InterviewTommy Krappweis: ‚Michael Kessler und ich hatten die gemeinsame Idee‘

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Mit «Kohlrabenschwarz» bringt Paramount+ die nächste deutsche Serie an den Start. Dieses Mal ist es ein „launiger Genremix“, wie der Autor Krappweis verspricht.

Sie haben die neue Paramount+-Serie «Kohlrabenschwarz» gedreht. Worum geht es in der Serie?
In unserem launigen Genremix geht es um den Psychologen Stefan Schwab, der nach seiner langjährigen Arbeit in der Opferbetreuung für die Rosenheimer Polizei eigentlich seine „bayerische Rua“ will. Die bekommt er aber nicht. Stattdessen scheinen Figuren aus alten Volkssagen und Märchen aus dem Boden zu steigen, die eine blutige Schneise durchs Voralpenland ziehen. Hilfe bekommt er dabei von einer skeptischen Polizistin, einem evangelischen Pfarrer und seiner phantastik-affinen Exfrau.

Mit Michael Kessler konnten Sie ein sehr bekanntes Gesicht gewinnen. Sorgt das für die nötige Aufmerksamkeit für Ihr neues Projekt?
Michael und ich hatten nach den Hörspielaufnahmen für die Serie «Bill Bo und seine Bande» gemeinsam die Idee für «Kohlrabenschwarz». Wir saßen in einem Biergarten und sinnierten, was wir gerne mal zusammen umsetzen würden. Insofern war von vorneherein klar, dass Michael auch spielen würde, was wir uns ausgedacht hatten.

Wie viel Freiheit hatten Sie als Autor der Serie?
Wir hatten «Kohlrabenschwarz» zuerst als Hörspielserie für Audible produziert, wo es zu einem erfreulich großen Hit wurde. Und das nicht trotz, sondern eben wegen dieser ungewöhnlichen Melange aus Mystery, Krimi, Märchen und Humor. Susanne Schildknecht von Paramount+ kannte die Hörspielserie bereits und mochte sie sehr. Insofern war der Job im Wesentlichen „wir wollen genau diese Serie mit diesem Spirit und mit diesem Cast, aber diesmal mit Bild“. Und das war nur möglich, weil P+ uns hier so großes Vertrauen entgegenbrachte.

«Kohlrabenschwarz» spielt in den bayerischen Alpen. Warum ist die Gegend südlich von München für Serienschaffende so interessant?
Das kann ich nur aus meiner Perspektive beantworten und die ist denkbar banal: Ich lebe hier und habe darum einen guten Zugang zu Kultur, Lebensgefühl und allem, was darunter brodelt. Generell halte ich authentisches Lokalkolorit in fiktionalen Produktionen für wichtig. Das ist auch in US-Produktionen sehr ausgeprägt – wir haben nur lang nix davon mitbekommen, weil die deutschen Synchronfassungen alle in der gleichen Art von Hochdeutsch synchronisiert werden.

Paramount+ hat «Kohlrabenschwarz» im September 2022 angekündigt, jetzt ist die Serienadaption schon fertig. War die schnelle Fertigstellung Zufall oder haben Sie sich besonders beeilt?
Die Zusage kam natürlich lange vor der Ankündigung und davor gab es bereits einen erfreulich stabilen Entwicklungsauftrag für Storylines, zwei Scripts und eine Serienbibel. P+ wollte in der Tat so wenig Zeit wie möglich verlieren. Aber uns spielte auch in die Hände, dass wir bereits sechzehn Folgen Hörspiel vorliegen hatten, in denen wir die Figuren gefunden, geschärft und die Welt erforscht hatten. Somit war die Entwicklung kein Start bei Null, sondern vielmehr die Chance, alles noch einmal anfassen und gegebenenfalls optimieren zu können. Entsprechend reibungslos und effizient lief auch die Arbeit an den Drehbüchern.

Zum Zeitpunkt der Beauftragung waren Paramount Global und andere Firmen noch in Spendierlaune. Inzwischen werden viele Budgets gestrichen. Merken Sie schon den Sparzwang von Disney, Paramount und Co?
Es wäre schon höchst erfreulich, wenn die allgemeine Situation ausgerechnet um meine Firma einen Bogen beschreiben würde. Was uns aber deutlich mehr Schwierigkeiten bereitete, war die globale Krise durch Covid-19 und Putins-Überfall auf die Ukraine. Der massive Anstieg aller Kosten quer durch die Bank war eine Herausforderung, vor der wir plötzlich alle gemeinsam standen. Und ich bin froh, dass wir das auch zusammen gemeistert haben.

Viele unserer Leser wissen nicht, dass Sie der Erfinder von «Bernd das Brot» sind. Haben Sie damals gut verhandelt? Wird es in absehbarer Zeit einen eigenen Film geben?
In der Anfangszeit unserer Firma bumm film war uns der potenzielle Job dann doch deutlich wichtiger als eine Absage aufgrund unserer – natürlich zu 101% gerechtfertigten - Forderungen. Mit Abstand kann ich sagen, dass es die richtige Entscheidung war, denn «Bernd das Brot» hat uns nicht nur Arbeit, sondern eben auch Ruhm und Ehre, sowie eine bizarre Art von Respekt eingebracht. Und wir arbeiten bis heute mit dem KiKa freundschaftlich zusammen, also kein Grund, sich wegen irgendwas zu grämen. Zurzeit wälze ich eine Bernd-das-Brot-Filmidee, die sehr besonders wäre. Mal sehen, wo sich das hin entwickelt.

Sie standen für «RTL Samstag Nacht» auf der Bühne. Würden solche Shows heute noch funktionieren?
Beim Publikum mit Sicherheit, wie man an «Saturday Night Live» sehen kann. Aber da sind wir wieder bei Originalität und dem dafür nötigen Vertrauen angelangt. Bei einer Comedy Show wie «RTL Samstag Nacht» gilt das alles doppelt und dreifach. Zusammen mit dem nicht unerheblichen Budget und dem nötigen langen Atem macht es das alles sehr unwahrscheinlich – aber selbstverständlich nicht unmöglich.

Sie sind auch auf Twitch aktiv. Probieren Sie gerne neue Spielwiesen aus?
Ja, auf unserem Kanal WildMics bei Twitch kann ich komplett andere Dinge testen, die woanders nicht einmal über den ersten Pitch gekommen wären. Das liegt daran, dass wir die Pitchphase einfach überspringen und es direkt umsetzen. Umso schöner ist es, dass wir mit Formaten wie #ferngespräch, #nachsitzen und #allebekloppt nicht nur mit einem großen Publikum, sondern auch mit diversen Auszeichnungen geehrt wurden. Und ich erfahre dadurch auch so etwas wie Selbstwirksamkeit gegenüber den vielen furchtbaren Ereignissen und Entwicklungen auf der Welt – ich habe das Gefühl, wenigstens ein bisschen was zur Verbesserung beitragen zu können und das hilft mir wirklich sehr.

Vielen Dank für Ihre Zeit!

«Kohlrabenschwarz» ist seit 8. Juni bei Paramount+ zu sehen.