Die Kritiker «Conversation with Friends»

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Eine Serie, die anders ist als fast alle anderen: Wer sich darauf einlassen will, sollte am Sonntag ZDFneo einschalten!

Heutzutage ist es das Fernsehpublikum eigentlich gewohnt, dass mit der Tür ins Haus gefallen wird: Die Hauptfigur macht schon in der ersten Szene Schluss mit ihrem langjährigen Partner. Oder spätestens am Ende der ersten Folge steht die Flucht der zentralen Figur aus ihrem bisherigen Leben an. Oder in den allerersten Minuten fliegt eine ganze Wohnhaussiedlung in die Luft. Der Zuschauer erwartet, dass direkt zu Beginn etwas Großes, Außergewöhnliches passiert, das ihn sofort in die Serienwelt hineinziehen soll.

Die irische Serie «Conversation with Friends» ist da ganz anders: Sie handelt von der jungen Englischstudentin Frances (Alison Oliver), die mit ihrer besten Freundin Bobbi (Sasha Lane), mit der sie früher auch eine romantische Beziehung führte, erfolgreich bei Poetry-Slam-Abenden auftritt, aber bisher unter dem Radar in der modernen Dubliner Dichter-Szene fliegt. Eines Abends wird jedoch eine berühmte Schriftstellerin auf das Duo aufmerksam und lädt sie zu einem Nachmittag zum Schwimmen in der Irischen See und anschließend in ihr Haus ein. Dort treffen die beiden auch auf Nick (Joe Alwyn), ihren deutlich jüngeren und sehr gut aussehenden Ehemann.

Die vier führen stundenlange Unterhaltungen über Kunst, Kultur und das Leben – und schon bald hat Frances ein Auge auf Nick geworfen, der ihre Gefühle erwidert. Diese Entwicklung gestaltet das Verhältnis der Gruppe untereinander natürlich auf einen Schlag wesentlich komplizierter, während sich auch Bobbi und die Schriftstellerin näher kommen. Doch anders als in vielen anderen Serien, in denen nun ein skandalöser Schlag auf den anderen folgen würde, bleibt diese Verwicklung in «Conversation with Friends» lange Zeit im Raum stehen, und die Figuren sind sich selbst uneins, wie sie zu diesen Verhältnissen stehen.

So wirkt dieses Format viel komplexer, persönlicher und psychologischer als viele Serien, die aus der heutigen Zeit bekannt sind. Wahrscheinlich liegt hierin auch der Grund, warum die Wirkung von «Conversation with Friends» sich so stark vom bekannten Einheitsbrei unterscheidet und beim Zuschauer dabei auch sehr lange nachhallt: Die scharfsinnige Beobachtungsgabe der Serie sowie ihre Weigerung, zu den Ereignissen und Handlungen Stellung zu nehmen und sie stattdessen lediglich wertfrei, aber einfühlsam zu zeigen, sind ohne Frage etwas Besonderes, was man in dieser Form lange Zeit nicht im Fernsehen gesehen hat. Mit «Conversation with Friends» erwartet die Zuschauer, die bereit sind, sich überraschen und mitreißen zu lassen, damit auf jeden Fall ein besonderes Format, das sie zum Nachdenken und Mitfühlen anregen wird – eine Gelegenheit, die man sich nicht entgehen lassen sollte.

Die 12 Folgen von «Conversation with Friends» werden am Sonntag, den 6. August ab 20.15 Uhr und später ab 01.00 Uhr von ZDFneo ausgestrahlt.