Sonntagsfragen

Sonntagsfragen an Vittorio Valente (Teil II)

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Auch an diesem Sonntag im Quotenmeter.de Interview: filmpool Chefredakteur Vittorio Valente. In seiner Funktion ist der unter anderem für Gerichtsshows zuständig und verrät uns, wie sich das RTL «Jugendgericht» verändern wird. Außerdem erfahren wir, was Valente über die Quoten der Sat.1 Doku-Soap «Unser neues Leben» sagt.

Herr Valente, schön, dass wir auch heute noch mal die Gelegenheit haben miteinander zu sprechen. Seit einer Woche läuft nun «Unser neues Leben» auf Sat 1. Wir hatten bereits letzte Woche über die Sendung gesprochen. Was sagen Sie zu den Quoten?
Wir sind zufrieden, wobei noch Luft nach oben bleibt. Das Format läuft auf einem schwierigen Timeslot und würde auf fast jedem Daytimeslot funktionieren.

Wie versuchen Sie, Ihre Formate frisch zu halten?
Die Beziehung zwischen Zuschauer und Sendung ist sehr fragil. Es ist ein bisschen so, als ob man eine schöne Frau umwirbt. Sie kann sich jederzeit abwenden, und das war es dann. Also müssen wir der Schönen regelmäßig das bringen, was sie an uns schätzt, und gleichzeitig so unberechenbar bleiben, dass sie Angst hat, etwas zu verpassen, wenn sie uns den Rücken kehrt. So wie man sich selbst jeden Morgen im Spiegel betrachtet, müssen wir also auch unsere Sendungen unter die Lupe nehmen: Sitzt noch alles? Müsste man mal wieder zum Friseur? Oder wäre es gar Zeit für einen größeren Eingriff?
Wir gehen da sehr überlegt vor.

Stehen in Kürze Änderungen bei einer Show an?
Ja, wir werden das «Jugendgericht» relaunchen. Wir haben damit begonnen, als Kirsten Erl im vergangenen Jahr den Richterstuhl übernommen hat und werden den Relaunch im September abschließen. Wir haben uns angeschaut, welche Formate aus unserem Haus besonders gut laufen und werden diese Elemente nun mit der Gerichtsshow verbinden. Heißt konkret, dass es ab September im Jugendgericht nicht mehr nur noch um Verhandlungen geht.

Es werden viel mehr also auch die Ermittlungen gezeigt?
Richtig. Die Sendung wird sich etwas stärker um den Staatsanwalt drehen, der natürlich auch bei den Ermittlungen beteiligt ist. Personell wird sich im Jugendgericht aber nichts ändern. Es wird eigentlich mehr in Richtung Krimi gehen.

Hört sich nach einer Mischung aus Courtshow und «Niedrig und Kuhnt» an.
So könnte man es umschreiben. Im Übrigen haben wir solche Specials schon im Januar und Februar gezeigt: Mit großem Erfolg, denn die Quoten waren gut.

Welchen Anteil hat die Gerichtsverhandlung an der Sendung?
Das hängt davon ab, wie spannend die Verhandlung sein wird.

Stirbt die reine Gerichtsshow also aus?
Das denke ich nicht. Natürlich denken wir auch darüber nach, ob wir etwas ähnliches nicht auch mit Barbara Salesch machen könnten, aber das wäre dann genau auf die entsprechenden Köpfe zugeschnitten.

Jetzt kann man ja nicht behaupten, dass Courtshows schlecht laufen. Warum sind Gerichtssendungen so erfolgreich?
Ich denke, das hat etwas mit einem zutiefst menschlichen Wunsch nach Gerechtigkeit zu tun, der zumindest im Fernsehen zu seinem Recht kommt. Gerichtssendungen sind mittlerweile Klassiker, Richterin Salesch ist zur TV-Ikone geworden, vergleichbar mit «Judge Judy» in den USA, einem Format, das seit Jahren erfolgreich läuft. Seit den Anfängen hat sich bei unseren Formaten die Dramaturgie deutlich verbessert. Jede Sendung ist mittlerweile so etwas wie ein kleines Fernsehspiel. Das hat natürlich auch etwas mit Erfahrung zu tun – und mit der Ausbildung der Redakteure, die wir sehr ernst nehmen.

Ganz zu Beginn der Ära der TV-Richter haben diese noch reale Fälle verhandelt, als Schiedsgericht. Da waren die Quoten aber wesentlich schlechter. Ein ähnliches Bild gab es auch bei Angelika Kallwass, die ebenfalls zunächst echte Fälle behandelt hat. Erst als Sie auch dort auf fiktive Personen umgestellt haben, stellte sich der Erfolg ein. Warum muss es Fiktion sein? Weil sie extremer ist?
Eine gute Frage. Bei «Barbara Salesch» lag es am Anfang sicher auch am TimeSlot – das Schiedsgericht lief damals ja noch um 18.00 Uhr. In dieser Situation mit echten Menschen zu arbeiten, das hat sich doch als relativ schwierig herausgestellt. Die Zuschauer haben hier wohl etwas mehr „Krimi“ verlangt. Denn beim Schiedsgericht geht ja nur noch um Bagatell-Delikte – und solche Kleinigkeiten verlieren schnell ihren Reiz. Gisela Marx hatte dann die Idee auf Laiendarsteller umzustellen, weil wir gemerkt haben, dass die Sendung so viel spannender werden könnte. So ist das gesamte Genre entstanden.

Ist die Fiktion also extremer?
Ich denke, sie ist „fernsehmäßiger“. Man kann mit Darstellern mehr ausprobieren.

Gerichtsshows werden oft kritisiert. Ein Richter, mit dem ich im Vorfeld gesprochen habe, hat solche Formate gar als „Schorfscheiß“ abgestempelt. Denn in Wirklichkeit laufe so keine einzige Verhandlung ab.
Das ist immer sehr interessant, wie Richter die Sendung beurteilen. Als wir 2005 für «Das Jugendgericht» neues Personal gesucht haben, erhielten wir Bewerbungen von etwa 150 Richtern, die gerne der neue RTL-Jugendrichter geworden wären. Also ist der Platz wohl doch sehr begehrt.

Mich wundert es, dass selbst die groben Züge einer Gerichtsverhandlung teils verletzt werden. So ist es in deutschen Gerichten nicht gestattet, dass ein Jugendgericht vor Publikum urteilt.
Es gibt einen Ausnahmeparagraphen mit dem auch das möglich ist. Aber Sie haben Recht, dass das nicht die Regel ist. Bei uns gibt es aber trotzdem Publikum, nicht zu letzt weil es schöner aussieht, wenn Zuhörende im Raum sind.

Ist eine Weiterentwicklung der Gerichtsshow möglich?
Auf jeden Fall. Wir arbeiten zurzeit an allen drei Gerichtssendungen. Aber der Kern muss erhalten bleiben. Die Geschichten müssen stimmen.

Die Quoten des Psychologieformates «Zwei bei Kallwass» haben wieder angezogen. Was haben Sie verändert an der Sendung?
Erst einmal möchte ich der besten Fernsehpsychologin Deutschlands, Angelika Kallwass ein Lob aussprechen. Sie hat eine absolut fantastische Ausstrahlung – und wir haben dafür gesorgt, dass die noch besser rüberkommt im Fernsehen. Wir haben versucht, wieder mehr auf den Kern der Sendung zu setzen. Was bewegt die Menschen und was interessiert sie? So haben wir zum Beispiel das Studio umgebaut, sozusagen Büro und Wartezimmer renoviert. Und wir arbeiten mit unserem gesamten Team hart an den Fällen: Sie müssen packend und lebensnah sein – und ich glaube, dass uns das einfach immer besser gelingt.

Ist es nützlich, dass die Menschen heutzutage anscheinend immer mehr Probleme haben?
Ob die Menschen mehr Probleme haben, weiß ich nicht – aber sie haben welche und suchen Rat. Angelika Kallwass ist hierfür die ideale Psychologin. Sie ist die einzige, die es geschafft hat, im Fernsehen zu überleben. Kallwass nimmt jeden Fall ernst, auch wenn der ein oder andere Laiendarsteller nicht ganz so überzeugend spielt. Das ist auch ein Rezept für den Erfolg der Sendung. Prinzipiell ist es bei allen Formaten wichtig, dass man immer ganz genau hinguckt. Was kann ich verbessern? Wo kann ich aus dem Studio noch mehr rausholen. Und die Veränderungen sollten so stattfinden, dass der Zuschauer nicht sagt: „Um Gottes Willen, was haben die denn da gemacht? Das sieht ja vollkommen anders aus“.

Zum Abschluss, Herr Valente, stellen wir ihnen noch vier Fragen, die Sie ganz persönlich betreffen:
Welche TV-Serie verpassen Sie nie?
Ich liebe «Die Sopranos». Ich lasse mir jede Folge aus Amerika schicken.

Mit welcher Serienrolle würden Sie sich gerne einmal treffen?
Miss Marple

In welchen Situationen müssen Sie weinen?
Wenn ich morgens aus Versehen im Dunkeln mit dem kleinen Zeh gegen das eiserne Bettgestell stoße…

Wer wird Fußballweltmeister?
Ich hoffe das Finale lautet: Deutschland gegen Italien. Und dann möge der Bessere gewinnen.

Besten Dank für das Interview und weiterhin alles Gute.

Kurz-URL: qmde.de/14603
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