder die davor platzierten, eifrig tippenden User.

Fazit: Gut kopiert ist noch immer besser als schlecht selbst kreiert. Baran bo Odar wandelt mit «Who Am I» inhaltlich und inszenatorisch auf den Spuren Hollywoods, lässt dabei allerdings insgesamt ein wenig die Originalität vermissen, die er mit einzelnen Szenen durchaus an den Tag zu legen weiß. Dennoch ist sein stylisch bebilderter Hacker-Thriller über weite Strecken packendes, mehrere Haken schlagendes Spannungskino mit einer gut aufgelegten Star-Besetzung.

«Who Am I - Kein System ist sicher» ist ab dem 25. September in den deutschen Kinos zu sehen.


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Wie hieß das Langfilm-Debüt von «Who Am I»-Regisseur Baran bo Odar?

Tipp: Der Titel findet sich auch in der obigen Filmkritik.
Teilnahmeschluss ist am 5. Oktober 2014 um 23:59 Uhr. Viel Glück!

Weitere Informationen zu den Teilnahmebedingungen findet ihr unter http://tinyurl.com/QuotenmeterGewinn.

Kurz-URL: qmde.de/73343
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