Die Kritiker «Der Amsterdam-Krimi - Der falsche Tote»

von

Amsterdam zwischen Clankriminalität und überforderten Polizisten: Hannes Jaenicke zeigt diesen Donnerstag die hässlichen Seiten der Niederlande.

Stab

Darsteller: Hannes Jaenicke, Fedja van Huêt, Birgit Welink, Peter Post, Rose-Anne van Elswijk, Hamza Iallouchen
Musik: Matija Strnisa
Kamera: David Hofmann
Drehbuch: Stefan Holtz
Regie: Sebastian Ko
Amsterdam: Fahrräder, Grachten, Touristen mit Fritteusengeruch im Hoodie. Aber nicht hier. Nicht in diesem Film. Hier ist Amsterdam ein Mosaik aus Schatten und Sirenengeheul, dramatisch unterlegt von einem pochenden Score, der klingt, als hätten Hans Zimmer und ein niederländischer Jazz-Schamane gemeinsam an einem Mischpult gestanden. «Der falsche Tote» heißt die neue Folge der «Amsterdam-Krimi»-Reihe – und der Titel ist schon mal gut. Rätselhaft, leicht boulevardesk, aber eben auch doppeldeutig genug, dass man denkt: Ah, da steckt was dahinter. Vielleicht.

Der Film beginnt mit einem Paukenschlag, im wörtlichen wie im narrativen Sinn: Schüsse mitten auf der Straße. Ein Mann stirbt. Ein Polizist geht zu Boden. Und während wir noch im Schock verharren, hat Sebastian Ko schon längst aufs Tempo gedrückt. Regie auf der Flucht, könnte man sagen. Es wird gehetzt, geschrien, geblinzelt – weil das Licht durch David Hofmanns Kamera manchmal fast zu schön ist für die Brutalität, die sie einfängt.

Und dazwischen: Hannes Jaenicke. Noch immer kantig, noch immer mit diesem Gesicht, das so aussieht, als hätte es in jeder Lebensphase zu wenig geschlafen. Ein Mann, der immer ein bisschen zu gut informiert ist für das, was die Drehbuchfigur vorgibt zu wissen – aber genau deshalb funktioniert es. Sein Alex Pollack ist kein Typ mit Tiefgang, sondern ein Profi mit Instinkt. Und Jaenicke spielt ihn so, als könne man zwischen beiden Begriffen sowieso nicht unterscheiden.

Neben ihm: Fedja van Huêt als Bram de Groot. Der Mann fürs Lokale, der den Müll der Stadt kennt – und auch die Menschen. Ruhiger, fast väterlicher. Und mit einem Blick, der mehr weiß, als das Drehbuch zulässt. Beide Männer taumeln durch einen Fall, der sich zwischen Clanstrukturen und Migrationsdebatte bewegt, aber dabei nicht den Fehler macht, sich in gesellschaftlicher Relevanz zu suhlen. Das Skript von Stefan Holtz ist klug genug, große Themen anzureißen, ohne sich zu überheben.

Und doch – man spürt: Das alles ist Fernsehen. Im besten Sinne, manchmal auch im engsten. Die Dialoge sind gelegentlich so geschliffen, dass man sich fragt, ob in Amsterdam wirklich jemand so spricht. Die Twists sind solide, aber nicht bahnbrechend. Und der große emotionale Punch bleibt aus – vielleicht, weil der Film sich zwischen Ernst und Thrillerästhetik nicht ganz entscheiden mag.

Was ihn rettet, ist seine Konsequenz. Ko inszeniert keinen aufgeblasenen Plot, sondern eine durchkomponierte Momentaufnahme. Das Tempo stimmt, die Bildsprache ist hochwertig, und die Musik trägt den Film über jene Passagen, in denen das Drehbuch ins Schema rutscht. Am Ende: Kein Meisterwerk. Kein Manifest. Aber ein sauber produzierter Krimi mit Haltung, Spannung und einem Hauch europäischer Tristesse. Amsterdam war selten so kühl, so klar, so konstruiert – und das ist gar nicht schlecht. Kein Grund zur Euphorie, aber durchaus zum Einschalten. Auch ohne Stroopwafel in der Hand.

Der Film «Amsterdam-Krimi – Der falsche Tote» wird am Donnerstag, den 8. Mai um 20.15 Uhr im Ersten ausgestrahlt.