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Der neue Chef von Sat.1: Ein hünenhafter Chemiker

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Drei Jahre waren scheinbar genug. Roger Schawinski muss seinen Posten als Geschäftsführer bei Sat 1 räumen. Und das scheinbar auf eigenen Wunsch. Eigentlich wollte der 61-jährige Schweizer sogar nur zwei Jahre im Amt bleiben. Nach Ablauf des Vertrages verlängerte er nach Sat.1-Angaben jedoch um ein weiteres Jahr. Dabei hätte man vermuten können, dass die Sendermacher Schawinski nach drei Jahren Amtszeit loswerden wollen. Der Marktanteil sank innerhalb der letzten zwölf Monate radikal. Die Zahlen lügen nicht: Hatte Sat.1 im November 2005 noch einen Marktanteil von 12,8 Prozent beim Gesamtpublikum, waren es im November letzen Jahres gerade noch 10,8 Prozent.

Eines darf dabei allerdings nicht vergessen werden. In jedem der drei Jahre, in denen Schawinski (Foto) als Geschäftsführer für Sat.1 tätig war, fuhr der Sender Rekordgewinne ein. Vor dem Schweizer erwirtschaftetem die Berliner gerade einmal vier Millionen Euro in 2002. In seinem Abgangsjahr verbuchte Sat 1 unter Schawinski in den ersten neun Monaten einen Gewinn von über 127 Millionen Euro. Der ehemalige Geschäftsführer verlässt die Berliner aus eigenem Entschluss: „Neue Projekte warten“, ließ er kürzlich verlauten. Doch Schawinski bleibt der ProSiebenSat1 Media AG nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer in Rolle eines Beraters vorerst erhalten.

Nun steht sein Nachfolger, Matthias Alberti (43), der den Geschäftsführerposten bei dem Berliner Sender bereits am 1. Januar übernommen hat, im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses. Alberti ist ein Mann aus den eigenen Reihen - eine Beförderung innerhalb der Sat.1-Familie sozusagen. Matthias Alberti, der seine Medienkarriere bei RTL begann, wurde 2002 vom Bällchensender abgeworben. Der studierte Biologe und Chemiker wechselte im Oktober 2002 zu Sat 1. Seine Tätigkeit als Unterhaltungschef für RTL, primär als Produzent von Unterhaltungsformaten, setzte er bei Sat.1 in der Position Leiter der Unterhaltung fort. 2004 stieg er zum stellvertretenden Geschäftsführer des Senders auf.

Somit ist der gebürtige Darmstädter Alberti für die Sat.1-Erfolgsformate im Bereich Comedy wie «Genial daneben» und «Pastewka» verantwortlich. Aber auch die Wissens-Show «Clever - Die Show, die Wissen schafft» und das Ermittlungs-Dokutainment «Lenßen und Partner» zählen zu seiner Erfolgsgeschichte. „Diese Real-Doku-Formate schließen eine Lücke zwischen Talkshows und Fictionserien“, sagte der damalige Unterhaltungschef des Berliner Senders. Die Lücke, von deren Existenz vor einigen Jahren noch niemand etwas ahnte, füllt er gleich mit drei solcher Pseudo-Dokus. Alberti: „Die Real-Dokus sind wie ein Gewächs, das sich jetzt durch den Asphalt drückt.“

In einer Stellungsnahme begrüßte der Vorstandsvorsitzende der ProSiebenSat1 Media AG, Guillaume de Posch, den neuen Geschäftsführer mit warmen Worten: „Ich freue mich, dass mit Matthias Alberti ein Manager aus dem eigenen Haus und einer der besten und erfahrensten deutschen Fernsehmanager die Nachfolge übernimmt.“ De Posch geht davon aus, dass sich Sat.1 als einer der stärksten deutschen Fernsehmarken unter der Führung von Matthias Alberti erfolgreich weiterentwickeln werde.

Doch nicht nur senderintern ist Alberti beliebt. Nico Hoffmann, Produzent und Geschäftsführer von „teamWorx“ und unter anderem für Filme wie «Dresden» und «Die Sturmflut» bekannt, äußerte sich im Dezember über den neuen Chef von Sat.1. Im Gespräch mit Quotenmeter.de bezeichnete Hoffmann ihn als „großartigen Programmmacher“.

Hoffmann weiter: „Wie er den Showsektor des Senders aufgebaut hat, ist wirklich vorbildlich. Über Alberti ist die gesamte Branche froh. Ohnehin ist er ein sehr offener und kollegialer Mensch.“ Er und viele Produzenten-Kollegen aus dem fiktionalen Bereich seien sich „ganz sicher, dass er als Geschäftsführer sehr gut mit uns zusammenarbeiten wird.“ Die Entscheidung Schawinskis, Alberti als seinen Nachfolger zu bestimmen, sei eine „ungeheuer kluge und richtige Entscheidung“ gewesen.

Alberti, ein Mann mit Erfahrung, der bereits während seiner RTL-Zeit große Erfolge feiern konnte. 1994 ging er nach seinem erfolgreichen Studium zu RTL und begann seine steile Medienkarriere als Redakteur. Doch schon während seiner Studienzeit verdingte er sich als Regieassistent bei einigen Show-Produktionen. 1997 übernahm er bei den Kölnern die Show-Abteilung und besetzte den Posten als ausführender Produzent von erfolgreichen Show-Konzepten wie «Wer wird Millionär», «Traumhochzeit» oder auch «Domino Day». Im Jahr 2000 stieg er zum Leiter der Unterhaltungsabteilung auf und übernahm die Verantwortung von weiteren Shows, unter anderem «Der große IQ-Test». Auch sein Vorgänger bei Sat.1, Roger Schawinski, verteilt bei seinem Abgang Vorschusslorbeeren: „Mein Vertreter Alberti ist der richtige Mann für den Sender Sat 1.“

Was ist sonst bekannt über den neuen Sat.1-Boss? Nur sehr wenig. Recherchiert man im deutschen Blätterwald, fällt einem immer wieder die Hervorhebung seiner Figur auf: Eine Hüne sei er. Na ja, bei einer Körpergröße von 2,12 Meter und Schuhgröße 50 mag das stimmen. Einen festen Händedruck habe er. Und Plattitüden fehlen in den Berichterstattungen natürlich auch nicht: Das Showgeschäft sei ihm in die Wiege gelegt worden, berichtet eine große deutsche Tageszeitung. Seine Eltern betrieben immerhin eine eigene Konzertagentur. Ja, da muss der Sohnemann wohl automatisch Sat.1-Geschäftsführer werden. Herzlichen Glückwunsch, Matthias Alberti. Vom studierten Biologen und Chemiker zum obersten Sat.1-Mann. Es bleibt abzuwarten, ob die verlorenen Marktanteile des Senders unter seiner Hand wieder zurück gewonnen werden können. Und es bleibt abzuwarten, ob die Gewinne des Senders weiter sprudeln werden.

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