Lisis Bruder ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Sein letzter Anruf klang verzweifelt. Darum war er unachtsam. Er kannte die Straßen und wusste um ihre Gefahren. Lisi will wissen, was ihren Bruder in den Tod getrieben hat und beginnt die Kitz zu umgarnen, Kinder reichen Städter, die einmal im Jahr in Kitzbühel abfeiern. In ihrem Kreis vermutet Lisi die Gründe für Josephs Tod.
Auf der anderen Seite ist da das Kitzbühel der Einheimischen, die die Genusssucht, den Protz, die Überheblichkeit der Städter verachten, während sie jedoch gleichzeitig auf sie angewiesen sind. Sie bringen nicht nur Arbeit nach Kitzbühel, die haben Kitzbühel Wohlstand gebracht. Man lebt in einer lohnenden Abhängigkeit, also lässt man sie ihre Spielchen spielen und sorgt nicht nur dafür, dass sie sich hier wohlfühlen. Man sorgt auch dafür, dass nicht von dem nach Außen dringt.
Doch Lisi ist fest entschlossen, diese Grenze zu überschreiten und von der ersten Minute an ist klar, warum sie das tut. Sie will wissen, was ihren Bruder Joseph in den Tod getrieben hat. Sein Tod war ein Unfall. Er ist viel zu schnell auf einer schneevereisten Bergstraße gerast. In einer Kurve hat er die Leitplanke durchbrochen und ist in den Tod gestürzt. All dies steht außer Frage. Jedoch gibt es eine Vorgeschichte. Joseph bewegte sich im Dunstkreis der 19 Jahre alten Vanessa, womit er bereits das ungeschriebene Gesetz, am Ende unter sich zu bleiben, gebrochen hat. Vanessa ist reich. Stinkreich. Das Geld arbeitet für sie. Daher kann sie sich ganz auf ihre Rolle als Influencerin konzentrieren. Was ein wunderbares Bild für den Irrsinn unserer Zeit widerspiegelt, denn dafür, dass sie (die Millionärstochter) in sozialen Netzwerken die stets im Luxus schwelgende, das Leben genießende Hedonistin gibt, verdient sie nicht nur ein kleines Taschengeld nebenbei: Sie verdient damit mehr Geld als Lisi mit ehrlicher Arbeit. Was sie dafür ihren Followern bietet? Einen Traum? Ein Trugbild? Einen schönen Schein?
Sofie Eifertinger ist diese Lisi, die sich in diese Welt einschleicht, da Vanessa (vermutlich) der letzte Mensch gewesen ist, der Kontakt zu Joseph hatte. Offenbar hat sie ihn emotional so stark verletzt, dass dieser alle Achtung und Vorsicht auf dem Weg nach Hause hinter sich gelassen hat – bis er die Kontrolle über seinen Wagen verlor. Auch Sofie Eifertinger legt ihre Lisi als durchaus widersprüchliche Figur an. Wirkt sie anfangs sympathisch (das nette Mädchen von nebenan), ist nicht zu verkennen, dass sie in den Monaten nach dem Tod ihres Bruder sehr lange in den Abgrund geschaut hat. Wie Nietzsche schon sagte: „Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“ Während es Lisi mit List, Tücke und Charme gelingt, sich Vanessa als Freundin anzudienen, hat sie die Rechnung ohne Vanessas intriganten und besten Freundin Pippa gemacht, die Lisi von Anfang an misstraut, im Gegensatz zu den anderen Mitgliedern von Vanessas Clique, die vor allem Lisis (vorgebliche) Dorfmädchenattitüde auf ihre Art und Weise bezaubernd finden. Dabei ist Lisi nicht die einzige, die die Hintergründe von Josephs Tod ergründen will. Auch ihr bester Freund Hans will dies. Der allerdings verliebt sich in den vollkommen exzentrischen Hotelerben Kosh, der wie kein anderer der Clique seinen Hedonismus offen zur Schau trägt. Ausgerechnet der oberflächliche, sexbesessene, dem Luxus verfallene Millionärssohn Kosh ist Hans' Ticket in seine ganz persönliche Freiheit, denn in der Welt, in der er, der Sohn eines Landwirtes, lebt, ist man(n) auch 2021 einfach nicht schwul. Punkt!
Dass ausgerechnet die Welt der reichen Kitz an diesem Punkt der Geschichte für tatsächlich gelebte Freiheit (des eigenen Seins) steht und damit für ein progressives Weltbild, während die vermeintlich gute Seite das eigene Ich unterdrückt, ist nicht frei von einer bösen Ironie in einer Geschichte, die unweigerlich in einer Tragödie enden muss – was kein Spoiler ist, sondern im Prolog der Serie bereits verraten wird. In diesem Prolog erzählt Lisi, dass sie doch nur die zur Rechenschaft ziehen wollte, die schuldig am Tod ihres Bruders sind. Soweit aber habe sie nicht gehen wollen, sagt sie – während wir, die Zuschauer, ein Haus in Flammen stehen sehen. Wie gesagt, so beginnt die Serie!