Der Zauber der Musik: Ob aus Meilensteinen wie «Schneewittchen und die sieben Zwerge» oder aus modernen Blockbustern wie «Die Eiskönigin», jeder hat seine liebsten Disney-Songs. Quotenmeter.de präsentiert einen repräsentativen Blick auf die Besten der Besten Disney-Nummern!
2010 bedeutete das romantisch-komödiantische Märchenabenteuer «Rapunzel – Neu verföhnt» eine Kehrtwende für die Walt Disney Animation Studios. Versuchte das Traditionsstudio zuvor, seine computeranimierten Langfilme stilistisch und inhaltlich von seinen Zeichentrickklassikern abzuheben, stellte diese Grimm-Adaption eine behutsame Aktualisierung des archetypischen Disney-Märchenmusicals dar. Das Herzstück der über 250 Millionen Dollar teuren Produktion: "Endlich sehe ich das Licht" (im Original: "I See the Light"), eine neue Liebesballade der lebenden Disney-Legende Alan Menken. Der achtfach Oscar-prämierte Komponist arbeitete bei «Rapunzel – Neu verföhnt» mit dem Texter Glenn Slater zusammen, der seit 2004 sein bevorzugter Schreibpartner ist. Als Inspirationsquelle für den musikalischen Tonfall der blonden Prinzessin mit den langen Haaren diente der Folkrock der 60er-Jahre. "Endlich sehe ich das Licht" erhielt unter anderem eine Oscar- und eine Golden-Globe-Nominierung, außerdem wurde der Song mit einem Grammy ausgezeichnet.
2013 setzte «Die Eiskönigin – Völlig unverfroren» fort, was «Rapunzel – Neu verföhnt» angefangen hat: Disney entließ mit dieser freien Verfilmung eines Märchens von Hans Christian Andersen ein reinrassiges Märchenmusical in die Kinos. Und traf den Nerv zahlloser Junger und Junggebliebener: Mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 1,27 Milliarden Dollar eroberte der Film – ohne Berücksichtigung der Inflation – Rang sieben der ewigen Kinocharts und Platz eins in der kommerziellen Animationsfilm-Hitliste. Und all das ist zu nicht unerheblichem Teil "Lass jetzt los" (im Original: "Let It Go") zu verdanken. Ursprünglich sahen die Produzenten die Titelfigur Elsa noch als bloße Schurkin vor und ließen den Songschreibern Kristen Anderson-Lopez und Robert Lopez im Handlungsabauf Platz für einen „krassen Fieslingssong“. Als das Ehepaar während einer Diskussion über die Figur mehr und mehr Sympathie für Elsa entwickelte, verfassten sie ein melancholisch-empathisches Demo, welches die Disney-Storykünstler dazu inspirierte, die Story – und vor allem Elsas Charakter – umzuschreiben. Allein 2014 wurde Idina Menzels Originalversion über 10 Millionen Mal als legaler Download erworben, der Filmsoundtrack ist sogar das erfolgreichste Album 2014. "Let It Go" gewann darüber hinaus unter anderem den Oscar für den besten Song.
Das Kinojahr 1995 brachte Disney wieder einmal einen Oscar-Gewinner: Das Lied "Farbenspiel des Wind", beziehungsweise "Colors of the Wind". Das Stück erhielt darüber hinaus den Golden Globe und gehört obendrein zu den am häufigsten gecoverten Songs im Disney-Fundus. So wurde von der amerikanischen Rock- und Popsängerin Jennifer Rush eine deutsche Singleversion eingesungen, während Musicalstar Pia Douwes eine niederländische Fassung auf den Markt brachte und sich im englischsprachigen Raum unter anderem Whitney Houston und Vanessa Hudgens an der Komposition von Alan Menken und Stephen Schwartz versuchten. An den weltweiten Kinokassen musste sich «Pocahontas» übrigens «Toy Story» geschlagen geben, dem ersten vollständig am Computer animierten Langfilm aller Zeiten. In Deutschland erreichte der Zeichentrickfilm derweil mehr Besucher als die Pixar-Konkurrenz.
Glaubt man der Disney-Legende, war es ein langer und steiniger Weg, bis das feinfühlige, unaufdringliche und dennoch bewegende Titellied zum Zeichentrick-Klassiker «Die Schöne und das Biest» endlich aufgenommen wurde. Komponist Alan Menken und Texter Howard Ashman, die für dieses zeitlose Stück Musik zahlreiche Preise erhielten – etwa den Academy Award –, verfassten das Stück mit Angela Lansbury im Hinterkopf, die Disney auch tatsächlich für die Rolle der Madame Pottine gewinnen konnte. Aus Versehen schickte man ihr aber Alan Menkens im Pop-Stil dargebotenes Demoband des Liedes, statt Ashmans melodisch gesprochene, als Vorlage für die Filmversion der Nummer gedachte Variante. Lansbury empfand die Komposition für ihren Gesangsstil ungeeignet und sagte daher zunächst ab. Nachdem der Fauxpas aufgeklärt wurde, folgte die nächste Panne: Aufgrund einer Bombendrohung musste Lansburys Flieger am Tag der Aufnahme notlanden, so dass sie sich enorm verspätete – und mangels anders lautender Informationen fürchteten die Filmemacher zunächst, die Mimin hätte es sich anders überlegt und werde gar nicht im Studio erscheinen. Letztendlich ging bekanntlich alles gut und das Lied ging in die Trickfilmgeschichte ein. Und auch die Popvariante hatte ihre Nachwirkungen: Celion Dion feierte damit ihren ersten US-Erfolg.
Humorvolle Lieder werden zwar gelegentlich für den Oscar nominiert, üblicherweise setzen sich aber Balladen bei der Academy durch. Dieser Calypso-Showstopper jedoch zählt zu den denkwürdigen Ausnahmen von der Regel. Howard Ashman und Alan Menken kämpften im frühen Produktionsprozess dafür, aus der ursprünglich als drögen Königsdiener gedachten Krabbe Sebastian einen gestrengen, aber lebensfrohen und musikalischen Beschützer Arielles zu machen, der im Original mit einem satten jamaikanischen Akzent spricht. Sprecher und Sänger Samuel E. Wright bezeichnete sein Disney-Engagement als seine womöglich wichtigste Karrierestation. In Deutschland existieren zwei Synchronfassungen von "Under the Sea": Die 1990 veröffentlichte Erstversion mit Joachim Kemmer (u.a. auch die Stimme von Rafiki in «Der König der Löwen» und dem Kerzenständer Lumière in «Die Schöne und das Biest») und die 1998 gestartete Neusynchro, in der Ron Williams den Text als "Unten im Meer" neuinterpretiert.
Das 1937 gestartete Kinomärchen «Schneewittchen und die sieben Zwerge» schrieb sogleich in mehrerlei Hinsicht Geschichte: Der innerhalb der Filmindustrie vor seiner Weltpremiere als abstruses Unterfangen verlachte, erste amerikanische Zeichentrick-Langfilm wurde seinerzeit zum finanziell einträglichsten Film der Geschichte. Außerdem brachte er mit einem gewaltigen Paukenschlag die zuvor allein für Kurzfilme bekannten Disney-Studios in die vordere Riege Hollywoods. Und: «Schneewittchen und die sieben Zwerge» war der erste Kinofilm, zu dem offizielle Soundtrack-Platten in den Handel gebracht wurden. Wohl der größte Ohrwurm in Disneys erstem Langfilm: Das heitere, eingängige Zwergenlied "Heigh-Ho" (so die Originalschreibweise), das die sieben Bergarbeiter auf dem Heimweg trällern. Die Musik stammt von Frank Churchill, den Originaltext schrieb Larry Morey. Gemeinsam schufen sie eine der ersten Grundlagen für disneyinterne Filmanspielungen. Unter anderem wurde das Lied von Donald Duck in zweien seiner Cartoons geschnattert!
Selten genannter Fakt: Ohne den Einfluss von Hans Zimmer würde der majestätische Eröffnungssong von «Der König der Löwen» ganz anders klingen! Zwar wird offiziell nur Elton John als Komponist gelistet, während Tim Rice als Texter verantwortlich war. Jedoch trug auch der deutsche Musiker dazu bei, aus diesem Lied den unvergesslichen Filmmoment zu schaffen, den mehrere Generationen fest in ihr Herz geschlossen haben. Ursprünglich sahen die Regisseure Rob Minkoff und Roger Allers nämlich eine dialoglastige Szene vor, die «Der König der Löwen» hätte eröffnen sollen. Dann aber präsentierte ihnen Hans Zimmer ein von ihm vorgefertiges "Circle of Life"-Arrangement mit ausführlichen Instrumentalparts. Diese erdachte Zimmer zwar auf Wunsch der Regisseure als Untermalung für die Dialogpassagen, in denen dem Publikum die wichtigsten Figuren vorgestellt werden. Allerdings fanden Minkoff und Allers diese Partien so umwerfend, dass sie von ihrem Konzept Abstand genommen haben und den Prolog als allein von der Musik getragene Sequenz neu ausrichteten. Assistiert wurde Zimmer in seinem Arrangement durch den mit ihm befreundeten südafrikanischen Musiker Lebo M, der die Hintergrundgesänge verantwortete und Zimmer bei der Orchestrierung beratend zur Seite stand.
Aus einem gewissen Blickwinkel betrachtet ist «Tarzan» der Komplementärfilm zu «Rapunzel – Neu verföhnt». Die Disney-Animationstudios fanden mit letzterem Film nach einer von schwankendem Erfolg gekrönten Experimentierphase zu ihrer markanten Formel zurück und veränderten diese nur behutsam. 1999 wiederum stellte «Tarzan» einen sachten Versuch dar, die Erfolgsmechanismen der 1989 begonnen, sogenannten Disney-Rennaissance sowohl aufrecht zu erhalten als auch in ausgewählten Details zu verändern. So wurde «Tarzan» mittels einer millionenschweren Software verwirklicht, die digitale Tricktechnick und handgemachten Zeichentrick zu extrem detailreichen Hintergründen vereinte. Und für die Musik engagierte man bewusst keinen Komponisten mit Musicalerfahrung, sondern den ehemaligen Genesis-Drummer Phil Collins, von dem man sich erhoffte, dass sein Gespür als Schlagzeuger den treibenden Puls des Dschungelabenteuers einfangen würde. Zunächst war nicht vorgesehen, dass Collins seine Lieder auch selber singt, letztendlich kam es aber ganz anders: Collins sang nicht nur im englischsprachigen Original, sondern auch in den italienischen, deutschen, spanischen und französischen Synchronfassungen. Für "You'll Be In My Heart", so der Originaltitel dieses Liedes, winkte ihm sogar ein Oscar.
Die Deutschen und ihr «Dschungelbuch»: Seit 1968 lösten mindestens 27,39 Millionen Menschen in der Bundesrepublik eine Eintrittskarte für den letzen Zeichentrickfilm, dessen Produktion von Walt Disney noch in den entscheidenden Zügen überwacht wurde. Bei keinem anderen Film ist eine höhere Besucherzahl sicher verbucht. Wen also überrascht es, dass der erfolgreichste Film der hiesigen Kinogeschichte mit dem immergrünen Gassenhauer "Probier's mal mit Gemütlichkeit" auch den liebsten Disney-Song der Deutschen stellt? Dabei hätte es die Nummer beinahe nicht in den Film geschafft: In einer frühen Fassung von «Das Dschungelbuch», die Walt Disney als zu trocken und finster erachtete, diente der von Terry Gilkyson geschriebene Titel als einer der raren frohen Momente. Die Ursprungsfassung des Songs biss sich mit dem restlichen Film, daher wurde ein grimmeres Arrangement ausprobiert, dass beim Studioboss nicht gut ankam. Letztlich wurde nahezu der komplette Film über den Haufen geworfen. Das Studio fing dann wieder bei Null an – dieses Mal mit Musik der Sherman-Brüder. Darüber, wer dafür sorgte, dass "Probier's mal mit Gemütlichkeit" dann doch in diese neue Skriptfassung eingebaut wurde, streiten sich bis heute die Disney-Gelehrten. Sowohl "Onkel Walt" höchstpersönlich als auch die Sherman-Brüder werden als mögliche Verantwortliche bezeichnet. So oder so: Das Disney-Pantheon und vor allem die deutsche Popkultur wurden dank dieser Entscheidung um einen wichtigen Eintrag reicher. Die deutsche Textfassung stammt übrigens von Heinrich Riethmüller, dem musikalischen Leiter von «Dalli Dalli». Wohl selbst strenge Synchrokritiker werden in Sachen «Das Dschungelbuch» zustimmen: Herr Riethmüller, das war Spitze!