InterviewLuna Wedler: ‚Das berührt mich oft so sehr, dass ich auch weinen musste‘

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Die junge Schauspielerin, die schon für «Das schönste Mädchen der Welt» vor der Kamera stand, darf Sophie Scholl spielen.

Sophie Scholl (1921 – 1943) hätte dieses Jahr vielleicht ihren hundertjährigen Geburtstag feiern können, wäre sie 1943 21-jährig nicht von den Nazis durch Enthauptung ermordet worden. Sie gehörte der Münchner Widerstandsgruppe Weiße Rose an, verteilte Flugblätter und geriet so in den Fängen der Gestapo. Ihr Name bleibt unvergessen, weil sie bis heute ein Vorbild geblieben ist. Zu Ehren ihren 100. Geburtstag gibt es nun eine ganz besondere Serie, die nur auf Instagram läuft, und zwar täglich: «Ich bin Sophie Scholl» mit Luna Wedler (21) in der Titelrolle. Die Schweizerin tut als Sophie Scholl so als wäre sie eine Bloggerin. Was es damit auf sich hat erzählt der Jungstar aus Filmen wie «Das schönste Mädchen der Welt» und «Dem Horizont so nah» im Interview.

Was ist das Besondere an dem neuen Format «Ich bin Sophie Scholl»?
Wir erzählen die letzten zehn Monate von Sophie Scholl, und zwar in Echtzeit als hätte sie damals Instagram gehabt. Auf diese Weise sind wir ganz nah am Zuschauer, vor allem an der jüngeren Generation. Wir lernen dadurch ihren Alltag kennen, auch die Leichtigkeit und ihren Humor. Denn die Widerstandkämpferin war auch eine ganz normale junge Frau mit vielen Facetten.

Das heißt, Sie in Ihrer Rolle als Sophie Scholl posten täglich Momente aus Ihrem Leben?
Ich selbst poste nicht, dafür ist ein Social-Media-Team zuständig. Wir haben aber schon so gut wie alles abgedreht. Es ist ein Drehbuch von 150 Seiten und ergibt einen normalen Spielfilm, der in drei Wochen entstanden ist. Bis zum 18. Februar 2022, der Tag ihrer Verhaftung, wird dann täglich etwas gepostet.

Und Sie halten dabei immer das Smartphone hoch?
In Wirklichkeit war das eine Kamera, die ich mit einem Stick in der Hand halte, während ich den Akku um den Bauch geschnallt trug. Anfangs war das schwierig, weil man kein Gegenüber hat, sondern die Kamera dein Spielpartner ist. Aber es machte auch Spaß. Oft musste ich auch eine ganze Gruppe aufnehmen. Für Sophie ist das wie ein Tagebuch, in dem sie alles festhält.

Haben Sie dadurch über Sophie Scholl etwas erfahren, was Sie vorher nicht wussten?
Ja, ganz viele Sachen. Ich wusste nicht, dass sie zuerst dem ‚Bund Deutscher Mädel‘ angehörte und auch sehr religiös war. Wir hatten ganz viel Material, vor allem dieser intensive Briefwechsel mit ihrem Verlobten Fritz Hartnagel. Das war so ein Geschenk, und man muss sich mal vorstellen, dass es damals nur Briefe gab. Da war nichts mit schnell mal anrufen oder eine Nachricht per WhatsApp schreiben.

Wie nah ist Ihnen Ihre Geschichte emotional nahegegangen?
Ich bin jetzt 21, also genau so alt wie Sophie Scholl als sie hingerichtet wurde. Das ist unglaublich unfair und berührt mich oft so sehr, dass ich auch weinen musste. Am Krassesten war der Tag als wir am Originalschauplatz der Münchner LMU drehten. In dem Lichthof der Uni warf sie die Flugblätter herunter. Ich stand da morgens erst mal zehn Minuten, um mir das vorzustellen. Das zu spüren, war sehr emotional.

Sie sind damit in eine andere Zeit eingetaucht, die sicherlich viel schlimmer war als alles, was wir gerade erleben…
Ja, die Pandemie ist schon hart, vor allem für Menschen, die noch jünger sind als ich. Mit 16 ist halt die Zeit in der man sich ausleben will. Aber man darf das nicht mit der damaligen Zeit vergleichen. Ich als junger Mensch schätze die Fortschritte, die seitdem stattgefunden haben. Allein wie sich das Frauenbild verändert hat, weckt in mir ein gutes Gefühl.

Wo wurde «Ich bin Sophie Scholl» hauptsächlich gedreht?
Obwohl es gar nicht in Berlin spielt, haben wir fast nur hier gedreht. Es ist ein historischer Stoff, für den von den Kulissen bis zu den Kostümen alles bis ins kleinste Detail durchdesignt wurde. Hauptsächlich waren wir in einem Haus, indem die Inneneinrichtung nachgebaut wurde. Aber wir drehten auch Außenszenen in einem schönen alten Zug in Schönweide.

Ist Ihnen Zürich nicht manchmal zu klein?
Ich wohne weiterhin in Zürich, denn die Stadt ist für mich perfekt. Nicht zu klein und nicht zu groß., und du kannst mit dem Fahrrad oder der Tram ganz schnell von einem Ort am anderen sein. Mit dem See und dem Fluss ist Zürich fast schon wie ein kleines Paradies.

Umziehen käme aber für Sie nie in Frage?
Ich werde bestimmt mal für ein bis zwei Jahre mal woanders hinziehen. Das möchte ich wirklich mal, weil das auch das Schöne an meinem Beruf ist, viele Städte kennenlernen zu dürfen. Aber ich würde immer wieder nach Zürich zurückkehren.

Verfolgen Sie eigentlich einen großen Karriereplan?
Ich bin jemand, der ziemlich in dem Moment lebt, also von Tag zu Tag. Ich schätze alles, was gerade passiert und freue mich, was noch auf mich zukommt. Deshalb habe ich nicht den einen Masterplan. Mir ist es viel wichtiger das mich die Drehbücher packen und ich facettenreiche Frauenrollen spiele. Gerade habe ich unheimlich viel Glück und finde das auch schön.

Was kommt in nächster Zukunft auf Sie zu?
Als nächstes wird «Je Suis Karl» von Christian Schwuchow herauskommen - auch ein sehr intensiver Film. Die zweite Staffel von «Biohackers» für Netflix ist ebenfalls geplant und dann kommt mit «The Story of My Wife» mein erstes internationales Projekt heraus an der Seite von Léa Seydoux.

Léa Seydoux ist ja auch das neue Bond-Girl. Könnten Sie sich das auch vorstellen?
Da sage ich nicht nein (lacht).

Wie gehen Sie damit um, so gefragt zu sein?
Ja, es passiert gerade sehr viel. Aber ich lasse das nicht so an mich heran. So viel Anerkennung zu bekommen, ist natürlich sehr schön, aber man muss auf dem Boden bleiben. Auch deshalb bin ich froh, bei meiner Familie in Zürich zu leben.

Wussten Sie schon früh, dass Schauspielerin der richtige Beruf für Sie ist?
Nein, ich habe zwar mit 14 meinen ersten Film gedreht, hatte davor aber mit der Schauspielerei gar nichts am Hut. Aber das hat mich auch ein bisschen gerettet, weil ich mich mit 14 auch ein bisschen verloren fühlte. Dann gab es dieses Casting, und von da an war klar, dass ich meine Leidenschaft gefunden habe.

Vielen Dank für das Gespräch.