Die Kino-Kritiker

«Point Break»

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Das 3D-Remake von «Gefährliche Brandung» ist zwar keine mittelschwere Katastrophe, aber so zäh und spaßbefreit, dass man sich glatt einen unfreiwillig unterhaltsamen Totalausfall herbeisehnt.

Filmfacts «Point Break»

  • Regie: Ericson Core
  • Produktion: John Baldecchi, Broderick Johnson, Andrew A. Kosove, Christopher Taylor, David Valdes, Kurt Wimmer
  • Drehbuch: Kurt Wimmer, basierend auf dem Skript zu «Gefährliche Brandung» von Rick King und W. Peter Iliff
  • Darsteller: Édgar Ramírez, Luke Bracey, Teresa Palmer, Delroy Lindo, Ray Winstone, Clemens Schick
  • Musik: Junkie XL
  • Kamera: Ericson Core
  • Schnitt: John Duffy, Gerald B. Greenberg, Thom Noble
  • Laufzeit: 113 Minuten
  • FSK: ab 12 Jahren
Was ist für einen unterhaltsamen, mitreißenden Actionfilm unerlässlich? Stylische Action, bei der einfach mit dem Helden mitgefiebert werden muss? Kesse Dialoge? Eine knackige, flott erzählte Story? Alle drei Antworten zusammen? Oder genügen beeindruckende Aufnahmen wunderschöner Landschaften? Der 105 Millionen Dollar teure Actioner «Point Break» zumindest lebt allein von letztgenannter Prämisse: Die Location Scouts haben bildhübsche Fleckchen Erde in Deutschland, Österreich und in der Schweiz sowie in Italien, Frankreich, Mexiko, Venezuela, Indien, den USA sowie Polynesien ausfindig gemacht, und Regisseur/Kameramann Ericson Core (Kamera bei «The Fast and the Furious») fängt diese in spektakulären Bildern ein.

Die geschickte Verschmelzung aus Weitwinkelaufnahmen, welche der Macht der Natur gerecht werden, und Aufnahmen aus der Egoperspektive mit Gyro-Kamerasystemen, durch welche die halsbrecherischen Stunts beeindruckend zur Geltung kommen, wirkt vor allem im optionalen 3D atemberaubend. Als maximal halbstündige Doku über Extremsport-Stunts vor Naturkulisse hätte Ericson Core hiermit einen neuen Genreprimus erschaffen. Bloß ist «Point Break» keine limitiert in die Kinos entlassene Doku, sondern ein fast zweistündiger, breit gestarteter Neuaufguss von Kathryn Bigelows Neunziger-Hit «Gefährliche Brandung». Und als solcher müsste «Point Break» einfach mehr bieten. Da die internationale Koproduktion an dieser Aufgabe aber scheitert, werden die vereinzelten Höhepunkte dieses Remakes durch ellenlange, zähe und teils sinnlose Sequenzen so sehr verwässert, dass am Ende nur ein antriebsloses Stück Langeweile übrig bleibt.

Schon die Hauptfigur ist kaum mehr als eine Schlaftablette auf zwei Beinen: Johnny Utah (im Original gespielt von Keanu Reeves) ist hier ein früherer Motorradfahrer, der es nach dem Tod seines besten Kumpels auf eine Stelle beim FBI abgesehen hat. Luke Bracey gibt diese Figur mit betonter Schwerfälligkeit und der Lebensfreude eines Kieselteins. Damit fügt er sich in die betrübliche Farbästhetik, auf die Ericson Core den Großteil der Laufzeit setzt: Der fast durchgängige Einsatz von Stahlblau- und Graugrün-Farbfiltern raubt den Dialogszenen jegliche Vitalität und bremst auch die Wirkung der stattlichen Naturaufnahmen aus, da hier Weltmeere, Alpenpanoramen und Dschungel-Landschaften allesamt im selben Farbmatsch erscheinen.

Diese Ästhetik steht im Gegensatz zur (vermeintlichen) Motivation jener Diebesbande, die den Plot in (gemäßigten) Gang bringt: Eine Gruppe Freidenker beraubt Banken und Geldtransporte, während sie nebenher die acht sagenumwobenen Prüfungen eines Naturphilosophen absolvieren. Besagte „Ozaki 8“ sollen die Kräfte der Natur ehren – die bei einer visuell vielseitigeren Inszenierung deutlich besser zur Geltung kämen. Dass Utah, der sich in die von Extremsportler Bodhi (Edgar Ramirez) angeführte Truppe einschleust, undercover weder spürbar an Esprit gewinnt, noch die wilden Stunts der Gangster als Mittel der Selbstzerstörung oder Grenzerfahrung nutzt, ist da eine wenig erstaunliche Drehbuch-Leerstelle. Der Held hat von Anfang an kaum Antrieb, wieso sollte er später einen finden?

Deutlich größere Fragezeichen wirft es auf, dass der von Ramirez eingangs halbwegs charismatisch dargebotene Ganove eine Linie fährt, der unmöglich zu folgen ist: So simpel die Story von «Point Break» (FBI-Agent ermittelt inkognito bei einer sportlichen Gang), so verklausuliert das Vorgehen von Bodhi sowie seinen Kumpels Chowder (Tobias Santelmann), Grommet (Matias Varela) und Roach (Clemens Schick). Sie wollen den Reichen nehmen, um den Armen zu geben (weshalb sie eine große Dollarlieferung über einem armen Dorf fallen lassen), oder einfach nur die Natur erleben, und stehlen, um sich ihren Lifestyle zu finanzieren. Oder sie wollen die Wertsachen der Natur zurückgeben und sprengen daher in einer Gebirgskette einen Goldtransport. Oder ..? Letztlich tun sie immer genau das, was nötig ist, um die Handlung aus einer Sackgasse zu manövrieren.

Die Stunts, die man bei diesem Film sieht, die wurden alle wirklich gemacht und die sind so radikal, dass sie nur von den besten Sportlern der jeweiligen Sportart gemacht werden konnten. Deswegen durften und konnten wir da überhaupt nichts machen – leider (lacht).
Clemens Schick über die Stuntarbeit in «Point Break»
Dadurch, dass die Verbrecher in «Point Break», anders als in «Gefährliche Brandung» oder dem tonal ähnlichen «The Fast and the Furious», keinerlei Profil aufweisen, gehen sämtliche Dialogszenen, die sich um sie drehen, bloß äußerst schleppend voran. Sie haben nichts zu sagen, das interessant wäre, stellen keine überzeugende Verführung für den rechtschaffenen Utah dar und sonderlich bedrohlich sind die schwafelnden Berlin-Mitte-Prototypen ebenso wenig. Dass sie mit der rätselhaften (soll heißen: auf Skriptseite absichtlich unterkochte) Samsara herumhängen, in die sich Utah verknallt und die von einer sträflich unterforderten Teresa Palmer («Warm Bodies») gespielt wird, macht diese Figurentruppe auch nicht ansprechender.

Und so vergehen gefühlte Ewigkeiten, bis sich die durchtrainierten Moralallergiker mal wieder in die Natur begeben und dort coole Stunts vollführen. Ob Snowboarding, Wingsuit-Flüge oder Fallschirmsprünge: Was die «Point Break»-Crew mit Hilfe angesehener Extremsportler auf die Leinwand bannt, ist wahrhaftig nicht ohne. Nur sind die wenigen Minuten an Stuntarbeit nicht genug, um über die langen Dürreperioden hinwegzutäuschen, die den von Junkie XL mit eintönigen Bässen untermalten Actionfilm hauptsächlich ausmachen.

Fazit: Der Neunziger-Actionkult «Gefährliche Brandung» wird zu einem weltumspannenden, doch identitätslosen Extremsport-Thriller aufgeblasen, dessen atemberaubenden 3D-Stuntaufnahmen in einem unattraktiv gefilmten Meer aus sterbenslangweiligen Dialogszenen versinken.

«Point Break» ist ab dem 21. Januar 2016 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.

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