Über den Erfolg und Misserfolg deutscher Serien (2)

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Deutsche Serien werden oft lieblos zusammengeschustert, wie zum Beispiel «Die Anwälte» oder auch enmal im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, wie zum Beispiel «Fünf Sterne» im ZDF: Überaltertes Setting, endloses "wer-hat-welchen-Geschäftsanteil-Gelaber" und eine unüberschaubare Anzahl an Figuren im Hauptcast; ebenso sich parallel wiederholende Handlungsstränge (wieso mussten gleichzeitig sowohl die Ex-Freundin wie auch der Bruder der Hauptfigur krank werden und sich alle Figuren öfter im Krankenhaus als im Hotel, dem eigentlichen Schauplatz, treffen?). Nahezu nebensächlich-lieblos gestrickte Episodenplots verdarben die Möglichkeiten, den Einsatz von echten Gaststars zu nutzen; ein Vorteil, den das Genre Hotelserie mehr bietet, als andere Serien.

Als bestes Beispiel dafür, wie heutzutage eine Serie aus Deutschland aussehen kann, ist «KDD»: Sehr eigenständiger Look, fantastische Schauspieler, spannend und fortlaufend erzählt und wirklich gut. Diese Serie wird, wenn der Sender am Ball bleibt, ihren Weg machen. Als einziges Manko bleibt, dass man diese aufwändige Serie mit einem Pilotfilm besser hätte einführen können.

Serien, die vor dem Hintergrund von Glanz und Glamour spielten, waren jahrelang erfolgreich. Wer sagt eigentlich, daß man als Zuschauer immer nur "sich selbst wiedererkennen muss"? Hollywood hatte jahrelang den Beinamen, eine Traumfabrik zu sein: Dort wurden Werke geschaffen, die den Kinogänger und Zuschauer aus dem Alltag in eine andere Welt entführte. Eine oft bessere und schönere Welt, die von den eigenen Sorgen des Alltags ablenkte. Wie «Reich & schön» beispielsweise, oder auch «Dallas» und «Dynasty».

Wenn man also von der "Krise der deutschen Serie" spricht, sollte man dies nicht verallgemeinern. Grundsätzlich gibt es diese nämlich nicht. Dass es bei den Privatsendern besser laufen könnte, stimmt. Aber vielleicht liegt es an den seit Jahren auf dem selben Sessel sitzenden Redaktionsverantwortlichen, die vor lauter Betriebsblindheit die Grundwerkzeuge des Seriengenres aus den Augen verloren haben und aus reiner "Cliquenwirtschaft" oder "Konzernzugehörigkeitsvorgaben" heraus Aufträge vergeben, nur weil irgendwann einmal irgendwas gut gelaufen ist.




Und dieses Abschauen und Kopieren sollte man auch aufgeben: «CSI» feiert im Original und mit seinen Spin-Offs weltweit großen Erfolg. Gutaussehende Menschen vor aufsehenerregenden Hintergründen und ebensolchen Spielorten lösen spannende Fälle – worin liegt der Sinn, dieses Konzept jetzt in x Serien zu übertragen und damit auch noch schlechtere Ergebnisse zu erzielen?

«RIS» o.ä. – warum? Die Quoten bleiben zurück, weil der Zuschauer eben das Original (den VW Golf) kauft und nicht die x-te Kopie (den Koreaner der Golf-Klasse), der eben nur billiger ist und auch dementsprechend aussieht. Das "Herz" erreicht man mit den Figuren aus «RIS» oder «GSG 9» ebenso nicht: Nur markige Sprüche von kernigen Typen bringen niemanden weiter. Die Quoten beweisen es.

Kopieren und die Grundidee in x Variationen auszuwalzen, mindert die Erfolgsaussichten des Originals und der Kopien gleichermaßen. Dies ist auch das Problem der "Fun-Freitage" von RTL und Sat.1: Alles schon mal dagewesen; wer seine Zeit vor diesen ausgelutschten Comedysendungen verbringen muss, kann einem menschlich nur leid tun.

Foto: Sat.1Da haben Youtube & Co mehr zu bieten: Sicherlich Ursache dafür, weswegen das Interesse an Serien und Fernsehen beim jüngeren Publikum nachläßt – dieses geht lieber ins Internet. Eine Entwicklung, die sicher weiter zunehmen wird. Die Privatsender wären also gut beraten, sich Formaten für "alte Leute" zu widmen, diese zu fest berechenbaren Zeiten auszustrahlen und damit eine solide Quotengrundlage zu schaffen, als zu versuchen, mit – da kann man Roger Schawinski sicher zustimmen – Verzweiflung offenbarender Kopflosigkeit gegenzusteuern. Hatte «Der Bulle von Tölz» nicht immer hervorragende Quoten? Und «Wolffs Revier»? Warum gibt ein Sender solche Formate auf, anstatt sie den Werbekunden schmackhafter zu machen? Warum setzt man auf jugendliche Zuschauer, die bekannterweise ins Internet flüchten anstatt zu erkennen, dass das ältere Publikum treuer ist?

Doch heute hat man beim Betrachten zahlreicher Serien – meistens aus dem privaten TV – den Eindruck, dass die eigentlich ganz normalen und vorstehend aufgelisteten Grundregeln aus welchen Gründen auch immer in Vergessenheit geraten sind. Mit den Budgets, die die Sender noch zur Verfügung stellen, kann und muß man bessere Serien, bessere Resulate, bessere Quoten und eine deutlich bessere Bindung des Zuschauers (Kunden) an den Sender erzielen! Man sollte nur "zurück zu den Wurzeln" und besser hinschauen beim Entwickeln, dem Ideengeber helfen und ihn unterstützen, als ihm hereinzureden und sorgfältiger auf die Details achten; die Kleinigkeiten, die nicht sofort auffallen, aber den entscheidenden Unterschied ausmachen können. Und man muß sich fragen, ob man bestimmte Serien wirklich braucht.

Ist es wirklich nötig, eine Actionserie zu machen, obwohl die Amerikaner das besser und aufwändiger können, weil mehr Geld da ist? Und wenn man eine Actionserie macht – muss sie vom Programmplatz her auch noch gegen den Marktführer gesetzt werden? Bedeutet eine derart falsche Selbsteinschätzung nicht von vorneherein das Aus für das Investment in die neue Serie?

Kinofilme sind eine schöne Sache, sie versprechen Glanz und Glamour. Serien jedoch sind nicht nur das beste Bindemittel, das ein Sender zum Zuschauer entwickeln und haben kann, sondern auch ein Garant für die soziale Absicherung der Beteiligten durch langfristige Arbeitsverhältnisse – ein deutlicher Vorteil gegenüber dem Geschäft mit 90-minütigen Produktionen in Kino und TV. Sich dieses in Erinnerung zu rufen und eine für den Zuschauer (den Kunden) stabil berechenbare Serienlandschaft zu schaffen – dies ist die Aufgabe, die die Programmmacher lösen müssen!



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