Sonntagsfragen

medienfreunde: Matthias Lier

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Bald ist Matthias Lier in «Bonusfamilie» zu sehen. Uns verrät er, welchen Film er überbewertet findet und was er mit Joachim Mending, dem ehemaligen Geschäftsführer der Hessischen Filmförderung, tun würde.

Ein Film, der mich als Kind geprägt hat …
«King Kong und die weiße Frau» von 1933. Ich weiß noch ganz genau, wie ich auf den Fernseher eingeschlagen habe, als der Affe die Frau mit aufs Empire State Building nehmen wollte. Mein Vater musste den Fernseher ausschalten, um Schlimmeres zu verhindern.

Eine Serie, die ich in meiner Kindheit entdeckt habe und noch immer liebe …
«Die Simpsons» und Al Bundy in «Eine schrecklich nette Familie». Ich muss beide zusammen nennen, weil ich beide auch immer hintereinander gesehen habe und sie emotional sozusagen aufeinander aufbauen. Satire vom Feinsten.

Ein Film, den viele Leute hassen, ich aber großartig finde …
ist «Rocky 1». Ich weiß nicht, ob ihn viele Leute hassen, aber gut finden ihn die wenigsten. Und das verstehe ich nicht. Sylvester Stallone war bis dahin ein nahezu unbekannter, verarmter Schauspieler und Drehbuchautor. Er hat sich diese Geschichte aus dem Leib geschrieben, mit der Bedingung sie nur zu verkaufen, wenn er selbst die Hauptrolle spielt. Wow. Den Kampf, den Stallone hatte, um mit diesem Film als Künstler ernst genommen und Erfolg zu haben, ist zugleich der Kampf seiner Hauptfigur Rocky Balboa. Ich als Zuschauer gehe mit ihm auf die Straße und kämpfe mit ihm, wenn er versucht, so aus den einfachen Verhältnissen rauszukommen, in denen er lebt. Das kenne ich gut.

Ein Film, den viele Leute feiern, ich aber nicht leiden kann …
ist «Das Schweigen der Lämmer». Es tut mir leid, aber ich tue mir schwer mit der Spielweise von Anthony Hopkins. Es berührt mich nicht, es gruselt mich nicht, es unterhält mich nicht, es amüsiert mich nicht - es ist für mich ein Film, bei dem ich jemanden beim Spielen zuschaue.

Drei beendete Medienprojekte, die ich wiederbeleben würde, wenn ich könnte …

An erster Stelle steht auf jeden Fall «Der schwarze Kanal» mit Artur Schnitzler, schon allein deshalb, weil ich immer ins Bett musste, wenn der schwarze Adler auf die Ostantenne geflogen ist, und ich dann aus meinem Kinderzimmer heraus nur gehört habe, wie mein Vater sich über die DDR-Propaganda aufgeregt hat.

Außerdem natürlich «Wetten, dass?» mit Thomas Gottschalk und Phil Collins als Dauergast. Einfach weil man da als Familie schön zusammensitzen kann und für jede Altersklasse was dabei ist. Da war die Welt noch in Ordnung.

Ich wollte schon schreiben eine Talkshow mit Michel Friedman, aber er hat ja wieder eine neue habe ich gerade entdeckt, und vergleicht die Grünen mit der AFD. Sowas habe ich vermisst.

«Space Night» vom BR. Wer es nicht mehr kennt, es liefen die ganze Nacht schöne Satellitenbilder vom Wunderwerk Planet Erde über den Röhrenfernseher, mit feiner elektronischer Musik untermalt, ein Bildschirmschoner mit Musik sozusagen. Ein bisschen Odyssee 2001 in Dauerschleife, sowas fasziniert mich immer wieder.


Wenn ich das Gesamtwerk einer Schriftstellerin/eines Schriftstellers, eine Serie und eine Filmreihe mit auf eine einsame Insel nehmen könnte, von der man mich erst in sechs Monaten wieder abholt …
dann ist auf jeden Fall das Gesamtwerk von Milan Kundera dabei. Egal welches Buch ich von ihm lese, ich habe jedes Mal das Gefühl, dass ich eine neue Sichtweise auf die Liebe und das Leben bekomme, und es passt immer zu der Situation, in der ich mich gerade befinde.

Als Serie würde ich «Californication» mitnehmen, als Ausgleich zu Kundera sozusagen. Ein herum-hurender Künstler, der seine Schaffenskrise wegsaufen will, und immer mal wieder einen Faustschlag einer nackten Frau ins Gesicht braucht, was gibt es Lustigeres.

Als Filmreihe würde ich alle Filme Stanley Kubricks mitnehmen. Schon allein aus ästhetischen Gründen, aber auch, weil ich die feine Handschrift des Regisseurs mag, die sich in allen Details immer wieder spiegelt, und die mit Fantasie gepaart ist. Das finde ich ohnehin das Große am Film, dass er von Welten erzählen kann, zu denen wir niemals reisen können.

Wenn ich in einer Show (egal ob sie bereits abgesetzt ist oder nicht) mitmachen könnte, dann in …
... «Je später der Abend» vom WDR in den 1970ern. Ich würde dann gerne die Rolle von Reinhard Münchenhagen übernehmen, der Klaus Kinski interviewt. Ein Studiogast müsste dann einfach eine Frage an meinen Gesprächspartner stellen, ohne dass er dazu aufgefordert wurde, am besten zu Beginn der Sendung, der Rest würde fantastisch laufen. Das würde mir als Setting schon reichen.

Ein Medienberuf, der mich immer fasziniert hat, den ich mir aber niemals zutrauen würde …
Ich wäre gerne Auslandskorrespondent für den Spiegel oder fürs ZDF und mit Hans-Ulrich Gack auf du.

Würde ich die arte-Reihe «Durch die Nacht mit …» planen, würde ich folgende zwei Medienpersönlichkeiten zusammenpacken …
... und zwar Hans Joachim Mending, ehemaliger Geschäftsführer der Hessischen Filmförderung, und den AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen. Das wäre ein «Durch die Nacht mit Special», bei dem wir einen Besuch im «Dschungelcamp» machen würden. Als Finale stelle ich mir vor, dass beide nach drei intensiven Tagen ohne richtiges Essen zwei Teller vorgesetzt bekommen, auf dem einen liegen lebende Heuschrecken mit Nutella, auf dem anderen zwei Schnitzel mit Pommes und Salat. Beide müssten unter sich ausmachen, wer welchen Teller bekommt. Auf diese Art könnten wir beide Persönlichkeiten besser kennen lernen, und uns ein differenzierteres Bild über deren Verhältnis zueinander machen.

Auf YouTube schaue ich vornehmlich …
den Politik-Kanal «Jung und naiv», den Satire-Kanal «Bohemian Browser Ballett» und die «heute-show». An ganz langweiligen Tagen schau ich auch mal heimlich einen Clip, wie die größten Brücken der Welt gebaut werden.

Wenn ich gerade überhaupt nichts mit Medien zu tun habe, dann …
... schneide ich die Bäume bei meinen Eltern im Garten. Das liebe ich. Das ist ein bisschen wie beim Filmdreh, nur das ich hier der Regisseur bin: der Apfelbaum macht ein Angebot mit seinen Knospen und Jungtrieben. Ich entscheide, was stehenbleiben darf, und in welche Richtung es weiter geht. Und nach dem Winter sehe ich, was der Baum daraus gemacht hat.

Meine aktuellen Projekte …
... sind zwei Serien, die unterschiedlicher nicht seien können, und in denen ich durchgehend zu sehen seien werde. Am 20.November 2019 startet die «Bonusfamile» als erste der beiden auf ARD. Sie setzt sich mit dem Phänomen der Patchwork-Family auseinander. Ich spiele einen alleinstehenden Mann Ende 30, der sich eine Familie wünscht, und dafür einiges in Kauf nimmt. Die historischen Schweizer Serie «Frieden» wird dann 2020 Premiere im SF und auf arte haben. Das Schweizer Fernsehen setzt sich darin ernsthaft mit der Schweizer Geschichte nach 1945 und dem Verhältnis des Kriegsverlierers Deutschland auseinander. Ich spiele darin einen vermeintlichen Glücksbringer und Hoffnungsträger aus Deutschland, an dessen Schicksal das ganze Dilemma des Konfliktes deutlich wird, den die Schweizer zu der Zeit zu bestehen hatten.

Als letztes möchte ich den Kinofilm «Endjährig» erwähnen, der mir eine echte Herzensangelegenheit ist. Er wird voraussichtlich ab 2020 zu sehen sein wird. Der Film skizziert in sehr kunstvoller, dystopischer Art eine Zukunft Deutschlands, wie wir sie hoffentlich nie erleben werden. Als Protagonist des Filmes entscheide ich über Leben und Tod, und gerate in ein großes Dilemma, wenn mein alter Vater in mein Leben zurückkehrt.

Ab Mittwoch, 20 . November 2019 um 20.15 Uhr zeigt Das Erste in drei Doppelfolgen die sechsteilige horizontal erzählte Familienkomödie «Bonusfamilie».

Kurz-URL: qmde.de/113708
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