Rob Vegas

Das kleine Erfolgsgeheimnis

von
Was interessiert uns Zuschauer eigentlich im Fernsehen? Diese einfache Frage hat in den letzten Jahrzehnten deutlich an Bedeutung gewonnen. Vielmehr ist sie zur Kernfrage des Mediums geworden.

Fernsehen ist im ersten Sinn ein Angebot. Sie können dort nichts bestellen. Vielmehr steht nur der Speiseplan für die kommenden 14 Tage fest. Insofern ist Fernsehen kein Schmuckladen, sondern vielmehr eine Werkskantine. Nur das man halt auch am Wochenende kocht. Oftmals sogar den Wochenrückblick aus den Schlagzeilen der vergangenen Speisen.

Dieses System funktioniert. Es ist einfach, planbar und jeder findet darin irgendwann seine Lieblingsmahlzeit. Nur arbeiten die Menschen heute nicht mehr alle in dem gleichen Betrieb. Die ganze Welt strotzt nur so vor Individualismus und einigt sich bestenfalls auf einen überteuerten Kaffee mit zu viel Zucker in der Innenstadt. Fußball ist da noch eine sichere Bank. Nicht umsonst überbieten sich die Sender mit Angeboten um die Rechte zur Ausstrahlung. Der Rest dagegen ist verdammt schwierig geworden. Die Menschen interessieren sich einfach in ihrer Freizeit für endlos viele Dinge. Ein junger Mann lebt zum Beispiel für ein besonderes Computerspiel. Andere Menschen bloggen über Kosmetik und wieder andere Zuschauer schauen nur noch die Filme und Serien in englischer Originalfassung auf DVD.

Der Konsens über eine normale Kantine ist da kaum noch zu erreichen. Vielmehr bastelt sich ein jeder Zuschauer mittlerweile dank sozialer Netzwerke und den vielfältigen Angeboten an Bild und Ton seine eigene Mahlzeit. Vielleicht auch ein Grund für den Erfolg von Jauch mit seinem Quiz bei RTL. Quizfragen. Da ist der Konsens groß und jeder Zuschauer kennt sich bei einer Frage ganz besonders gut aus. Denn wir sind wahrscheinlich mittlerweile alle ein wenig zum Klugscheißer mutiert. Nur wie soll man da noch Massen an sich binden? Wie die Zuschauer wie einst vorm Theater einsammeln? Mit Gratis-Tickets funktioniert es nicht mehr. Aufmerksamkeit erzeugen? Dafür müssen Sie sich schon rohes Fleisch auf den Körper schneidern und ein Pokerface aufsetzen. Globales Phänomen sein. Auch nicht wirklich praktikabel.

Was wir merken? Das Interesse am Medium für alle Zuschauer nimmt ab. Nicht umsonst gibt es nun schon einen extra Männersender. Video On Demand und lauter unausgegorene Geschäftsmodelle für Video im Netz. Es ist einfach verdammt schwer geworden eine Masse an Zuschauern an sich und das Produkt zu binden. Messbar fasst nur noch in Fans auf Facebook. Nur schauen diese Menschen auch jede einzelne Show im Fernsehen? Sie haben lediglich einmal in ihrem Leben einen „Gefällt mir!“ Knopf mit der Maustaste angefahren. Was bedeutet dieser Umstand für das Fernsehen?

Den kleinsten gemeinsamen Nenner finden? Das wäre dann Schadenfreude, Casting, Quiz und Liebe. Diese Themen gehen wie Currywurst in jeder Kantine. Vielleicht wäre ein erster Schritt gerade das Gegenteil. Weg von den großen Themen. Weg von den Superstars. Weg von den bekannten Gästen. Neugier wecken. Kleine Welten als großes Medium für sich entdecken und einer breiten Masse präsentieren. Sie verstehen meinen Ansatz? Anstatt in einen immer kleiner werdenden gemeinsamen Nenner zu investieren, sollte man vielleicht eher wie ein Fischer versuchen die neuen Themen, Welten und Lebensumstände der Zuschauerschaft einzufangen. Über Unbekanntes berichten. Über kleine Dinge eine größere Doku machen.
Ob das der richtige Weg ist? Ich kann Ihnen das nicht sagen. Nur ist es nicht den Gedanken der Alternative wert? Ich schaue Ihnen dabei gern zu.

Ihr

Rob Vegas

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