Kirschs Blüten

«Kirschs Blüten»: Serien-Gemetzel

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Was bisher geschah: Die stückweise Ausstrahlung von Serials bekommt der Quote zumeist nicht, analysiert unser Kolumnist.

Jeder passionierte Fernsehzuschauer hat seine Lieblingsserie. Beim männlichen Publikum sind es zumeist Mystery-Serien wie «Fringe», «Lost» oder «24». Bei den weiblichen Zuschauer eben «Grey’s Anatomy» oder «Private Practice». Nur wenige Serien wie «Dr. House» werden von Jedermann geliebt und dominieren mit neuen Folgen die Fernsehlandschaft. Nur wenige Beispiele, die beliebig durch ähnliche Serientypen ersetzt werden können. Allen haben sie jedoch eins gemeinsam: Die regelrechte Zerstückelung ihrer Staffeln, die die ausstrahlenden Sender nur allzu gern betreiben. Manchmal kann man sich dem Eindruck nicht verwährend, dass die Programmdirektionen der Privatsender mit säbelrasselnden Freddy Krügers und Michael Meyers besetzt sind. Denn so viele Einschnitte wie manche US-Serie bei den Ausstrahlungen erhalten, so oft wie sie unterbrochen werden, umso mehr kleine Horror-Streifen könnten in den Sendeanstalten bei der Programmplanung gleich mitgedreht werden.

Das mag ein wenig polemisch gesagt sein. Aber mal ehrlich: Wenn man nicht gerade ein hartgesottener Fan solcher US-Serie ist, verliert man doch als normaler Serien-Zuschauer nur allzu leicht die Lust am Weiterschauen. Und vielleicht sind auch so die Einbrüche der Einschaltquoten beispielsweise bei «Lost», «24» oder «Jericho» ein stückweit zu erklären. Natürlich haben all diese Serien auch ihre eigene inhaltliche Wandlung hinter sich, doch sind diese allesamt auf wiederkehrende Handlungsstränge gemünzt. Hat man ein, zwei Folgen verpasst, fällt es zunehmend schwerer der Rahmenhandlung zu folgen. Sogleich schwindet auch das Interesse der Zielgruppe. Selbst dann, wenn unterschiedliche Themen und Fälle in einer Episode zum Tragen kommen, so geht die komplexe Haupthandlung um die Hauptfiguren doch stetig weiter.

So sind gerade Fortsetzungsserien von dem Phänomen der stückweisen Ausstrahlung einer Staffel akut gefährdet. Ohne die Sender an den Pranger stellen zu wollen: Unterbricht man eine Serie mit fortlaufender Handlung in der Mitte der Staffel, zeigt die andere Hälfte ein halbes Jahr später und setzt die nächste Staffel erst ein Jahr später fort, dann mag man den dadurch entstandenen Zuschauerschwund auch durch diese sprunghafte Programmierung festmachen dürfen. Nach sechs Monaten weiß der TV-Zuschauer, der sich nur nebenbei für die jeweilige Serie interessiert, nicht mehr, was in den ersten zehn Folgen der Staffel passierte und muss sich erst wieder hineinarbeiten – vorausgesetzt er ist noch gewillt dazu.

Zwar gibt es zu Beginn der einzelnen Episoden immer wieder eine Rückschau darauf, was bisher geschah, doch helfen sie in aller Kürze nur dahingehend weiter, dass bestimmte Szenen besser in Erinnerung gerufen werden. Ein kompletter Überblick der meist komplexen Handlungsstränge ist innerhalb der wenigen Sekunden, die zur Verfügung stehen, gar nicht möglich. So ist es vonnöten, dass der Zuschauer bei seiner Serie „am Ball“ bleibt. Bekommt er nur sporadisch jedes halbe Jahr ein paar Folgen serviert, vergeht ihm schnell der Appetit. Das Ende vom Lied kennen Serien wie «Lost», «24» oder «Jericho» - nur ein paar zu nennen – allzu gut: Quoteneinbruch, Abschiebung auf einen kleinen Sender der Mediengruppe und Ausstrahlung der letzten Staffeln fast schon unter Ausschluss der Öffentlichkeit, beziehungsweise nur noch für jene, die die Qualität der Serien früh erkannt haben und sich von der Zerstückelung ihrer Staffeln nicht haben vertreiben lassen.

Die offene Struktur eines Serials erlaubt eben keine sprunghaften Fortsetzungen. Im Gegenteil: Es schadet der Serie, der Quote und schließlich auch dem Sender. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Handlung sich über eine Staffel oder über die komplette Serie erstreckt. Dem Zuschauer werden die Zusammenhänge hier ohnehin nur sukzessiv klar, er schlüpft in die Rolle des Rätsellösenden, der Handlungsfragmente zusammenfassen muss. Dazu muss er jede Folge gesehen haben. Der so genannte Recap vor jeder Episode dient allein der Wiederaufnahme der Cliffhanger, die am Ende einer anderen Folge standen. Bei Serien wie «Dr. House», wobei auch hier eine fortlaufende Rahmenhandlung existiert, mit in sich geschlossener Handlung (meist einem Fall) ist eine Unterbrechung weitaus weniger problematisch. Gar kein Thema ist die stückweise Ausstrahlung bei Procedurals wie dem «CSI»-Franchise, wobei sich auch hier am RTL-Donnerstag beispielsweise erste Abnutzungserscheinungen erkennbar machten.

Sicherlich haben auch die ausstrahlenden Sender ihre Gründe für eine Unterbrechung von Staffel: So wird in der Sommerpause gerne die Urlaubzeit angeführt. Da es draußen länger hell ist, sehen weniger Menschen fern. Das mag durchaus richtig sein, doch im heutigen digitalen Zeitalter mit Digitalrekorder und Online-Videothek ist es dem Serien-Fan ein Leichtes nach dem Vergnügen an Sonne, Sand und Meer am späten Abend die verpassen Serien-Episoden nachzuholen – wenn sie denn verfügbar wären beziehungsweise überhaupt neue Folge ausgestrahlt würden. So schauen Serienjunkies im Sommer weiterhin in die Röhre oder höchstens die x-te Wiederholung einer Folge wie es auch bei täglichen Serien wie «Die Simpsons» öfters mal vorkommt. Der gelegentliche Serien-Zuschauer schaltet indes ab – entweder gänzlich oder sporadisch wieder ein. Ein schleichender Prozess, der zur Absetzung führt. Happy End: Fehlanzeige.

«Kirschs Blüten» gehen auch nächste Woche wieder auf – jeden Dienstag! Nur bei Quotenmeter.de!

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