Warum die Kritik an Luke Mockridge unverhältnismäßig ist

From Hero to Zero? Nach seinem Auftritt im «Fernsehgarten» mehrten sich zuletzt die negativen Stimmen in Richtung Luke Mockridge. Vor allem Bild.de stand in den vergangenen Wochen in der ersten Kritiker-Reihe. Unser Autor findet das unfair.

Dass der «Fernsehgarten»-Auftritt von Luke Mockridge am 18. August 2019 eine derart große Öffentlichkeit erfahren würde, hätte der Comedian selbst nicht für möglich gehalten. „Ich war im Nachhinein echt erstaunt darüber, wie wichtig es war, dass ich live im Fernsehen mit einer Banane telefoniert habe. Und egal wie absurd mein Auftritt in dem Moment rüberkam - das, was dann daraus gemacht wurde, war noch viel absurder und kindischer“, sagte Luke einige Wochen nach dem kleinen TV-Eklat.

Nun ist über den «Fernsehgarten»-Auftritt definitiv alles gesagt und geschrieben worden. Er war nicht besonders professionell und auch nicht wirklich lustig. Und dennoch scheint es, als habe sich die öffentliche Meinung zu Luke seit seinem Ausflug in die ZDF-Show gedreht. Luke, der vor nicht allzu langer Zeit als einer der Retter des linearen Fernsehens im Allgemeinen und von Sat.1 im Konkreten galt, scheint von 100 auf 0, von Hero auf Zero abgerutscht zu sein.

Doch warum nehmen viele Menschen Luke Mockridge sechs ungeschickte Minuten im «Fernsehgarten» auch Wochen danach noch derart übel?

Auffällig in dieser Sache ist die Berichterstattung der Medien, vor allem die von Bild.de. Ein Blick in das Archiv des Boulevardangebots zeigt eindrucksvoll, wie sich der Ton in den Artikeln über Luke Mockridge seit dem «Fernsehgarten»-Eklat geändert hat. Von Objektivität kann bei der Häufung der Negativ-Schlagzeilen jedenfalls kaum noch die Rede sein. Beispiele gefällig?

Nach der ersten Folge der «Greatnightshow» - der «Fernsehgarten»-Auftritt lag zu diesem Zeitpunkt Wochen zurück - titelte «Bild» reißerisch: „Das war ja wohl nix!“. Schon einen Tag zuvor lästerte die Zeitung über den Comedian unter der Überschrift „Nicht mal eine Versöhnung (mit Andrea Kiwel) bekommt Mockridge hin.“

Auch die Quoten der Show beäugte Bild.de kritisch. So fragten die Redakteure bereits nach der ersten Sendung, ob Rentner keinen Bock auf Luke gehabt hätten. Dass Mockridge schon immer ein Phänomen der Jüngeren war und beim Gesamtpublikum in der Regel nie überdurchschnittlich stark punktet, erwähnte das Blatt nicht. Dafür thematisierte die Bild im weiteren Verlauf die Quotenrückgänge in den folgenden Wochen, sie passten gut in den Ton der Negativ-Schlagzeilen, die man offenbar produzieren wollte. Zu Gags über den Wurstskandal schrieb das Blatt unlängst, dass Mockridge offenbar kein Thema zu ernst sei, „um es während der Sendung nicht doch noch durch den Kakao zu ziehen“.

Woher die Negativ-Berichterstattung rührt? Offenbar möchte die Zeitung damit bei älteren Menschen punkten, die einen beträchtlichen Teil der Leserschaft ausmachen dürften. Sie werden abseits des «Fernsehgartens» mit Mockridge ohnehin selten in Berührung gekommen sein. Entsprechend leicht dürfte es für die Redakteure des Boulevardblatts sein, hier den Ton vorzugeben. Und ja, für Bild mag das strategisch sinnvoll sein, unfair ist es trotzdem.

Der Vollständigkeit halber sei allerdings gesagt, dass auch zahlreiche andere Berichte zu Luke in letzter Zeit vermehrt kritisch ausfielen. Quotenmeter.de-Autor Björn Sülter gab Luke kurz nach seinem Auftritt im ZDF die rote Karte. Promiflash hielt erst Anfang Oktober fest: „Luke Mockridge (30) stolpert von einem Skandal zum nächsten!“. Und Focus.de befand, dass Luke Mockridge „im TV mit Texthängern und lahmen Scherzen über alte Leute“ nerve.

Ach echt? Das klang vor einigen Monaten in vielen Medienberichten noch gänzlich anders.

Wir von Quotenmeter.de näherten uns 2017 dem „Phänomen Luke Mockridge“ und versuchten damals in einem längeren Artikel, seinen Erfolg zu erklären. „Kosmopolit und Nostalgiker, kumpelhaft und professionell, offen und dennoch bedacht: Luke Mockridge steht gewissermaßen in einem Spannungsverhältnis. Vielleicht ist gerade diese Mischung sein Geheimnis, das ihn so beliebt macht - und erfolgreich“, lautete damals unsere Conclusio. Luke fand diese Gedanken offenbar nicht abwegig, jedenfalls teilte er den Artikel damals auf seiner eigenen Twitter-Seite.

Noch viel spannender aber ist, dass auch Bild durchaus positiv auf Luke zu sprechen war. Er mache Comedy „mit so viel Charme und Witz, dass ihm niemand böse ist“, schrieb Bild.de über einen Auftritt von Luke im Mai dieses Jahr in München. Und weiter: „Selten wurde in der Arena so laut und oft herzhaft gelacht.“ In einem anderen Artikel, der vor zwei Jahren bei Bild.de veröffentlicht wurde, lobte Hella von Sinnen Luke in höchsten Tönen.

Je erfolgreicher ein Künstler wird, desto umstrittener ist er in der Regel auch. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass jeder Mensch seinen eigenen Geschmack hat und dass es ein Comedian nie allen recht machen kann. Zugleich beschwört großer Erfolg immer auch Neider herbei und eine Fraktion von Kritikern, die aus Prinzip eine „Dagegen“-Haltung einnehmen.

Luke Mockridge gelang es lange Zeit, einen kleinsten gemeinsamen Nenner anzubieten, auf den sich ein Großteil des Publikums verständigen konnte. Der «Fernsehgarten»-Auftritt scheint eine Art Wendepunkt darzustellen, von dem sich Luke bislang nicht komplett erholen konnte. Wurde er jahrelang glorifiziert, wird auf ihn nun in einer Weise eingehauen, die unverhältnismäßig ist.

Die vermehrte Kritik in den sozialen Netzwerken dürfte wohl nicht zuletzt damit zusammenhängen, dass viele Bürger die wahren Hintergründe des «Fernsehgarten»-Auftritts in der «Greatnightshow» gar nicht mehr mitbekommen haben. Im schnelllebigen und informationsüberfluteten Alltag ging die verhältnismäßig unaufgeregte Auflösung unter. Geblieben ist hingegen das Bild von Luke mit seiner Banane und das einer aufbrausenden Andrea Kiewel. Spannend, wie sehr sich manche Nichtigkeit im Bewusstsein vieler Menschen festsetzten kann…

«Luke! Die Greatnightshow» ist am 25. Oktober und 1. November am Freitagabend um 20.15 Uhr in Sat.1 zu sehen.
25.10.2019 12:30 Uhr  •  David Grzeschik Kurz-URL: qmde.de/113170