DebatteAmazons MGM-Kauf: Die beste Option für das Studio

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In dieser Woche hat der Online-Versandhändler zugeschlagen und sich die Rechte an Metro-Goldwyn-Mayer gesichert. Die Beteiligung ist für beide Seiten eine richtige Entscheidung.

Vor wenigen Monaten ersetzte Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) sein Markenzeichen Leo, der seit dem Spielfilm «Hongkong war ihr Schicksal» («The Seventh Sin») seine Vorgänger wie Slats, Jackie und Tanner ablöste. Leo ist zwar noch zu sehen, allerdings haben die VFX-Spezialisten den Löwen komplett digitalisiert. War dies schon ein Vorbote auf den Zusammenschluss mit dem Online-Versandhandel Amazon, welches Unternehmen, das nun für knapp achteinhalb Milliarden den Investoren-Spielball stetig zu höheren Preisen veräußerte?

1924 schlossen sich Metro Pictures Corporation, Goldwyn Pictures Corporation und Louis B. Mayer Pictures zusammen und wurden bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs das größte Filmstudio der Vereinigten Staaten von Amerika. Zwischen 1926 und 1943 fuhr MGM riesige Gewinne ein, jedoch gab es hinter den Kulissen, unter anderem zwischen Studiochef Mayer und Produktionschef Irving Thalberg Zoff, sodass das Talent in Sachen Drehbüchern eine eigene Produktionsfirma gründen wollte. Doch Thalberg erkrankte schwer und starb mit nur 37 Jahren an einer Lungenentzündung. 16 Jahre fehlte eine entsprechende Hand bei der Auswahl der Stoffe und der 1948 installierte Autor und Produzent Dore Schary konnte das Ruder nicht herumreißen.

Der Niedergang begann 1951 und dauerte fast 20 Jahre an. 1957 fuhr MGM erstmals Verluste ein, nur zwei Jahre später folgte mit «Ben Hur» der letzte große Erfolgsfilm. Es kamen zwar immer noch Blockbuster wie «Doktor Schiwago», doch zahlreiche Flops und M-Movies schmälerten das Ansehen. In den 1950ern strukturierte das Unternehmen um: Die Zeichentricksparte wurde geschlossen, MGM Records und MGM Television gegründet. Im Fernsehsektor hielt man durch das Studiosystem nicht Schritt.



Bergab ging es mit dem Geschäftsmann Kirk Kerkorian, der 1969 die Firma zunächst zu 55 Prozent übernahm. In den frühen 70ern veräußerte MGM seine bekannten Kostüme und Requisiten, trennte sich von zahlreichen Studioanlagen. Stattdessen wurde der Betrieb von Hotel forciert und startete 1973 in Las Vegas mit dem MGM Grand, die Hotelgruppe setzte im vergangenen Jahr 2,7 Milliarden US-Dollar um. Zunächst übernahm Kerkorian die bankrotte Firma United Artists, ehe man MGM zusammen mit der Übernahme an Ted Turner veräußerte. Die Studioanlagen von Culver City gingen an die Produktionsfirma Lorimar.

Da Turner sich verschuldete, ging das Unternehmen noch in den 80ern wieder an Kerkorian. Dieser stellte 2005 mit Sony und Finanzinvestoren das Unternehmen neu auf. Doch mit zirka vier Milliarden Schulden waren große Produktionen nur mit Partnern zu tätigen. «Der Hobbit» war nur mit Warner Bros. als Ko-Produzent möglich, «James Bond 007» setzte MGM mit Eon um. Mit der Neuverfilmung von «Ben Hur» verlor man vor fünf Jahren Millionen.

Jetzt hat Jeff Bezos zugeschlagen, der Amazon-Gründer und Milliardär. Bei der Liste der von Bezos und Amazon übernommenen Firmen lässt sich eines aufzeigen: Der Online-Händler hielt bisher stets an seinen Beteiligungen fest. Fest steht auch, dass Ko-Produktionen, allen voran «James Bond 007» weiter in die Lichtspielhäuser kommen werden. Der Schritt, die Filme exklusiv bei Prime Video zu benutzen, wäre ein Millionen-Grab, das sich selbst Amazon nicht leisten kann.

Zum Vergleich: Im Pandemie-Jahr 2020 setzte Warner Bros. mit seinem Film «Tenet» über 360 Millionen US-Dollar um. Angesichts von leeren Kinosälen in Europa ist dies ein hervorragendes Ergebnis. Des Weiteren fungiert MGM auch weiterhin als Lizenzgeber zahlreicher Produktionen. Die über 4.000 Spielfilme ausschließlich bei Prime Video auszuspielen, macht keinen Sinn.

Bezos glaubt an den langfristigen MGM-Erfolg. "Wir freuen uns darauf, den umfangreichen Katalog von MGM neu zu gestalten und weiterzuentwickeln", sagte Bezos am Mittwoch bei der jährlichen Aktionärsversammlung von Amazon. "Die einzige Möglichkeit, überdurchschnittliche Renditen zu erzielen, ist, Risiken einzugehen, und viele werden sich nicht auszahlen. Unsere ganze Geschichte als Unternehmen besteht darin, Risiken einzugehen, von denen viele gescheitert sind und viele scheitern werden", sagte er.

Durch die Übernahme von MGM hat Amazon auch Zugriff auf den Streamingdienst und linearen Sender Epix. Insider sprechen bereits, dass Epix eine Art Highlight-Channel für Amazon werden könnte. MGM-TV-Chairman Mark Burnett, ein Erfolgsproduzent von Fernseh-Realitys, hat sich in den vergangenen 20 Jahren durch «Suvivor» & Co. einen großen Namen gemacht. Auf der anderen Seite hat sein Unternehmen es vernachlässigt, neue Produktionen voranzutreiben. Das liegt auch daran, dass Burnett oftmals am Set ist und keine festen Bürozeiten hat.

Hier kommt Amazon-Studios-Chefin Jennifer Salke ins Spiel, die diesen Posten aktiv vorantreiben könnte. Denn bei fiktionalen Stoffen sieht es bei MGM TV sehr dünn aus. Man habe zwar noch «The Handmaid’s Tale», das man für Hulu produziere, aber von den Glanzzeiten ist man deutlich entfernt. Allerdings ist der Kauf von MGM eine große Chance: Sowohl für Amazon, das zahlreiche Bibliothekstitel erhält und auch Zugriff auf unzählige Fernsehserien bekommt, die kaum vermarktet werden. Aber auch MGM hat einen Investor bekommen, dessen Zukunft gesichert ist.