Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Dreikampf um Talente

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«The Voice» vs. «DSDS» vs. «Unser Star für Baku». Ein Kommentar zum Castingshow-Kampf um die Quote.

Es waren Einschaltquoten, die man vor zwei Monaten noch als sensationell gefeiert hätte: 25,8 und 23,7 Prozent Marktanteil erreichten die ersten beiden Live-Shows von «The Voice of Germany» in der vergangenen Woche. Für die ausstrahlenden Sender ProSieben und Sat.1 ist dies natürlich ein großer Erfolg, da das sonstige Programm im Durchschnitt weit niedrigere Quoten einfährt. Besonders Sat.1 freut sich, hat man mit «The Voice» aus dem Problem-Sendeplatz am Freitag zum erfolgreichsten Sendetag der Woche gemacht. Und doch haftet diesen ersten Liveshow-Zahlen ein Makel an. Denn im Jahr 2011 hatte «The Voice» meist noch über 30 Prozent Marktanteil; gegenüber den besten Werten in den ersten Ausstrahlungswochen verlor man eine halbe bis eine Million junge Zuschauer.

Hängt diese Zuschauereruption damit zusammen, dass in diesen Tagen zwei weitere große Castingshows starten? Am Samstag ging es mit «Deutschland sucht den Superstar» bereits los. Wie gewöhnlich exzessiv im Vorfeld beworben und von Boulevardblättern mit Schlagzeilen begleitet, hat RTL das Bestreben, den Castingshow-Quotenthron wieder zurückzuerobern. Geglückt ist dies am Samstag wenig überraschend: Mit 6,17 Millionen Gesamtzuschauern und einer Quote von 31,0 Prozent beim jungen Publikum fuhr man deutlich bessere Zahlen ein als «The Voice» in den Tagen zuvor. Doch auch Dieter Bohlen spürt die neue Konkurrenz: Denn vor einem Jahr startete die neue «DSDS»-Staffel noch mit 7,47 Millionen Zuschauern und 36,8 Prozent Marktanteil. Ähnliche Verwerfungen sah man bereits Ende 2011, als «Das Supertalent» nach dem Start von «The Voice» nicht mehr die Top-Quoten früherer Staffeln bestätigen konnte.

Die großen Talentshows graben sich also gegenseitig einige Zuschauer ab – aber dramatisch ist das noch nicht. Beide Sendergruppen sollten aktuell sehr zufrieden mit dem Abschneiden ihrer Formate sein. Spannend dürfte es dennoch im Februar werden, wenn «The Voice» in die finale Phase geht: Traditionell schneidet «DSDS» mit den Mottoshows mit schlechteren Quoten ab als mit den Casting-Ausgaben am Anfang. Könnte der Sat.1-Show das gleiche Schicksal drohen? Oder ist es vielleicht gerade deswegen umgekehrt, weil das Konzept der Musiksendung auf richtig guten Stimmen und ungewöhnlichen Talenten beruht? Und weniger auf dem Krawall- und Fremdschäm-Faktor? Sollte «The Voice» mit den letzten Shows also gerade wegen der guten Kandidaten deutlich an Zuschauern zulegen können, wäre das Konzept voll aufgegangen – und «DSDS» könnte darunter leiden.

Neben den beiden Schwergewichten steigt in dieser Woche aber noch ein drittes Format in den Castingshow-Ring: «Unser Star für Baku» mit Jury-Chef Thomas D. Damit die ProSieben-Sendung zwischen Bohlen und Nena nicht untergeht, hat sich Stefan Raab ein innovatives Voting-Konzept ausgedacht. Bereits während der Performance der Kandidaten werden Abstimmungszahlen der Zuschauer eingeblendet, nach denen sich der weitere Verlauf der Show richtet. Dieses von Raab als „direkte Demokratie“ deklarierte Konzept könnte in die aktuelle Zeit passen, in der schon «The Voice» mit seiner evolutionären Idee beim Fernsehpublikum punktet. Ob Raabs Idee aber genug Innovation ist, muss sich zeigen. 2010 hielt sich «Unser Star für Oslo» nur knapp über dem Senderschnitt; im vergangenen Jahr schnitten die Lena-Shows noch schlechter ab.

Dass die drei Sendungen ihr Zuschauerfeld nicht kampflos überlassen wollen, ist offensichtlich. Dieter Bohlen sagte jüngst zu «The Voice», dass die Stimme allein „vielleicht zu Zeiten des Grammofons und von Jopie Heesters einen Star gemacht“ habe. «Unser Star für Baku»-Mann Thomas D beschrieb Dieter Bohlen kürzlich als Person mit „menschenverachtendem Gestus“. Und «The Voice»-Coach Xavier Naidoo stichelte mit seiner Mannschaft kürzlich gegen die Konkurrenz: „Andere Talentshows würden auf diesen drei Kandidaten eine ganze Staffel aufbauen!“ Fest steht: Der Kampf um die Zuschauer wird rauer, der Ton ebenfalls. Gut nur, dass am Ende das Publikum mit der Fernbedienung entscheiden darf, welcher Sendung es gute Quoten beschert. Eine Art direkte Demokratie also, wie sie Stefan Raab will. Ob sie ihm auch noch gefallen wird, wenn für seine Show kein Platz mehr bleibt zwischen den großen Quotenhits von RTL und Sat.1?

Jan Schlüters Branchenkommentar gibt es jeden Mittwoch nur auf Quotenmeter.de.

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