Schlüter sieht's

«Schlüter sieht's»: Referenzzielgruppe ade?

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RTL weist Quoten künftig nur noch für die 20- bis 59-Jährigen aus. Was bedeutet dies für die Branche?

Der Vermarkter der RTL-Sendergruppe, IP Deutschland, verzichtet ab Mitte 2013 auf die Ausweisung der Einschaltquoten beim 14- bis 49-jährigen Publikum. Wichtig ist dies vor allem für die Werbekunden der RTL-Kanäle, die ihre Spots und Produktplatzierungen hauptsächlich von den Marktanteilen bei bestimmten Zuschauergruppen abhängig machen. Im Privatfernsehen galten die 14- bis 49-Jährigen, also die gemeinhin als „werberelevant“ bezeichneten Zuschauer, lange Zeit als Referenzzielgruppe. Als solche können die 14- bis 49-Jährigen durch den Schritt von IP Deutschland aber nun nicht mehr bezeichnet werden.

Da der Vermarkter der zweiten großen deutschen Sendergruppe ProSiebenSat.1 bisher kein Interesse daran hat, die Zielgruppendefinition heraufzusetzen, bekommt die Branche möglicherweise ein Problem: Denn ab 2013 lassen sich die Sender und ihre Quoten nur noch unzureichend vergleichen, wenn RTL die Gruppe der 14- bis 49-Jährigen nicht mehr ausweist. Zwar können sich Werbekunden die Zahlen auf anderen Wegen besorgen, aber dies ändert wenig an der Tatsache, dass es bald wohl tendenziell schwieriger wird, senderübergreifende Vergleiche hinsichtlich der Einschaltquoten anzustellen.

In Zukunft dürfte sich diese Entwicklung aber noch weiter fortsetzen: Denn mit IP Deutschland verabschiedet sich wohl nur der erste Vermarkter von der bis jetzt bestehenden Referenzzielgruppe. Realistisch ist, dass andere folgen werden – aber nicht, um eine neue Referenz der 20- bis 59-Jährigen zu bilden, wie RTL es offensichtlich will, sondern um eigene Zielgruppen für ihren Sender auszugeben. So hat Tele 5 beispielswese bereits vor zwei Jahren eine Kampagne gestartet, welche die 35- bis 65-Jährigen in den Mittelpunkt rückt und darauf abzielt, Werbekunden individuell für den eigenen Sender zu gewinnen.

Der zunächst offensichtliche Nachteil, keine Vergleiche mehr mit anderen Sendern anzustellen, wird so zum Vorteil: Denn so müssen sich beispielsweise kleinere Spartensender nicht mehr untereinander messen lassen und den Werbekunden möglicherweise erklären, warum jenes Programm erfolgreicher ist als das eigene. Nein, die Unternehmen können sich künftig darauf noch stärker konzentrieren, individuelle Angebote – maßgeschneidert nach der eigenen Zuschauerschaft und Stärke – für die Werbekunden zu stricken. Auch größere Sender tun dies bereits in mehr oder weniger großem Umfang, so beispielsweise ProSieben für die 14- bis 29-Jährigen. Die Zielgruppen dürften in Zukunft aber nicht mehr nur auf das Alter beschränkt werden, denn auch Kaufkraft und Bildungsgrad der eigenen Zuschauerschaft werden relevanter.

Interessant wird nun, ob ProSiebenSat.1 die Quoten der 14- bis 49-Jährigen überhaupt noch beibehält – denn spätestens jetzt wird man bei der Sendergruppe fragen, warum man die Zahlen noch ausweist, wenn bald der wichtigste relevante Vergleichswert (nämlich die RTL-Sender) wegfällt. Möglich also, dass die oben beschriebene Fragmentierung der Zielgruppen schneller kommt als gedacht.

Aushängeschild der damaligen Tele 5-Kampagne für die 35- bis 65-Jährigen war übrigens Thomas Gottschalk. Jener Showmaster, der nun bei RTL anheuert und dort für gute Zuschauerzahlen sorgen soll. Vielleicht war er es ja, der den designierten IP Deutschland-Chef Matthias Dang persönlich von der Zielgruppen-Neudefinition überzeugt hat. In seinem Remagener Schloss, das er sich damals mit 54 Jahren leisten konnte – in einem perfekten Zielgruppen-Alter also, das viel, viel Kaufkraft verspricht.

Jan Schlüters Branchenkommentar gibt es jeden Mittwoch nur auf Quotenmeter.de.

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