5 Köpfe

Der «Baku»-Sieger steht fest - ja und?

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Der Sieger von «Unser Star für Baku» wurde gefunden – nur scheint es kaum jemanden zu interessieren. Heißt das gleichzeitig, dass Deutschland im Mai in Baku kaum eine Chance haben wird? Wo liegen die Fehler? 5 Redakteure, 5 Meinungen.

Manuel Weis, Chefredakteur Quotenmeter.de


Ach ja, wer hat eigentlich Baku gewonnen? Ja, diese Frage stellen sich wohl am Freitagmorgen manche. Oder eben auch nicht. Denn der Sieger von «Unser Star für Baku» dürfte wohl genauso unbekannt sein, wie die Gewinner von «X Factor»… Das ist aber in diesem Fall nicht dem Konzept, den Machern (und somit Stefan Raab), vorzuwerfen, sondern einfach der Tatsache geschuldet, dass «Unser Star für Baku» nach «X Factor», «The Voice» und «Deutschland sucht den Superstar» die vierte Casting-Show war, die ein Musiktalent zum Star machen will. Irgendwann ist dann halt doch mal gut. Und wegen des nun anstehenden Eurovision Song Contests musste aber möglichst im Februar noch eine Entscheidung getroffen werden. Die Quoten waren nicht gut, aber ist ja alles nicht so schlimm. Denn wer hätte schon ernsthaft geglaubt, dass der große Erfolg von Lena aus dem Jahr 2010 schon zwei Jahre später wiederholt werden kann. Und so ist es doch auch ein schönes Ziel, zumindest unter die ersten Zehn zu kommen. Und das ist schließlich durchaus im Bereich des Möglichen.

Torben Gebhardt, Redakteur


Die Suche nach dem nächsten Superstar á la Lena war von Anfang an keine wirklich gute Idee. Der Überraschungserfolg von vor zwei Jahren kann auf absehbare Zeit einfach nicht wiederholt werden. Schon im letzten Jahr geriet die Titelsuche für Lenas Titelverteidigung zu einer ziemlich zähen Nummer. In diesem Jahr nun also mit neuer Jury und neuem Modus – aber im Grunde noch blutleerer und belanglos. Die Erwartungshaltung war zwar groß und mit Thomas D. auch ein namhafter Jurypräsident gefunden. Doch der Rest war nichts. Stefan Raab scheint als Co-Juror nur noch optisch präsent zu sein, von der Liebe und dem Einsatz der Vorjahre keine Spur. Und auch mit Alina Süggeler hat man sich keinen Gefallen getan. Singen kann sie ja – und das gar nicht mal schlecht – in der Show selbst wirkt sie einfach nur gelangweilt und gibt auch kaum brauchbare Statements ab. Von den Leistungen der Sänger selbst kann man größtenteils nur den Hut ziehen. Da hat sich schon das eine oder andere Talent offenbart. Der große Wurf, wie es mit Lena gelungen ist, ist aber mit Sicherheit nicht dabei.

Sidney Schering, Kolumnist und Redakteur


Zum Thema «Unser Star für Baku» lassen sich gleich mehrere Bilanzen ziehen. Zum einen die Quoten-Bilanz, welche kaum zu vertrösten ist. Ein so großes Desinteresse am deutschen «Eurovision»-Vorentscheid sollte eigentlich nicht herrschen. Aber man kann es dem Fernsehpublikum schwer verübeln: In der Promotion wurde, sowohl vor als auch nach Sendestart, das neue Votingverfahren zum großen Zugpferd auserkoren. Das hätte vielleicht funktionieren können, wie sich aber nach wenigen Ausgaben abzeichnete, schaltet Fernsehdeutschland kein Casting ein, um am linken Bildrand wahllos irgendwelche Namen auf- und absteigen zu sehen. Die Trailer hätten sich spätestens für die Halbfinal-Shows ändern müssen. Hinsichtlich des Sendetermins ließ sich dagegen nichts mehr retten: Wer bei seinen Castingshows auf gesangliche Qualität setzt, hatte diesen Fernsehwinter schon «The Voice of Germany». Diese Show brachte auch ein paar ganz eigene Charaktere hervor, während sich «Unser Star für Baku» diesbezüglich sehr zurückhielt. Was uns zur qualitativen Bilanz führt. Übrig blieb nach den ersten zwei Shows nämlich nur ein Haufen zu meist talentierter, allerdings austauschbarer (oder austauschbar inszenierter?) Nachwuchskünstler in einer mit dem «TV total»-Publikum kompatiblen Altersklasse.

Das funktionierte vor zwei Jahren, als in Deutschland das Interesse am «Eurovision Song Contest» mal wieder am Boden lag und nur ein qualitätsorientierter Stefan Raab mit einem jugendlichen Casting Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte. Nach einem Sieg und einer Top-Ten-Platzierung ist der Lieder-Wettstreit jedoch wieder prominenter im hiesigen Bewusstsein verankert. Brauchte es da erneut die Frischzellenkur mit jungen, unbekannten Leuten, die fast durchweg einen ähnlichen Mainstreamradio-Musikgeschmack haben? Selbstredend ist man hinterher immer schlauer, doch nach der langweiligen Albenpromo im Jahr 2011 und dem diesjährigen Beinahe-Debakel sollte man auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Raab und Brainpool machen eine sehenswerte Show, also möchte ich den Vorentscheid keinesfalls erneut allein in NDR-Hände legen. Aber wäre es so abwegig, wieder prominentere Künstler anzufragen? Oder zumindest wieder eine breitere Vielfalt an Musikrichtungen abzudecken? Vor zwei Jahren war es neu, Casting-Pop in Verbindung mit «Eurovision» zu hören, dann kam der Glücksgriff mit Lena hinzu. Jetzt ist das Novum verbraucht, die Casting-Jugend holt sich anderswo ihren Fix ab. Und zumindest ich werde im Radio Roman Lobs Gewinnertitel nicht von der eintönigen Pop-Masse unterscheiden können. Egal wie Deutschland dieses Jahr beim Contest abschneidet, 2013 sollten richtige Änderungen folgen. Und nicht bloß ein neues, buntes Voting.

Manuel Nunez Sanchez, Redakteur Quotenmeter.de


Wenn sich zur besten Sendezeit im Ersten Deutschen Fernsehen nicht einmal zwei Millionen Menschen dafür interessieren, wie im Rahmen von «Unser Star für Baku» der Vertreter für den Eurovision Song Contest gesucht wird, dann kann man nicht alles richtig gemacht haben. Auch dank des medial stark beworbenen neuen und zu jeder Zeit transparenten Votingsystems beginnt jede Sendung nach der ohnehin schon wenig enthusiastischen Begrüßung durch Steven Gätjen erst einmal damit, die Kandidaten rein aufgrund des ersten Eindrucks zu bewerten – oder eben nach inzwischen sechs "ersten" Eindrücken. Während andere Castingshows darum bemüht sind, einen möglichst unterhaltsamen Einstieg zu inszenieren, darf man hier nicht selten fast eine halbe Stunde auf den ersten Auftritt warten. Dieser Einstieg ist symptomatisch für eine Show, die so unspektakulär daherkommt, dass man sie fast als langweilig bezeichnen kann. Bekäme man wie derzeit bei «The Voice of Germany» wenigstens noch die eine oder andere Ausnahmeperfomance geboten, so würde der eine oder andere Zuschauer gewiss noch über die lahme Aufmachung hinwegsehen, doch auch hier ist man derzeit bei «The Voice» deutlich besser aufgehoben. Das neue Votingsystem stellte sich in den ersten Shows als weitere Schwachstelle heraus, denn wenn nach rund 90 Minuten Votingzeit alle fünf Kandidaten exakt 20,0 Prozent aller Stimmen untereinander verteilen, dann kann man sich durchaus etwas verschaukelt vorkommen – auch wenn immerhin der große Favorit Roman Lob bislang meist noch recht problemlos weiterkam.

Ob allerdings dieser Roman Lob wirklich stellvertretend für die Interessen der deutschen Fernsehzuschauer steht, darf bei einer Reichweite von nur noch gut einer Million durchaus bezweifelt werden. Gewiss wird wie in jedem Jahr das Interesse am Sieger dieses Wettbewerbs steigen, je näher die Reise nach Aserbaidschan rückt, doch ein Hype ist derzeit nun wahrlich nicht zu erkennen. Der Sieger wird also nicht nur in die ohnehin riesigen Fußstapfen der Lena Meyer-Landrut beim eigentlichen Contest im Mai treten müssen, sondern hat zudem das Problem, erst einmal im eigenen Land eine gewisse Euphorie zu entfachen. Zumindest sollte die Identifikation mit unserem Vertreter aber leichter fallen als 2009, wo die Teilnahme von Alex Christensen und Oscar Loya von vielen Menschen noch nicht einmal wahrgenommen wurde. Es wäre ohnehin voreilig, nur aufgrund des aktuellen Misserfolges von «Unser Star für Baku» von einem Flop beim internationalen Publikum auszugehen, denn mit dem richtigen Song kann beispielsweise auch ein Roman Lob wieder ganz vorne landen. Zum Glück bekommt das Ausland ja nicht wirklich mit, wie der Vertreter der Bundesrepublik ermittelt wurde.

Timo Niemeier, Redakteur Quotenmeter.de


Roman Lob hat «Unser Star für Baku» gewonnen und tritt damit Ende Mai für Deutschland beim «Eurovision Song Contest» an. In Baku wird der 21-Jährige seinen Song “Standing Still” performen und auf viele Stimmen aus den teilnehmenden Ländern hoffen. Das deutsche Fernsehpublikum wird ihm dabei die Daumen drücken, trotz des geringen Interesses am Vorentscheid. Roman Lob, der übrigens auch schon einmal Kandidat bei «Deutschland sucht den Superstar» war, wird in den kommenden Wochen wohl Dauergast in deutschen Autos und Büros sein. Denn durch die Kooperation zwischen der ARD und ProSieben sind auch die ARD-Popwellen am Projekt «Unser Star für Baku» beteiligt. Ähnlich wie bei Lena im Jahr 2010, werden die Sender den deutschen «ESC»-Titel wohl rauf und runter spielen. Bis Mai ist noch reichlich Zeit, die Vorfreude bis zum Finale wird noch kräftig steigen.

Mit “Standing Still” hat Roman Lob den stärksten seiner drei vorausgewählten Songs vom Publikum zugesprochen bekommen. Darüber war man sich im Studio und in der Netzwelt weitestgehend einig. Ob Deutschland mit Roman Lob und seinem Song den europäischen Musikwettbewerb gewinnen kann, steht zunächst einmal auf einem anderen Blatt. Als in der Finalshow von «Unser Star für Baku» einige «ESC»-Teilnehmer aus anderen Ländern gezeigt wurden, konnte man schon einen guten Querschnitt erkennen. Viele Emotionen, viel Show. Stefan Raab beschrieb den «Eurovision Song Contest» daraufhin als ein “Kasperletheater im großen Stil”. Im Mai dieses Jahres werden sich wieder Millionen Menschen dieses “Kasperletheater” ansehen - und Roman Lob die Daumen drücken.

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