15 Jahre nach der letzten «Lassie»-Adaption wagt sich mit Hanno Olderdissen nun ein Experte auf dem Gebiet des Familienkinos an die berühmte Vorlage und verlagert das Schicksal rund um die clevere Collie-Hündin nach Deutschland. Das Ergebnis ist stark!
Das Besondere an Lassie war neben ihrem markanten Äußeren eines Collies immer ihre grenzenlose Intelligenz. Und auch, dass es auf der anderen Seite natürlich einen Zweibeiner gab, der diese Intelligenz für sich zu nutzen wusste. So war die Hündin bereits Lebensretterin, Entdeckerin, Fährtensucherin und dabei schon mal komplett auf sich allein gestellt; in «Lassie» von Hanno Olderdissen kommen all diese Wesenszüge nun auf nicht mehr ganz so konstruierte Weise zusammen, da Drehbuchautorin Jane Ainscough («Gut gegen Nordwind») sie in ein lebensecht-klassisches Familienfilmgefüge transportiert. In diesem ist Lassie erst einmal „nur“ Familienhund und bester Freund von Spross Flo, der seine Hündin über alles liebt und entsprechend am Boden zerstört ist, als seine Eltern gezwungen sind, Lassie vorerst wegzugeben. All das geschieht innerhalb der ersten zehn Filmminuten. Und es ist schon interessant, mitzuerleben, was sich für eine ungewohnte Dynamik ergibt, wenn das, was in anderen Familienfilmen dieses Kalibers sonst gern mal der Hauptkonflikt wäre, hier direkt zu Beginn abgehakt wird. Zumal Ainscoughs Skript zudem auf sehr greifbaren Problemen fußt, wenn Vater Andreas seinen Job als Glasbläser nicht mehr ausüben kann, weil das Handwerk ausstirbt und die Familie Maurer der Rausschmiss aus ihrer Wohnung droht, weil dort keine Tiere erlaubt sind.
Dass dabei nur mit einem einzigen Hund als Lassie gedreht wurde, ist zwar unüblich (normalerweise lässt man mehrere, für unterschiedliche Dinge geschulte Filmtiere eine einzelne Figur verkörpern), tut der Mensch-Tier-Bindung jedoch sichtlich gut. Die Interaktion zwischen Lassie und ihrem Flo ist auch ohne abgefahrene Tier-Tricks zuckersüß; man glaubt einfach in jeder Minute, wie nahe sich die beiden stehen. Auch sonst ist der Vierbeiner – nicht nur aufgrund seiner ausufernden Screentime (teilweise bestreitet Lassie ihre Szenen ja auch komplett alleine) – der große Star des Films. Ganz so, wie es schon in den zahlreichen Vorlagen so war. Aber auch der Rest des (zweibeinigen) Ensembles nutzt sämtliche Möglichkeiten, um sich ihre Rollen zu eigen zu machen. Neben Sebastian Bezzel (Eberhofer-Filme) und Anna Maria Mühe («Jugend ohne Gott») als aufopferungsvolles Elternpaar und dem äußerst talentierten Newcomer Nico Marischka («Mord in bester Gesellschaft») in der Rolle des Sohnes punktet «Lassie» insbesondere in den Nebenrollen. Hier sieht man mit Christoph Letkowski («Lindenberg! Mach dein Ding»), Jana Pallaske («Fack ju Göhte»), Johann von Bülow («Lara»), Matthias Habich («Narziss und Goldmund») und Justus von Dohnányi («Der Vorname») eine Schauspielkonstellation mit Seltenheitswert. Sie alle stellen sich voll und ganz in den Dienst ihrer Figuren und sorgen mit für den hohen Sympathiewert des Films, der stark davon lebt, dass man all diese Darsteller nicht ständig auf der großen Leinwand zu sehen bekommt. 
Collie-Hündin Lassie macht sich ganz allein auf die Suche nach ihrem Flo.
Ihre Priscilla ist es auch, die gemeinsam mit Nico Marischkas Flo mühelos als Identifikationsfigur für die jüngeren Zuschauer funktioniert. Wenn die beiden parallel zu Lassies allein angetretener Heimreise ebenfalls zur Odyssee aufbrechen, um den geliebten Hund wiederzufinden, dann legen die beiden Kinder eine angemessene Cleverness an den Tag, um als Helden eines Abenteuerfilms ebenso zu funktionieren wie als ganz normale, junge Menschen. Mit dem regelmäßigen Zugriff auf soziale Netzwerke, in denen beispielsweise eine Suchgruppe eingerichtet oder Videos von Lassie geteilt werden, ist das auch bereits das einzige Zugeständnis an die moderne Technikaffinität unserer Jüngsten. Hanno Olderdissen inszeniert zwar klar ein an die ganze Familie gerichtetes Abenteuer und passt den Film inszenatorisch an moderne Sehgewohnheiten an; Kameramann Martin Schlecht («Traumfabrik») sorgt für berauschende Hochglanzpanoramen zu jeder Tageszeit, die «Lassie» klar im Kino verorten. Doch darauf, sich mittels Jugendsprech, Hip-Hop-Mukke und Co. bei den Kids anzubiedern, wie es heutzutage nahezu jede (schlechte) deutsche Kinderfilmproduktion tut, verzichtet Olderdissen komplett.