Popcorn & Rollenwechsel

Full Metal Movies

von
Wacken ist vorbei. Was kommt nun? Vielleicht kann ein Filmabend das Blut weiter zum Kochen bringen. Unser Filmkolumnist stellt fünf Filme vor, die jedem Metaller durch die Post-Festival-Depression helfen.

Nicht nur das erste August-Wochenende liegt gerade hinter uns, sondern mit ihm auch zwangsweise das Wacken Open Air. Das größte Metal-Festival der Welt und das zweitgrößte Open-Air Deutschlands lockte wieder einmal über 75.000 Fans in das beschauliche Schleswig-holsteinische Dorf. Soviel schon mal dazu, dass Metal ja nur eine Randerscheinung sei…

Um den Metalheads die Rückkehr in den Alltag zu erleichtern, stelle ich euch nun eine Auswahl an Filmen vor, die sich der teuflisch guten und höllenhaft lauten Musik verschrieben haben. Und wer weiß, vielleicht können diese Streifen auch ein paar Banausen bekehren?

«Full Metal Village» (Regie: Cho Sung-hyung, 2006)


Der am nahesten liegende Film sei zu erst genannt: 2005 und 2006 drehte die Südkoreanerin Cho Sung-hyung mit «Full Metal Village» eine Dokumentation, die für viele Metalheads als Pflicht-Vorprogramm zum Festivalbesuch gilt. Sie blickt auf das Leben in dem keine 2.000 Seelen zählenden Dorf, zeigt die unterschiedlichen Philosophien über den Fortschritt der Landwirtschaft und ältere Herrschaften, die freundlich die grotesken, schwarz gekleideten und langhaarigen Festivalbesucher anlächeln. Ein Bauer erklärt, dass jeder Mann jenseits der 67 eine Freundin braucht, um seine Ehefrau sexuell zu entlasten, während eine Altersgenossin schockiert über die satanischen Rituale spricht, denen sich sämtliche Festivalgänger ganz, ganz sicher schuldig machen. «Full Metal Village» ist ein amüsanter und unkommentiert Vorurteile aufbrechender Blick auf ein Bauerndorf, wird jedoch auch stark überschätzt. Die Regisseurin verliert sich in den sicherlich faszinierenden kleinen Brüchen des modernen Landlebens und lässt ihrem Vorhaben dadurch schnell die Luft ausgehen. Zwischendurch ähnelt «Full Metal Village» eher einer intelligenten, allerdings äußerst zähen Dokumentation über ein x-beliebiges Landwirtschaftsdorf, das Erkenntnispotential hinsichtlich des Festivals wird bloß im Ansatz genutzt. So bietet die preisgekrönte Dokumentation nur einige witzige sowie überraschende Segmente. «Full Metal Village» ist für Neugierige aufgrund dieser Lichtmomente zwar kein Kauf-, aber ganz klar ein Sehtipp. Wer die ungeheuerlich trashige Dokumentation «Metaller, die auf Brüste starren» aus diesem Jahr kennt, wird Cho Sung-hyungs Ansatz zu schätzen wissen.

«Heavy Metal» (diverse Regisseure, 1981)


«Heavy Metal» ist ein Zeichentrick-Episodenfilm voller Sex, Rock’n’Roll, 80er-Jahre-Metal und Gewalt. Eine der Geschichten handelt von einem Hänfling, der auf einen anderen Planeten transportiert wird, wo er zum einem muskulösen, potenten Macker mutiert, der mal so eben eine Frau vor einem rituellen Mord rettet und sie zur Belohung flachlegen darf. Eine andere Episode spielt in einer dystopischen Großstadt und lieferte ganz klar visuelle Inspiration für Luc Bessons «Das fünfte Element». Der Soundtrack besteht aus Songs von Größen wie Sammy Hagar, Black Sabbath, Devo und dem Blue Öyster Cult. Der kernige, politisch gewollt inkorrekte und sehr fantasievolle sowie kurzweilige, aber auch durch und durch flache Film ist für sein anvisiertes Nischenpublikum ein absolutes Muss. Jedoch sollten «Heavy Metal»-Jungfrauen vorgewarnt werden, damit sie nicht mit den falschen Erwartungen an ihn herangehen. Die kollektive Erinnerung lässt «Heavy Metal» psychedelischer erscheinen, als er ist. Die «South Park»-Hommage, in der Kenny Katzenurin schnüffelt und in eine wilde Fantasiewelt entflieht, in der ihn großbusige Frauen und verrückte Abenteuer erwarten, ist wesentlich „trippiger“ als das Original. Und selbst wenn manche Rezensionen es so darstellen, ist «Heavy Metal» kein derberes «Fantasia», in welchem die Kurzfilme perfekt abgestimmte Musikvideos zu den Songs darstellen. Was übrigens schade ist. Mal abwarten, welche Richtung das Remake einschlägt. Anfänglich sollte es eine Zusammenarbeit zwischen David Fincher, Gore Verbinski, James Cameron, Zack Snyder, Guillermo del Toro, Jack Black und Mark Osbourne werden. Trotz dieser stattlichen Liste an Namen konnte nicht die nötige Finanzierung gesichert werden. Jetzt landeten die Rechte bei Robert Rodriguez.

«Repo! The Genetic Opera» (Regie: Darren Lynn Bousman, 2008)


«Repo! The Genetic Opera» wurde im Rahmen dieser Kolumne bereits vorgestellt, als es um Kultfilme ging, die ihr Publikum von den Stühlen reißen können. Deshalb an dieser Stelle nur die Kurzfassung: «Repo!» ist eine Goth-Metal-Oper mit Sci-Fi-Horrorelementen. Sie spielt in einer finsteren Zukunft, in der nach einem Massensterben nahezu die ganze Menschheit von Ersatzorganen abhängig ist. Man kann sie auf Pump erwerben, doch wer nicht rechtzeitig bezahlt, bekommt Besuch vom Repo-Man, der einem das nicht bezahlte Organ beim lebendigen Leib rausreißt. Erzählt wird das ganze mit einem epochalen Soundtrack, der die Theatralik der klassischen Oper mit der Wucht und der Energie von Metal sowie der Düsternis von Gothic-Rock vereint. Sehr seltsam, überaus genial.


«Kings of Rock –Tenacious D» (Regie: Liam Lynch, 2006)


Der junge JB (Jack Black) erzürnt mit seiner Liebe zu unheiligem Rock und Metal seinen streng gläubigen Vater (Meat Loaf). Auf Anraten eines singenden Posters von Ronnie James Dio flüchtet JB aus seinem Vaterhaus nach Hollywood, wo er eine rockende Allianz, ja, die geilste Band der Welt gründen soll. Er begegnet dem Johann-Sebastian-Bach modernisierenden Gitarrenspieler KG (Kyle Gass) und nach allerlei Geflenne überzeugt er ihn davon, dass die zwei sich zu einem Metal-Duo formieren müssen. Nun, sie haben zwar nur Akustik-Gitarren, aber wen juckt’s? Oh, und außerdem begibt sich die frisch formierte Band namens Tenacious D auf die Suche nach dem Teufels-Plektrum, einem dämonischen Gegenstand, der bereits allen Gitarrengrößen seinen Dienst erwies…
Der mit witzigen Gastauftritten und eingängiger Musik von Jack Blacks Comedy-Musiktruppe nur so trotzenden Komödie muss man vorhalten, dass sie einige gehörige Timingprobleme hat. Die Story will einfach nicht so rasant voranschreiten, wie Blacks Mundwerk oder die fetzige Musik. Doch die zahlreichen Einfälle sowie die Spielfreude aller Beteiligten wiesen über diesen Mangel hinwegzutrösten. Alle Metaller und Rocker, die keine tödliche Allergie gegen Jack Black haben, sollten sich diesen Film reinziehen. Sofern sie das nicht längst erledigt haben.

«This is Spinal Tap» (Regie: Rob Reiner, 1984)


Wie jede Musikrichtung, entwickelt sich auch der Metal unentwegt weiter. Moderne Hörgewohnheiten werden sicher verhindern, dass Rob Reiners Dokumentation über die non-existente Band Spinal Tap zum begeisterten Headbangen einlädt. Aber was die vermeintlich britische Metal-Band, die so hart ist, dass einst ihr Schlagzeuger spontan explodierte, in Sachen Dezibel nicht zu bieten hat, liefert sie in Sachen Absurdität. Im englischsprachigen Raum genießt diese Parodie auf Banddokumentationen längst einen ungeheuren Kultstatus, der dem Film mehrere Wiederaufführungen und Spinal Tap zahlreiche Gastauftritte in anderen Medien (u.a. bei den «Simpsons») sicherte. In nur 82 Minuten kann der Zuschauer miterleben, wie sich eine ehemals gefragte Band während einer US-Tour selbst zu Grunde richtet, die Freundinnen von Bandmitgliedern einen stilistischen Wechsel vorschlagen, der Frontgitarrist mit seinem Verstärker angibt, der elf statt zehn Lautstärke-Stufen hat und, und, und… Eine Zusammenfassung kann dieser leidenschaftlichen Satire des Musikerdaseins nicht gerecht werden. Viel eher kann es folgendes, ungewöhnliches Qualitätskriterium: Leute wie Ozzy Osbourne haben anfangs nicht den Witz hinter «This is Spinal Tap» verstanden, weil sie ihn zu authentisch fanden, als dass er eine Komödie sein könnte.

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