Nach zwei filmischen Umsetzungen mit Tom Cruise in der Hauptrolle, debütiert Lee Childs wohl bekannteste Figur auf dem kleinen Bildschirm, sehr zur Freude des Buchautors.
Lee Child, der keinen Hehl daraus machte, dass die 1,70m eines Tom Cruise nie so richtig für die Rolle des Hünen Jack Reacher geeignet waren, dürfte ebenso wie Buchfans mit dem Casting des knapp 1,90m großen Alan Ritchson überaus zufrieden gewesen sein. Mit kantigem Gesicht und prallem Bizeps darf Ritchson in der Verfilmung von Childs Erstling „Killing Floor“ (dt. „Größenwahn“) nun ordentlich die Fäuste fliegen lassen.
Rein erzählerisch kommen allerdings auch die Krimiaspekte der Handlung nicht zu kurz, hier wird ohne große Umschweife die äußerst spannende Handlung von „Killing Floor“ erzählt, Reachers wohl persönlichstem Fall. So gilt es nicht nur einer äußerst brutalen kriminellen Organisation das Handwerk zu legen, sondern auch den Tod eines Familienmitglieds zu rächen. Trotz der Zusammenarbeit mit der lokalen Polizeibehörde geht es dem ehemaligen Militärpolizisten Reacher hier wenig überrascht nicht darum, Verhaftungen vorzunehmen…
Insbesondere bei Actionszenen ist die Serie hingegen voll in ihrem Element. Sowohl Nahkampfszenen als auch Schusswechsel sind hervorragend choreographiert und bieten durchgängig hochwertige Unterhaltung. Die ausbleibenden Konsequenzen für den unfehlbaren Helden, an dem jede Kugel auf magische Weise vorbeizufliegen scheint und der nach unzähligen Treffern mit einem Brecheisen ohne Blessuren auf dem Körper davonkommt, sind hingegen fraglich umgesetzt. Ein paar blaue Flecken hier und da hätten die Maskenbildner sicherlich nicht überfordert und dem Realismusgrad durchaus eine glaubwürdigere Note verpasst.
Insgesamt ist die Serie «Reacher», genauso wie die mittlerweile 26-Teile umfassende Buchreihe im Gegensatz zu ihrem gleichnamigen Protagonisten nicht unfehlbar. Die Buchvorlagen sind Trivialliteratur in Reinform, wodurch diese möglichst originalgetreue Umsetzung ebenfalls nicht für hochtrabende Unterhaltung, die vorgibt das Rad neu zu erfinden, steht. Der mittlerweile über drei Dekaden spannende Erfolg der Figur Jack Reacher beweist allerdings, dass es für diese Art Helden und des Geschichtenerzählens auch heute noch einen nicht zu unterschätzenden Markt gibt. In Kombination mit der Tatsache, dass der klassische Actionheld praktisch vollständig vom TV-Markt verschwunden ist und sich Krimiformate wie «Bosch» weiterhin größter Beliebtheit erfreuen, könnte Amazon Prime Video mit «Reacher» ein durchschlagender Erfolg gelingen.