Die Kritiker

«Abgrund – Eine Stadt stürzt ein»

von
Story
Zwei Teenies gehen nichts ahnend nachts im See baden, als sich plötzlich ein riesiger Sog entwickelt, der nicht nur die beiden Turteltauben nach unten zieht, sondern auch das gesamte Wasservermögen des Sees. Zeitgleich klingeln bei Nina Thiemann schon die Alarmglocken: Die junge Geologin findet heraus, dass alte Stollen einer Zeche nicht verfüllt wurden und so ein großes Risiko für die Stadt besteht.

Zunächst schenkt ihr aber keiner Glauben. Laut ihrer fachmännischen Meinung dauert es nur noch 24 Stunden, bis das Krankenhaus der Stadt implodiert. Da sie eine Expertin auf dem Gebiet ist, kann sie doch ein paar ehemalige Bergmänner und einen Sprengmeister überreden, die Stadt zu retten. Dass der Sprengmeister ausgerechnet ihr Ex-Freund ist, stellt sich als zusätzliche Belastung dar.

Unter der Erde kommt dann alles ganz anders als gedacht: Einige zwischenmenschliche Konflikte sorgen für heftige Auseinandersetzungen und Beschuldigungen, obwohl ihnen eigentlich die Zeit vor der Nase wegläuft. In der Innenstadt bebt schon die Erde und die Retter in letzter Sekunde stehen kurz davor, alles hinzuschmeißen. Als dann auch noch das Stadion, in dem ein wichtiges Fußballspiel stattfindet, als Gefahrenzone eingestuft wird, droht alles zu eskalieren. Ob sie es dennoch schaffen?

Darsteller
Liane Forestieri («Schwere Jungs») ist Nina Thiemann
Marco Girnth («SOKO Leipzig») ist Thomas Jacobi
Christian Grashof («Willenbrock») ist Horst Thiemann
Michael Lott («Wie die Karnickel») ist Dieter Wizel
Ercan Durmaz («Feuer») ist Ali Uzun

Kritik
Eine generelle Frage muss erst gestellt werden, bevor man in die Kritik des neuen ProSieben-Katastrophenfilms «Abgrund – Eine Stadt stürzt ein» einsteigt. Hat es nicht etwas höchst Widersprüchliches, wenn man auf der einen Seite versucht, hochwertige deutsche Serienkost wie «Unschuldig» zu etablieren und auf der anderen Seite immer wieder Katastrophenfilme auf fragwürdigem Niveau produzieren lässt, die einfach nur dem Zuschauerfang dienen? Zuletzt hat man mit «Inferno – Flammen über Berlin» bewiesen, dass Qualität eindeutig nicht die wichtigste Rolle spielt bei der Auswahl der Filmstoffe. In erster Linie soll es krachen und scheppern. Der neue Film, der von action concept produziert wurde, bildet da keine Ausnahme.

Bei der Entwicklung des Films hat man – wie bei jeder anderen Produktion auch – erst einmal tief in die Zutatenkiste eines ProSieben-Eventfilms gegriffen. Wie immer gibt es eine Person, die eine fürchterliche Prognose hat (wir erinnern uns an «Das Jesus Video», «Tornado – Der Zorn des Himmels» und «Inferno – Flammen über Berlin») und sich am Ende bewahrheitet. Dieser Prognose schenkt standesgemäß keiner Glaube, bis irgendwann, wenn es schon fast zu spät ist, die Erleuchtung eintritt. Ebenfalls mit von der Partie: Eine alte Liebschaft, die natürlich gerade jetzt auftaucht und für Probleme sorgt. So drängt einem ProSieben den Vergleich zu älteren Produktionen nahezu auf.

Neben dem eigentlichen Unglück werden auch andere Handlungsstränge eingeflochten oder zumindest versucht. Da streiten plötzlich gestandene Männer auf Soap-Niveau („Man nimmt sich nicht die Freundin des besten Kumpels“) und ziehen diese Konflikte tatsächlich bis ans Ende des Films. Plötzlich fällt einem beim Weltretten auf, wie blöd der andere doch ist. So kindisch sich dieser Satz anhören mag, auf diesen Film trifft er voll und ganz zu. Dieses Hin und Her stört in einem Maße, dass fast vergessen wird, um es was es eigentlich geht. Man versuchte mit aller Kraft, vielschichtige Personen zu kreieren, was als missglückt betrachtet werden kann.

Zum Ende hin werden die Anschuldigungen immer alberner. Man kann zum Teil kaum fassen, welche Sätze da auf das Publikum losgelassen werden. Vielleicht könnten diese Fehler noch verkraftet werden, wenn die Schauspieler überzeugen würden. Das tun sie auch zum Teil. Liane Forestieri und Marco Girnth liefern eine passable Leistung, nicht mehr und nicht weniger. Doch Michael Lott, dessen Figur Dieter Wizel zum Ende hin für die Story immer wichtiger wird, ist mit seiner Rolle total überfordert und sorgt in manchen, eigentlich auf Dramatik ausgelegten Szenen, für Lachanfälle.

Zudem beginnt gleich am Anfang des Einsatzes die Heroisierung der Akteure. Bilder wie aus «Armageddon» kopiert sollen dem Zuschauer gleich signalisieren, wie wichtig und unentbehrlich die Truppe für die Menschheit ist. Diese überspitzte Darstellung wirkt einfach nur unglaubwürdig. Gleichzeitig erheitern sich Dieter und Ali unter der Erde mit Schlachtrufen und vermeintlichen Saufgesängen. Das zeugt von einer sehr schlechten Abstimmung innerhalb des Films von Sebastian Vigg.

Hinzu kommt, dass die Produktion gegen Ende unglaublich pathetisch wird und durch die schrecklich bombastische Musik kaum zu ertragen ist. Die Effekte sind längst nicht so gelungen wie in «Tornado – Der Zorn des Himmels». Die Erde stürzt ein, die Autobahn fällt in sich zusammen, doch wirkliche „Begeisterung“ kann man nie verspüren. Das Finale des Films endet mit einem Gekreische (jedes andere Wort wäre pure Überbewertung) und lässt den Zuschauer verdutzt zurück.

Um etwas Gutes am Film zu finden, muss man schon genauer hinsehen. Die farbliche Abstimmung zu Beginn des Films (tiefblauer See – goldenes Getreidefeld) wirkt sehr harmonisch und schön ausgewogen. Auch die Beleuchtung der Tunnelsysteme ist teilweise sehr beachtlich. Man muss nicht extra erwähnen (und damit nimmt man dem Film nichts vorweg), dass alles mit einem Happy End endet.

Es ist nicht so, dass es sich bei «Abgrund – Eine Stadt stürzt ein» um einen total miserablen Film handelt, der in keiner Weise überzeugen kann. Es ist einfach eine höchst unnötige Reißbrettproduktion, die nichts Besonderes hat oder sich in irgendeiner Weise vom übrigen TV-Brei abhebt.

ProSieben zeigt «Abgrund – Eine Stadt stürzt ein» am Montag, den 2. Juni 2008, um 20.15 Uhr als Free-TV-Premiere.

Kurz-URL: qmde.de/27591
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