Ein Bericht aus dem Inneren der Macht über einen Kanzler im Ausnahmezustand. Das ist bereits das dritte Buch von Robin Alexander.

Mit seinem neuen Buch „Letzte Chance – Der neue Kanzler und der Kampf um die Demokratie“ legt der vielfach ausgezeichnete Politikjournalist Robin Alexander einen hochaktuellen und zugleich beunruhigenden Bericht zur Lage der deutschen Demokratie vor. Im Zentrum steht Friedrich Merz, der im Jahr 2025 als neuer Bundeskanzler antritt – angeschlagen, ohne Regierungserfahrung, aber mit dem Versprechen, alles anders zu machen als die zuvor abgewählte Ampel-Koalition.
Alexander, stellvertretender Chefredakteur der „Welt“ und bekannt für seine tiefen Einblicke in die Berliner Politikszene, begleitet den Machtwechsel mit analytischem Scharfsinn und journalistischem Gespür für Dramatik. Das Ergebnis ist ein Buch, das sich wie ein Politthriller liest – und dabei weit über die bloße Chronik aktueller Ereignisse hinausgeht. Es geht um nicht weniger als die Frage: Ist das noch zu retten – oder erleben wir gerade das letzte Aufbäumen der demokratischen Mitte in Deutschland?
Friedrich Merz, jahrzehntelang als wirtschaftsliberaler Vordenker und Konservativer in der Union verortet, steht plötzlich vor historischen Aufgaben: Die AfD liegt in Umfragen teils bei über 25 Prozent, die internationalen Gewichte verschieben sich zugunsten autoritärer Systeme wie China und Russland, und in den USA steht mit Donald Trump eine zweite Amtszeit unmittelbar bevor. Merz selbst beginnt seine Kanzlerschaft ohne das übliche politische Vorschussvertrauen – zu groß sind die Zweifel an seiner Fähigkeit zur Krisenbewältigung, zu tief die Spaltungen innerhalb seiner Partei und der Gesellschaft.
Robin Alexander nimmt seine Leser mit in Koalitionsrunden, Hinterzimmergespräche und geheime Verhandlungen. Besonders aufschlussreich ist sein Bericht über die Geheimgespräche zwischen Merz und dem ehemaligen Kanzler Olaf Scholz, die von gegenseitigem Misstrauen, aber auch einem gemeinsamen Interesse an Stabilität geprägt sind. Auch das Drama um ein gewaltiges Schuldenpaket zur Stabilisierung der Wirtschaft wird eindringlich geschildert – mit all seinen juristischen, politischen und moralischen Fallstricken.
Im Zentrum des Buches steht jedoch nicht nur die Person Merz, sondern das große Thema der Demokratiesicherung. Alexander beschreibt eindrucksvoll, wie schwierig es für gewählte Politiker geworden ist, in einer zersplitterten Parteienlandschaft und einer radikalisierten Öffentlichkeit Kompromisse zu finden – geschweige denn langfristige Lösungen. Der Druck der sozialen Medien, die ständige Angst vor Skandalen und der Verlust klassischer Deutungsmacht machen regieren zu einem riskanten Drahtseilakt.
Der Titel „Letzte Chance“ ist dabei bewusst doppeldeutig: Er bezieht sich einerseits auf Merz selbst, der sich und seine Kanzlerschaft als letzte Möglichkeit sieht, die politische Mitte zu stabilisieren. Andererseits ist es auch ein Weckruf an die Gesellschaft, dass die Demokratie nicht unverwundbar ist. Denn wie Alexander zeigt, hat nicht nur die politische Klasse versagt – auch die Wählerinnen und Wähler tragen Verantwortung.
Stilistisch bleibt Robin Alexander seinem bewährten Mix aus journalistischer Präzision, gut erzählten Anekdoten und kritischer Einordnung treu. Wer seine früheren Werke wie „Die Getriebenen“ oder „Machtverfall“ gelesen hat, wird sich auch hier sofort zurechtfinden. Neu ist allerdings der deutlich düstere Unterton: Dieses Buch ist weniger Beobachtung als Warnung.
„Letzte Chance“ ist ein spannender und zugleich beunruhigender Blick hinter die Kulissen der aktuellen Politik. Robin Alexander gelingt es, Friedrich Merz' Kanzlerschaft als Symptom und möglichen Wendepunkt einer gefährdeten Demokratie darzustellen. Für alle, die Politik verstehen wollen – nicht nur als Nachricht, sondern als Machtspiel mit realen Folgen – ist dieses Buch eine eindrückliche, gut lesbare und hochrelevante Lektüre.
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