Vor Ort

Quotenmeter.de vor Ort: Aufzeichnung der «heute-show»

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Die Nachrichtensatire mit Oliver Welke macht Politnachrichten zur Unterhaltung. Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch besuchte das ZDF-Format und blickte hinter die Kulissen der Sendung.

Von der ersten Minute an ist Oliver Welke in bester Laune, das macht auch dem Publikum sichtlich Spaß, das nicht nur aus Gefälligkeit über die satirischen Kommentare lacht. Die großen Themen der Woche sind in der «heute-show» vertreten: Sarrazin, das Udo-Jürgens-Abschiedsständchen an Roland Koch, Lehrlingsmangel oder Westerwelle, auf den man sich ein wenig eingeschossen hat, und sogar Barack Obama - sie alle sind vertreten. Oliver Welke springt dabei nicht von einem Thema zum nächsten, sondern hat auch ein Kabarettisten-Team an seiner Seite, das dafür sorgt, dass er die Sendung nicht komplett alleine tragen muss. Mit Christian Ehring bespricht er auf sehr witzig-zynische Weise das umstrittene Buch von Thilo Sarrazin, Olaf Schubert zeigt seinen humorvollen Einspieler aus Cottbus, Martina Hill spielt die Statistik-Expertin Tina Hausten in ihrer unverwechselbaren Art und auch Schauspieler Alexander Schubert bietet vor dem Greenscreen (vermeintlich live aus Washington) sein ganzes Können auf, wenn er den sensiblen Reporter mimt. Einen haben wir noch vergessen: Gernot Hassknecht, die Rolle des Kabarettisten Hans-Joachim Heist, ist perfekt für den lautstarken Kommentar zwischendurch. Die Rolle passt dem Theater-Mann wie angegossen. Er wird stets schon weit im Vorfeld der eigentlichen Sendung aufgezeichnet, da er Freitagabends Theater spielt. Entdeckt hat man ihn durch ein Casting, bei dem jedoch ein gänzlich anderer Charakter gesucht wurde. Ein Glücksgriff. Er und die anderen „Experten“ sind willkommene Sidekicks für Oliver Welke, der durch die Sendung führt. Eine Bereicherung für die «heute-show», denn das Konzept aus Einspielern, Live-Schalten und der satirischen Verarbeitung der Politnachrichten geht voll auf. Die Sendung hat Unterhaltungswert und trifft den Humor ihrer Zielgruppe, die größtenteils die politisch-interessierten, jungen Erwachsenen sind. Durch die direkte Wahrnehmung vor Ort im Studio kommt man aus dem Lachen ob der hohen Gagdichte gar nicht mehr heraus. Inwieweit man sich dabei an dem US-Vorbild der «Daily Show» orientiert verrät Oliver Welke: „Als wir auf Sendung gingen, kam dieser Vergleich recht schnell. Dabei gab es schon vor der «heute-show» politische Nachrichtensatire. Zum Beispiel «extra3», das heute immer noch im NDR zu sehen ist. Und wir wollen gar nicht so sehr mit anderen Formaten verglichen werden“, betont der «heute-show»-Anchorman.

Zum Konzept der «heute-show» zählt aber auch der richtige Moment, in dem man einen Gag bringt, damit dieser zündet. Das eine oder andere Mal muss ein Witz wiederholt werden, weil die MAZ zu früh abgefahren wurde oder beim zweiten Versuch das Sarrazin-Buch an der falschen Stelle lag. Kleine Pannen, die bei einer Aufzeichnung eben passieren können. Davon lässt sich das eingespielte Produktionsteam aber nicht beirren, auch Oliver Welke nimmt es mit Humor, denn auch beim zweiten Mal sitzt der Gag. Der «heute-show»-Anchorman hat ein gutes Gespür dafür, wann der richtige Moment für einen Witz da ist, war er doch auch oftmals in der Impro-Comedy «Schillerstraße» dabei. „Völlig spontan kommt in der Sendung relativ wenig. Fast alles wird von den Autoren und mir geschrieben, weil die Regie sonst mit dem Einspielen der vielen Grafiken nicht punktgenau nachkäme. Ich darf aber den Wortlaut spontan variieren und einzelne Sätze drum herum improvisieren“, beschreibt Oliver Welke seine Rolle als Moderator der «heute-show», die er mit viel Spaß verbindet. Spontan reagieren möchte man aber schon auf aktuelle politische Ereignisse. „Wir hatten das Glück, dass in unserer Sommerpause generell wenig Politisches passiert ist, das wir verpasst hätten und sind auch Herrn Köhler dankbar, dass er noch vor der Pause zurückgetreten ist, so dass wir das noch verarbeiten konnten. Generell reagieren wir also schon auf politische Ereignisse“, meint Welke im Gespräch mit Quotenmeter.de-Redakteur Jürgen Kirsch etwas süffisant. Die «heute-show» versteht sich somit auch als Wochenrückblick. Die Themen der Woche werden von der Redaktion gesammelt, die Gags von den Autoren geschrieben und am Ende im Politainment-Produkt «heute-show» zusammengeführt. Also kann bei einem bedeutenden politischen Ereignis am Aufzeichnungstag die Arbeit einer ganzen Woche über den Haufen geworfen werden? Welke: „Das ist richtig. Aktualität ist sehr wichtig."

Mit 30 Minuten, die exakt eingehalten werden müssen, ist die «heute-show» im ZDF noch an Sendezeit eher knapp bemessen. Doch steckt sehr viel Arbeit dahinter, um diese Sendezeit zu füllen. Noch unmittelbar vor der Aufzeichnung herrscht eine Etage über dem Studio ein reges Treiben. Teilweise werden noch letzte Vorbereitungen getroffen, größtenteils wird aber schon auf die Sendung sieben Tage später hingearbeitet. „Man denkt, die Sendung ist fertig, aber der Schein trügt, die nächste Sendung wartet schon. Viel Verschnaufpause bleibt da nicht“, erläutert Produzent Georg Hirschberg bei einem Rundgang im Produktionsbüro der «heute-show». Hier steht auch das Herzstück der «heute-show», das ein Mitarbeiter von Prime Productions betreut. Modernste Technik in einem Raum, in dem außer Lüftergeräuschen und viel Hightech nicht viel zu vernehmen ist. Über 30 Kanäle, überwiegend News-Sender, werden hier parallel aufgezeichnet. Das Material für die «heute-show» kommt hier zusammen. Ohne dieses wäre die politische Satire mit Nachrichtenbeitrag-Schnipseln erst gar nicht möglich. Ein umfassendes Archiv an Bildmaterial, das hin und wieder auch mal ausgemistet werden muss, wenn die Technik an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Zwei Türen weiter befinden sich die Sichter-Plätze. Die dortigen Mitarbeiter sind damit beschäftigt das aufgezeichnete Material für die bevorstehende Sendung anzuschauen und für die mögliche Verwendung auszufiltern. In der Redaktion daneben entstehen die Ideen und Beiträge für die «heute-show». Das gesichtete Material wird für die Sendung schließlich aufbereitet. Nebenan befinden sich natürlich einige Schnittplätze, wo die Einspieler für die Sendung in ihre Endfassung umgewandelt werden.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie die "Mainzelmännchen" entstehen.


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