Netflix zielt mit seinem neuesten Original «Warrior Nun» auf Urban Fantasy- und Young Adult-Liebhaber und trifft damit fast ins Schwarze.
Seit Jahrhunderten beschützt der aus Kriegernonnen bestehende Orden des kreuzförmigen Schwertes die Erde vor dem Bösen. Als die Schwestern auf eine neue Mission geschickt werden, geht aber etwas gründlich schief. Die Soldatinnen des Herrn werden bereits erwartet und die Anführerin, Schwester Shannon, schwer verletzt. Die überlebenden Kriegerinnen ziehen sich in eine Kirche zurück, um Shannons Wunden zu versorgen. Doch jede Hilfe kommt zu spät. Nun gilt es, das größte Geheimnis des Ordens zu schützen, denn jede Anführerin übernimmt von ihrer Vorgängerin den „Heiligenschein“, eine göttliche Energiequelle, die übermenschliche Kräfte verleiht.
Gäbe es in der großen Gattung der Phantastik eine Auszeichnung für das Genre mit dem ambivalentesten Verhältnis zu Publikum und Filmschaffenden, die Young Adult Urban Fantasy wäre wohl ein ganz heißer Anwärter auf den ersten Preis. Kaum ein Genre wurde so oft hochgelobt und wieder totgesagt, wie dieses. Die Kategorie mit dem Monsternamen bezieht sich auf Fantasy-Geschichten, die in einer alternativen Gegenwart voller Dämonen und Vampire angesiedelt sind und einen meist weiblichen jugendlichen Helden als Hauptfigur haben. Spätestens seit Joss Whedon mit «Buffy – Im Bann der Dämonen» und dem dazugehörige Spin-off «Angel – Jäger der Finsternis» riesige Erfolge feierte, ließen sich zahlreiche Serienmacher sowie Roman- und Comicautoren von dieser Erzählweise inspirieren.
Um seiner Ava einen unverbrauchten Look zu verleihen, hat sich das Casting Department für die portugiesische Jungschauspielerin Alba Baptista entschieden, die ihre Sache auch hervorragend macht. Die 23-Jährige ist in ihrer Heimat seit 2012 immer wieder in diversen Serien zu sehen, international aber noch eine eher unbekannte Größe. Das könnte sich möglicherweise bald ändern. Die Darbietung in «Warrior Nun» dürfte Baptista auch internationale Aufmerksamkeit bescheren. Interessant ist, dass fast nur europäisch-stämmige Mimen gecastet wurden, obwohl es sich nominal um eine US-amerikanische Serie handelt. Zum Team der Filmschaffenden zählen unter anderem Mathias Herndl («Nachts im Museum: Das geheime Grabmal»), David Hayter («X-Men», «Watchmen») und Jonathan Clay Harris («Shadowhunters»). Allerdings spielt die Geschichte nicht nur in Spanien, sondern wurde auch in großen Teilen in Andalusien gedreht, in der auch die verantwortliche Produktionsfirma Fresco Films beheimatet ist. Das bekannteste Mitglied des Ensembles dürfte übrigens der Portugiese Joaquim de Almeida als Kardinal Duretti sein, der unter anderem an der Seite von Vin Diesel in «Fast & Furious Five» und «Das Kartell» mit Harrison Ford zu sehen war. In weiteren Rollen sind vornehmlich junge, unverbrauchte Gesichter wie Kristina Tonteri-Young als taffe aber herzliche Schwester Beatrice oder Toya Turner als coole Shotgun Mary (der Name ist übrigens Programm) zu sehen. Hervorzuheben wäre vielleicht noch der in Frankreich geborene Tristán Ulloa, der als Vater Vincent eine gute Figur macht. Der deutsche Jungschauspieler Emilio Sakraya, der Avas kurzzeitigen Freund JC gibt, bildet die berühmte Ausnahme von der Regel. Allerdings ist seine Figur auch so nervig angelegt, dass sich von Anfang an wohl nicht viel aus der Rolle herausholen ließ.
Lorena Andrea als Schwester Lilith
Das größte Manko der ersten Staffel bilden die auf das höchstwahrscheinlich zu geringe Budget zurückzuführenden technischen Mängel. «Warrior Nun» könnte noch so viel mehr Spaß machen, wenn die CGI nicht wirken würde, als wäre sie einem zehn Jahre alten Videospiel entliehen. Wenn man schon einen coolen computergerenderten Feuerdämon in einer Serie als gefährlichen Widersacher einführt, sollte dieser auch stimmig umgesetzt sein. Genau das trifft hier allerdings nicht zu. Während das Aussehen des Monsters zwar stereotyp, aber noch recht gut gelungen ist, wirken die Bewegungen teilweise so hakelig, als seien sie im uralten Go-Motion-Verfahren realisiert worden. So etwas verdirbt unnötig die Spannung und zerrt an der Geduld. Ein wenig mehr Geld und Sorgfalt wäre hier durchaus angesagt gewesen, zumal es sich insgesamt nur um wenige Filmminuten handelt, die über die zehn Folgen verteilt zu sehen sind.